Professor Zamorra Nr. 918: Auf der Schwelle der Zeit

Professor Zamorra Nr. 918: Auf der Schwelle der Zeit


159 n. Chr.:
Der skelettierte Menschenschädel wirkte in der dunklen Pranke des Dämons klein und zerbrechlich. Als sich die Finger um ihn schlossen und zudrückten, platzte der Knochen in unzählige Splitter, die zu allen Seiten davonschossen. Lucifuge Rofocale schleuderte die restlichen Krümel zurück auf den Knochenberg, den er neben seinem Thron hatte errichten lassen, und brüllte. Beinahe brachte der Schrei die Wände zum Erbeben. Noch ein paar Tage, dann war es wieder soweit: Der Erbfolger würde einen Auserwählten zur Quelle des Lebens führen und damit einen unsterblichen Kämpfer für das Gute erschaffen. Im Ministerpräsidenten der Hölle brandete das Verlangen auf, dem alten Mann, der der Erbfolger war, den dürren Hals umzudrehen und zu zerbröseln, wie er es gerade mit dem Schädel getan hatte. Aber er wusste, dass er das nicht konnte. Und das hatte nicht nur damit zu tun, dass die Erbfolge Lucifuge Rofocales Schöpfung war!


von Oliver Fröhlich , erschienen am 04.08.2009, Titelbild: Candy Kay

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
159 n. Chr.:
Lucifuge Rofocale sinnt darüber nach, wie er die Erbfolge endgültig beenden kann. Den Erbfolger selber anzugreifen erscheint sinnlos. Zum einen, weil er laut einem geheimnisvollen Vertrag dazu gezwungen ist, sich von ihm fernzuhalten, zum anderen, weil alle Versuche ihn umzubringen (trotz des vertraglichen Verbots) fehlschlugen. Plötzlich jedoch hat der Ministerpräsident der Hölle eine Idee. Was ist, wenn man den Auserwählten umbringt, bevor er zur Quelle des Lebens geführt werden kann und hinterher keine Zeit mehr bleibt einen anderen ausfindig zu machen? Das müsste die Erbfolge trotz Unversehrtheit des Erbfolgers eigentlich beenden. Lucifuge Rofocale ist begeistert, und nebenbei scheint es, als wären die Voraussetzungen diesen Plan durchzuführen, besonders günstig, denn der derzeitige Erbfolger Logan Saris ap Llewellyn hat nur noch wenige Tage zu leben und bislang noch keinen Auserwählten zur Quelle geführt.
Seit den schrecklichen Erlebnissen in seiner Jugendzeit (PZ 910) hat Logan tatsächlich nie wieder seine Magie angewandt und sogar selber versucht die Erbfolge mittels Verweigerung zu unterbrechen. Jedoch hat sich die alte Llwewllyn-Magie nicht einfach so ausschalten lassen und letztlich brachte auch ein eingehendes Gespräch mit Merlin Logan auf den rechten Pfad zurück. Nun, drei Tage vor der Geburt seines Sohnes und seinem eigenen Tod, will Logan einen Auserwählten namens Casril zur Quelle schicken. Lucifuge Rofocale schickt jedoch einige seiner Diener - Dämonen die man die C'weten nennt, und die die letzten ihrer Art sind - dorthin, von wo aus Casril zur Quelle geschickt werden soll. An der Stelle, wo später der Llewellyn-Friedhof entstehen soll, kommt es zu einer folgenschweren Auseinandersetzung.
Vor achtzehn Monaten:
Wir erinnern uns: Ein junger Mann namens Dylan McMour verlangt am Portal von Llewellyn-Castle Einlass und ruft lautstark nach Julian Peters. Er wird nicht eingelassen und wenig später vom Druiden-Vampir Matlock McCain angegriffen und gebissen. Es kommt ebenfalls zu einem Handgemenge mit Rhett Saris ap Llewellyn, dem McCain einen Teil seiner Magie stehlen kann, ehe er vor Zamorra, Nicole und Gryf flieht, als sie ihrerseits in den Kampf eingreifen. Dylan McMour will nach Glasgow zurückkehren … (soweit die Erinnerung an PZ 880)
Was man in jenem Roman nicht erfährt ist, dass ein junges Mädchen namens Anka Crentz den Umstand ausnutzte, dass Llewellyn-Castle größtenteils leer steht. Sie zog sich und hierher zurück. Ihre Motive hierfür bleiben vorerst ein Geheimnis. Sie beobachtet Dylans Kampf mit Matlock McCain und die meisten der anschließenden Ereignisse und will McMour helfen, da sie erkennt, dass der Vampirkeim in ihm aktiv wird.
Sie kann McMour, der urplötzlich bewusstlos wird, nach Glasgow zurückbringen und setzt ihre - nicht unerheblichen - magischen Kräfte ein, um den Vampirkeim zu beseitigen. Das geht jedoch fehl. McMour, der sich selber als "Dämonentourist" bezeichnet und erklärt, er verfüge an sich über ungewöhnlich gutes "Heilfleisch", wird immer stärker durch den Vampirkeim geschwächt und verliert sich in zahlreichen Visionen, in denen er Anka erwürgt oder Menschen das Blut aussaugt. Als er wieder klarer wird - Anka nennt dies sein letztes Aufbäumen vor der Niederlage gegen den Keim - ist sie jedoch gesund und munter und erklärt Dylan, dass es wohlmöglich eine Chance gibt, wie McCains Hinterlassenschaft in ihm ausgemerzt werden kann. Es geht um einen komplizierten Zauber, bei dem McMour und McCain allerdings zusammen sein müssen. Aber es sieht wohl so aus, als wäre es unmöglich die beiden zusammen zu bringen. Zu Ankas Verwunderung ist es wohl nichts leichter als das, denn anscheinend gibt es eine Art von schwacher telepathischer Verbindung zwischen Blutsauger und Opfer. Und diese Verbindung führt an einen bestimmten Ort. Zum Llewellyn-Friedhof!
Gegenwart:
Rhett Saris ab Llewellyn ist frustriert. Noch immer befindet sich der Jungdrache Fooly im Koma. Hinzukommt dass ihn seine eigene Pubertät nervt und es ihm zum Halse raushängt, dass seine magischen Kräfte nicht richtig in Schwung kommen. Er vermutet, dass seine Auseinandersetzung mit Matlock McCain (PZ 880) damit zusammenhängt. Zamorra möchte dem Jungen helfen und hypnotisiert ihn, damit er sich genauer an sein Leben als Logan erinnert. Dieser Abschnitt der Erfolge scheint ebenfalls mit dem zögerlichen Reifen der Llewellyn-Magie zu tun zu haben. Rhett sieht eine Zeit vor seinem geistigen Auge, in der Logan bereits sehr alt ist und nur noch wenige Tage zu leben hat. Er sieht, wie Casril zum Llewellyn-Friedhof geführt wird und wie er von dort aus zur Quelle des Lebens gelangen soll. Doch dann kommt es zum Angriff der C'weten. Und damit beginnen Ereignisse, die auf eine Zeit von vor 18 Monaten übergreifen und in der Gegenwart münden werden.


Meinung:
Huja, nicht leicht in diesem Fall eine adäquate Kurzbeschreibung zu liefern. Ich bitte um Entschuldigung, dass es dieses Mal etwas mehr wurde, was ich in o. a. Rubrik gepackt habe, aber es war notwendig, denn Oliver Fröhlichs neuester Zamorra-Roman hatte es wirklich in sich. Zwar hat uns Herr Fröhlich bei weitem, nicht so eine vollgepackte Story serviert wie Christian Schwarz in seinem 915/916-Zweiteiler, aber im vorliegenden Heft laufen die Geschehnisse auf drei verschiedenen Zeitebenen ab und führen dann auch noch zur Quelle des Lebens, wo der Leser mit einer eindrucksvollen, alles und doch irgendwie auch gar nichts begreifbar machenden Erklärung konfrontiert wird. Nun bitte ich alle, die meine Rezension lesen, nicht zu meinen, dass der Roman schlecht ist. Das ist er weiß Gott nicht! Aber er verlangt dem Leser einiges an Konzentration und Erinnerungsvermögen ab, denn zum einen arbeitet Fröhlich die mysteriösen Geschehnisse um Matlock McCain und Dylan McMour auf, fügt eine neue, interessante Figur hinzu (Anka Crentz), die sympathisch erscheint, aber dennoch ein Geheimnis verbirgt, spinnt den Faden des Erbfolger-Zyklus' weiter, lässt Zamorra auf eine irritierende Zeitreise gehen, der sich dann eine Dimensionsreise anschließt und leistet ganze Arbeit, als er uns zeitlose Zeit oder zeitige Zeitlosigkeit erklären will (letzterer Kommentar ist nicht ganz ernst gemeint). Wirklich kein ganz einfaches Feld für einen Heftromankonsumenten, aber dafür, wie ich meine, ein lohnendes.
Neben den o. g. Punkten bringt der Autor auch wieder seinen für ihn so typischen Humor ein (besonders hervorzuheben möchte ich "Iethier" und natürlich "den kurzlebigsten Unsterblichen" überhaupt), der immer wieder für Auflockerung sorgt und den hartarbeitenden Gehirnwindungen des Lesers etwas Freiraum verschafft. Obwohl Nicole Duval nur am Rande mitspielt, ist ihr Auftritt stimmig, da ihre eigentümliche Gereiztheit eine wichtige Rolle spielt. Besonders habe ich mich darüber gefreut, dass Gryf ap Llandrysgryf endlich mal wieder eingesetzt wurde. Der junge/alte Blondschopf hatte sich etwas rar gemacht. Insgesamt ein zwar etwas anstrengender, aber dennoch sehr gelungener Roman.


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Anka Crentz.
Erster und letzter Auftritt der C'weten.
Erster und letzter Auftritt von Casril.
Man erfährt, dass die Erbfolge eine Schöpfung Lucifuge Rofocales ist.
Dylan McMour ist ein Auserwählter.
Anka Crentz und Dylan McMour beziehen fürs Erste Quartier im Château Montagne.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Ich finde ja, dass Candy Kay häufig Schwierigkeiten damit hat Menschen oder Lebewesen gut rüberzubringen, doch bei diesem Bild hat sie sich übertroffen. Zwar finde ich Dylan McMour etwas zu "mangahaft" aber die dargestellte Anka Crentz gefällt mir sehr. Sehr schön ist auch das Ambiente mit den kleinen Details. Hier möchte ich die "Candy"-Lotion auf dem Waschbecken hervorheben. Solche kleinen Gags sind immer wieder nett anzusehen. Ein wirklich stimmiges Cover.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Der Silbermonddruide Gryf entdeckt auf dem Friedhof der Llewellyns ein sonderbares Phänomen und holt Professor Zamorra und Rhett Saris ap Llewellyn zu Hilfe, die eine erneute Aktivität des Vampirs Matlock McCain hinter den Ereignissen vermuten. Professor Zamorra wird von dem Phänomen angesogen und in das Jahr 159 n. Chr. Geschleudert, wo Logan ap Llewellyn gerade einen Auserwählten zur Quelle des Lebens führen will. Doch Lucifuge Rofocale hetzt dem Erbfolge eine Dämonensippe auf den Hals, die auch Gryf und Rhett in der Gegenwart das Leben schwer macht. Welche Rolle aber spielt die geheimnisvolle Anka, die vor achtzehn Monaten auf Schloss Llewellyn Zuflucht suchte und Matlocks Opfer Dylan McMour in ihre Obhut nahm?


Meinung:
In diesem Roman spinnt Oliver Fröhlich die Geschichte um den Erbfolger und den Vampir Matlock McCain fröhlich weiter. Die Geschichte um den Druidenvampir, der dem Erbfolger seine Magie stahl nahm in Band 880 seinen Anfang, der von W.K. Giesa und Thomas Tippner verfasst wurde. Letzterer tummelt sich munter im Hörspielmilieu und zeigt sich verantwortlich für die Drehbücher zu Hörspielserien, wie GORDON BLACK, DIE SCHATZJÄGERIN, GEISTER-SCHOCKER und ALPHA BASE. Auffallend ist wieder mal, wie sprunghaft die einzelnen Abenteuer sind, denn mit keinem Wort werden die vorrangegangen Erlebnisse erwähnt, bei denen Dalius Lartes zu neuem Leben erwachte. Das erweckt den Eindruck, als ob jeder Autor seine Romane abliefert und die Redaktion selbst entscheidet, wann welche Geschichten erscheinen, ohne auf den inhaltlich Zusammenhang zu achten. Dass sich Oliver Fröhlich jedoch dem offenen Handlungsstrang um Matlock McCain widmet ist ein guter Schachzug, denn die Schreibe des Autors ist flüssig und unterhaltsam. Leider nehmen die Zeitspielerein derzeit überhand und gerade im vorliegenden Roman muss der Leser immer wieder zwischen drei Zeitebenen wechseln, wobei die Geschehnisse um Anka und Dylan McMour zwar recht interessant, aber auch sehr langatmig ausgefallen sind. Vor allem solch merkwürdige Visionen, wie sie auf dem Titelbild gezeigt werden, muten immer wie Zeilenschinderei an und fördern nicht unbedingt die Spannung. Eindringlich und dramatisch sind dagegen die Passagen mit Zamorra und seinen Gefährten, sowie den C'Weten, von denen man allerdings nicht mehr allzu viel hören dürfte. Schön auch der erneute Auftritt von Gryf ap Llandrysgryf, der seit einiger Zeit fast sträflich vernachlässigt wurde. Immerhin wurde in diesem Roman auch beschrieben, wie überhaupt Teri Rheken und Gryf auf Merlins Tod reagieren, beziehungsweise, wie Asmodis zu den einstigen Freunden des Zauberers steht. Wären nicht die häufigen Szenen- und Zeitenwechsel gewesen, wäre auch dieser Roman ein kleines Highlight geworden. So bleibt ein überdurchschnittlicher Roman, der knapp zwei Stunden angenehm kurzweilig gestalten kann.
Fazit: Unterhaltsames Zeitreiseabenteuer, dass leider nicht ohne Längen auskommt. Nichtsdestotrotz eine würdige Fortsetzung von Band 880 "Der Vampir von Cluanie".


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Anka, die gemeinsam mit Dylan McMour im Chateau Montagne Unterschlupf findet.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Dylans lebhafte Vision als kunstvolle Grafik von Candy Cay, die ihre Signatur passend auf einer Flasche für Körperlotion verewigt hat.


Coverbewertung:
3 Kreuze