Professor Zamorra Liebhaber-Edition Nr. 6

Professor Zamorra Liebhaber-Edition Nr. 6


Dieses Band ist ein Nachdruck der drei Romanhefte:


Professor Zamorra Nr. 16: In den Klauen der Vampire
(Romanheft)
Die Sonne versank als Glutball im Westen. Noch stand ein Streifen des dunstigen roten Widerscheins über dem Horizont und übergoß den Ozean mit malvenfarbenem Glanz Die Silhouetten der Inseln lagen wie schwarze Buckel im Wasser, und Masten, Schornstein und Flaggenstag des Fährschiffs "Aloha II " bildeten ein schwarzes Filigran vor dem Hintergrund des Himmels. Kapitän Morton Danning hatte das Ruderhaus verlassen - das Wetter war gut, der Steuermann würde die Passage durch das Riff allein finden. Sie hatten eine Gruppe bleichsüchtiger, sonnenhungriger Touristen zu den Hotelpalästen auf einer erst kürzlich für den Tourismus erschlossenen Insel geschippert, jetzt war die "Aloha II" auf dem Rückweg nach Oahu. Nur noch ein einziger Passagier lehnte im Halbdunkel an der Reling und blickte auf das ruhige Wasser hinaus. Morton Danning musterte den Mann. Der Bursche war hoch gewachsen und hager, verfügte über eine ausgeprägte Raubvogelphysiognomie und trug das schwarze Haar für sein Alter und den Geschmack des Kapitäns ein Stück zu lang. Auch der merkwürdige schwarze Umhang um seine Schultern war nicht gerade das, was die Herrenmagazine für diesen Sommer vorschlugen. Aber in punkto Mode bei Hawaii-Touristen hatte Morton Danning längst aufgehört, sich zu wundem. Er schob seine Kapitänsmütze ins Genick, zündete sich eine Zigarette an und wandte sich nach Steuerbord, weil er erstens selbst nicht zu den gesprächigen Typen zählte und zweitens auch nicht den Eindruck hatte, daß sein Fahrgast Wert auf eine Unterhaltung legte.


Professor Zamorra Nr. 17: Wolfsnacht
(Romanheft)
Mitternacht! Fast drohend stand der Mond über dem See und tauchte die Landschaft in ein fahles Licht. Ein einzelnes Fischerboot tuckerte von Malcesine aus auf die Mitte das Gardasees zu. Die Gastalt des Mannes auf der Hügelkuppe, etwa zweihundert Meter über dem See, hob sich scharf gegen die bleiche Scheibe des Mondes ab. Der Mann rührte sich nicht Aufrecht stand er da, den Kopf hochgereckt, und starrte wie in Trance zum Himmel. Sein Gesicht war fast schneeweiß. Er hatte den Mund halb geöffnet. seine Zähne glitzerten wie Raubtierfänge. Die weit aufgerissenen Augen hatten einen beschwörenden, ja fanatischen Ausdruck.Plötzlich kam Bewegung in die Gestalt. Es war, als würde eine riesige unsichtbare Faust den Mann zu Boden zwingen wollen. Seine Wirbelsäule krümmte sich wie unter einer ungeheuer schweren Last. Dem weit aufgerissenen Mund entrang sich ein Keuchen, das Ausdruck der Wollust zu sein schien. Es klang so erleichtert und glücklich, als hätte der Mann auf das Wirken der unsichtbaren Macht gewartet. Immer tiefer sackte sein Kopf nach vorne. Die Beine knickten ein. Er sank auf die Knie. Seine Statur wurde sichtbar kleiner, gedrungener. Auch der Kopf des Mannes veränderte seine Gastalt und Form. Er flachte an der Stirn ab und wurde länglich. Die Lippen gingen in speicheltriefende Lefzen über. Der Ausdruck der vorher fast glanzlosen Augen wurde stechend. Graue Haare sprießten plötzlich in dem nun schon kaum mehr als menschlich zu bezeichnenden Gesicht. Buschige Augenbrauen wucherten. Die Nasenlöcher vergrößerten sich und schienen eine unbekannte Witterung aufzunehmen.


Professor Zamorra Nr. 18: Die Hexenschwestern
(Romanheft)
Blut und Schrecken. Greuel und wieder Blut. So sah das Bild des Entsetzens aus, das Professor Zamorra vor sich sah. Obwohl er Tausende von Kilometern vom Ort des Geschehens entfernt war. Vor ihm auf dem Kaminsims schien das geheimnisvolle Amulett anzufangen zu glühen. Magisch angezogen von dem seltsamen Glanz des ererbten Schmuckstücks, ging der Professor auf den Kamin zu. Er griff nach dem Amulett und wurde ein anderer Mensch. Seine Augen schlossen sich, seine Finger umkrampften das Amulett. Er war wie in Trance. "Was ist, Professor?" fragte Nicole Duval, seine Sekretärin. Noch nie hatte sie ihn so gesehen. Und sie wußte, daß irgendwo in der Welt ein wütender Dämon den Professor herausforderte. Wieder einmal. Und heute war sie überzeugt davon, daß der Professor die übersinnlichen Kräfte besaß, ein aufkommendes Geheimnis kraft seines geheimnisvollen Amuletts zu lösen. Ihre Skepsis war längst gewichen. Im Anfang ihrer Tätigkeit hatte das bildhübsche Mädchen nur mit Skepsis die Berichte Zamorras verfolgt. Aber inzwischen hatte sie sich überzeugen können, daß es mehr als logische Erklärungen in der Welt gab. Kräfte, die mit normalen menschlichen Verstandesmitteln nicht allein zu erklären waren. "Blut", sagte der Professor leise. Mit einer fast ersterbenden Stimme. Aber gerade in diesem Hauch von Stimme lag die Drohung jenes unbekannten Dämons, dessen Spur Zamorra vor seinem geistigen Auge sah.