Professor Zamorra Nr. 934: Der Schlüssel zur Quelle

Professor Zamorra Nr. 934: Der Schlüssel zur Quelle


Nur die Ruhe. Nicht nervös werden. Du schaffst das. Hohle Worte. Je öfter er sie sich aufsagte, desto verlogener kamen sie ihm vor. Gryf ap Llandrysgryf rannte durch das Chaos, sprang, jagte. Krallenartige Hände griffen nach ihm und ins Leere. Blutige Viasgen erschienen wie aus dem Nichts, und zahnlose Münder flehten ihn an, sie mitzunehmen. Egal wohin, nur fort von hier. In die Freiheit oder von einer Hölle in die nächste. Sie gehörten Menschen, die jegliche Menschlichkeit verloren hatten. Die kaum mehr waren als Hüllen. Leer. Gefährlich...


von Simon Borner, erschienen am 16.03.2010, Titelbild: Candy Kay

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Der Druidenvampir Matlock McCain ist nach wie vor wütend. Noch immer ist es ihm nicht gelungen zur Quelle des Lebens vorzudringen, obwohl er Rhett Saris ap Llewellyn, dem gegenwärtigen Erbfolger einen gehörigen Teil seiner magischen Macht hat entziehen können (PZ 880). Unablässig bohrt die Frage in ihm, wie er es schaffen soll an jenen geheimnisvollen Ort zwischen (oder mitten in) den Zeiten zu gelangen. Bei diesen düsteren Überlegungen fällt ihm auf, dass der Erbfolger selber ja eigentlich gar nicht bis zur Quelle vordringt, sondern viel mehr der Auserwählte dieses Privileg in Anspruch nehmen kann.
Außerdem erinnert er sich daran, dass er im Verbund mit Anka Crentz und Dylan McMour in jener Öffnung zwischen unserer Welt und der der Quelle festgesessen hat (PZ 918).
Die Schlussfolgerung kommt ganz plötzlich! McCain benötigt einen Auserwählten - sozusagen als Schlüssel zur Quelle - um dorthin gelangen zu können. Er beschließt Nägel mit Köpfen zu machen und trifft so nach kurzer Suche auf Anne, die immer noch von Kathryne getrennt umherstreunt. Anne hat gerade ein junges Pärchen getötet und somit ihrer maßlosen Wut nachgegeben, als McCain vor ihr steht und von ihr verlangt mit ihm zu kommen. Zunächst kommt es zum Kampf zwischen den beiden, bei dem sich die z. Zt. magisch geschwächte Anne jedoch wacker hält, letztlich aber unterliegt. Von ihr scheint McCain einiges zu erfahren, denn schon bald danach landet der Druidenvampir vor den Toren Château Montagnes (nicht etwa außerhalb der M-Abwehr, sondern wirklich vor dem Tor des Schlosses) und verlangt mit Zamorra zu sprechen. Diese Unterhaltung verläuft ausgesprochen feindselig und endet damit dass McCain Dylan McMour (der ja der wirkliche Auserwählte ist) entführt wird.
Zamorra und sein Team sind verzweifelt. Besonders Rhett macht sich Vorwürfe, weil er das bis dato gehütete Geheimnis um Dylans wahre Rolle in dem ganzen Spiel (nämlich die eines Auserwählten) ausgeplaudert und ihn so in diese missliche Lage gebracht hat. Zamorra wendet sich an Gryf ap Llandrysgryf, der sich bereit erklärt nach Dylan und dem Druidenvampir zu suchen.
Mit weit geöffneten mentalen Sinnen springt der Silbermond-Druide zeitlos herum und landet schließlich - einer starken magischen Energie folgend - in Huntsville/Texas, einem Landstrich in dem zahlreiche Hochsicherheitsgefängnisse existieren. In einem dieser Gefängnisse lebt Omar Little, ein äußerlich eher unscheinbarer Afro-Amerikaner, der jedoch von all den anderen harten Jungs gefürchtet wird. Wenn Omar seine "Anfälle" bekommt, sterben diejenigen, mit denen er seine Zelle teilt und das ist natürlich sogar mehrfachen Mördern, Vergewaltigern oder Schlägern mehr als unheimlich.
Omar strahlt dabei diese magische Energie ab, die mit der Quelle des Lebens, ihrer Hüterin, dem Dunkel, welches in die Sphäre der Quelle vorgedrungen ist und somit auch mit Matlock McCain und den Auserwählten in Zusammenhang steht. Little scheint die Möglichkeit für Zamorra zu sein, genaueres über den Druidenvampir und seine Pläne herauszufinden. Leider hat das alles einen entscheidenden Fehler.Little hat diese Energien nicht unter Kontrolle und wird somit für jeden in seiner Umgebung zur Lebensgefahr. Und dann bricht auch noch eine Revolte im Gefängnis aus, deren Ursache in den nicht mehr zu steuernden Kräften Omar Littles zu finden ist. Können Zamorra und seine Freunde Ordnung ins Chaos bringen?


Meinung:
Natürlich können sie das, auch wenn es Menschenopfer fordern wird. Soviel kann ich ja ruhig verraten! Tja, was haben wir denn ansonsten hier? Da liegt also wieder einmal ein PZ-Roman des hochgeschätzten (!) Simon Borners vor mir. Jenes ungute Gefühl, dass sich bei mir einstellt, wenn ich einen PZ-Roman dieses Autors kaufe, stellte sich auch an jenem 16. März 2010 wieder ein, als ich zum Kiosk ging und mir "Der Schlüssel zur Quelle" kaufte. Trotz der Tatsache, dass sein letzter PZ-Roman (PZ 927) der beste seiner Art gewesen war (aber, wie wir uns erinnern möchten, aus meiner Sicht bei weitem noch kein wirklich guter PZ-Roman) fragte ich mich, mit welchem Schrecken ich mich bei der Lektüre des vorliegenden Bandes herumzuschlagen hätte. Eines verwunderte mich jedoch! Der Titel ließ Rückschlüsse darauf zu, dass Herr Borner dieses Mal wohl keinen einfachen Einzelroman vorgelegt hatte, sondern viel mehr ein Bausteinchen für den umfassenden Erbfolger-Zyklus. Das weckte, neben besagtem unguten Gefühl, Interesse in mir und somit war ich gespannt, was mich erwarten würde. Als ich dann mit der Lektüre begann, wurde ich überrascht! Der Roman ließ sich wirklich gut lesen! Die Ausgangssituation war packend dargestellt, die weitere Handlung setzte praktisch da an, wo PZ 933 geendet hatte und endlich erlebte ich, wie sich Borners Vorzüge (die er ja wirklich hat, was ich nie bestritten habe) mit einem schlüssigen Ablauf kombinierten.
Tatsächlich kam sogar Spannung auf und auch der Gastauftritt der Journalistin Jenny Moffat (die Borner in dem unsäglichen PZ 923 geschaffen hat) passte gut in das ganze Werk hinein. Omar Little und seine "Anfälle" waren interessante Produkte und schnell wurde klar, dass er irgendwie mit der Quelle des Lebens in Verbindung stehen muss. Ich war wirklich angetan.
Na ja, bis zur Seite 42, wo unter dem Kapitelnamen "Lockdown" eine schräg anmutende Phase anbrach. Hier, so kommt es mir vor, verlor Borner ein wenig den Zusammenhang zum stringenten Ablauf der Story und wogte, wie in alten Zeiten, etwas planlos anmutend und krude formulierend hin und her. Zum Glück fand er wieder - zumindest kurzzeitig - auf den rechten Pfad zurück und es machte für einige Seiten wieder wirklich Spaß zu lesen bis … ja bis … (Ihr ahnt es bereits, oder?). Es fand wieder einmal jener nichtssagende dramaturgische Kniff Einzug in einen PZ-Roman, in dem es um den Einsatz von "geistigen Kräften" geht. Was bei anderen PZ-Autoren auch schon mal angewendet wird, dort aber wenigstens Hand und Fuss hat, artet bei Simon Borner aus und wird zu einer Verschmelzung von uninteressanten, nicht erklärbaren und den Lesefluss störenden Impressionen. Wenigstens das Finale überzeugte dann wieder und versöhnte mich letztlich.
Und nun das Fazit! Tatsächlich verdrängt PZ 934 PZ 927 vom ersten Platz des Contests "Der beste PZ von Simon Borner". Der Roman hat zwar nicht alles, aber er hat zumindest sehr viel mehr, als die bislang erschienen PZ-Bände dieses Autors. Er ist streckenweise spannend und bisweilen sogar humorig (nett die Häftlingsnummer von Omar Little "C-1701", eine kleine Hommage an die Enterprise) und bringt den Erbfolger-Zyklus wieder ein kleines, aber entscheidendes Stückchen voran. Allerdings gibt es auch viele wirre Anteile und kleine Nebenhandlungen die irgendwie keinen Sinn machen. Allein der Umstand wie und wo Mike, der Kameramann, gerettet wird, wurde unterschlagen. Außerdem (aber dies ist nicht wirklich als Minuspunkt zu werten, es ist mir nur aufgefallen) verwendet der Autor in diesem Band das Wort "Rotz" sehr, sehr gerne.
Ach ja, da wäre noch was! Bei dieser Gelegenheit muss ich noch einmal innehalten und darüber nachsinnen, weshalb dieser Simon Borner-PZ wirklich so gut ist. Bislang wurde der Erbfolger-Zyklus von Oliver Fröhlich betraut, und Simon Borner schrieb mehr oder weniger Einzelromane für die Serie. Ist es jetzt vermessen von mir anzunehmen, dass zumindest einige Grundlagen für diesen Roman von Herrn Fröhlich stammen und nicht vom ausführenden Autor selber?


Besonderheiten:
Dylan McMour wird zur Quelle des Lebens geführt, trinkt aus dieser und wird unsterblich.
Rhett Saris ap Lllewellyn erhält die von Matlock McCain gestohlene Magie zurück.
Anne und Kathryne bleiben weiterhin getrennt.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Wow, das hat wirklich was. Auch wenn Dylan McMour (er soll es wohl sein, nehme ich an) im Roman recht entspannt wirkt, als er vor die Quelle tritt, und nicht so mitgenommen, wie auf dem Bild, gefällt mir die Szenerie sehr. Besonders der Brunnen (der wohl die Quelle sein soll, in der Regel aber in den Romanen anders beschrieben wird) hats in sich. Hier gebe ich gerne 4 Kreuze.


Coverbewertung:
4 Kreuze