Professor Zamorra Nr. 919: Bücher des Grauens

Professor Zamorra Nr. 919: Bücher des Grauens


„Jannik, verflucht!“ Die Stimme des Jungen klang, als könne er seine Aufregung kaum unter Kontrolle halten. Und sie war viel lauter, als sie angesichts dieser Uhrzeit hätte sein dürfen. „Ruhig, Mann“, flüsterte Jannik zurück. „Wir haben’s ja gleich. Mach dir bloß nicht ins Hemd, ja?“ Abermals hob er die mit dicken Wollhandschuhen bedeckten Hände und presste sie gegen den steinernen Fuß der Statue. „Du könntest aber auch mal mithelfen, anstatt einfach nur dazustehen und dir vor lauter Bammel in die Hose zu machen.“ Sie durften nicht hier sein, das wusste Jannik selbst. Nicht an diesem Ort, um diese Zeit. Das sprach gegen alle Gesetze, die Aldebar ihnen von klein auf eingetrichtert hatte. Menschen starben, wenn sie sich um diese Uhrzeit noch im Freien aufhielten! Falls nicht an den Attacken der Slissaks und ihrer blasphemischen Götter, dann an ihrer eigenen Furcht. Aber dennoch – Jannik war nur einmal jung. Und er bekam vielleicht nur einmal die Gelegenheit, den Verursacher des Weltuntergangs spüren zu lassen, was er von ihm hielt. Den Mann, dessen Name allein schon ausreichte, um Jannik die Galle hochkommen zu lassen. Johannes Gutenberg.


von Simon Borner, erschienen am 18.08.2009, Titelbild: Candy Kay

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Professor Zamorra wird, was für ihn ungewöhnlich ist, in den frühen Morgenstunden wach und muss feststellen, dass Nicole das Bett bereits verlassen hat. Auf der Suche nach ihr, durchquert er das Château und trifft auf William, der ihn darauf aufmerksam macht, dass geheimnisvolle Gestalten ins Schloss eingedrungen sind. Tatsächlich kommt es zu einer Auseinandersetzung mit jenen Gestalten, die man schlicht und ergreifend als "Fischmonster" bezeichnen kann.
Nachdem es dem Parapsychologen und seinem Butler gelungen ist, den ersten Angriff zu überstehen, trifft man im Arbeitszimmer des Professors auf Nicole und berät sich. Wie konnten diese Wesen die M-Abwehr überwinden? Was wollen sie? Wo kommen sie her? Und so weiter …
Leider finden unsere Freunde keine Antwort darauf und beschließen sie sich selber zu holen. Beim Verlassen des Arbeitszimmers jedoch versperrt ihnen ein gefährlich anmutendes Blitzgebilde den Weg. Zamorra und Nicole können sich daran vorbeimogeln, doch William wird von einem der Blitze getroffen und löst sich auf. Wenig später kommt es zu einer erneuten Auseinandersetzung, bei der sich jedoch eines der Fischmonster in Luft auflöst.
Zamorra, der Kontakt zu diesem Wesen hatte, wird mitgerissen und landet im Mainz des Jahres 1455, wo er schon bald auf einen Mann namens Johannes Gensfleisch trifft, der auch Gutenberg genannt wird und welcher der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Metall-Lettern ist (Na klar , das habt Ihr gewusst! Wir alle haben doch im Schulunterricht aufgepaßt, oder? ;)). Irgendwie scheint Gensfleisch in die mysteriösen Geschehnisse um die Fischmonster verwickelt zu sein, doch Zamorra sieht sich außerstande die Zusammenhänge aufzudecken, denn schon bald trifft er erneut auf eines der unheimlichen Wesen, greift es an und verschwindet abermals mit ihm. Diesmal landet er in der Zukunft! Oder etwa doch nicht?
Zamorra ist verwirrt, denn er befindet sich in einer apokalyptischen Welt, lernt einige verwahrlost anmutende Menschen kennen und erfährt von ihrem Ältesten - Aldebar - dass es offensichtlich zu sogenannten "Zeitbeben" kommt, die die Strukturen vieler verschiedener Zeitepochen gleichzeitig vernichten. Ausgehend vom Jahr 1455 löst sich das bisher bekannte Zeitkontinuum auf. Der Parapsychologe hat eine Idee, wie er wohlmöglich in seine Zeit zurückkehren kann. Er kann, mit der Hilfe der Anhänger Aldebars, ein weiteres Fischmonster lokalisieren und in die Enge treiben. Dann greift er es an und verschwindet mit ihm, um im Jahr 2009 im Château Montagne aufzutauchen, von wo aus er mit Nicole Duval und mit Hilfe der Zeitringe Merlins ins Jahr 1455 zurückkehrt, wo er auf Johannes Gensfleisch trifft, der mittlerweile aber im Dienste eines Dämons steht und für ihn ein Buch druckt.
Dieser Dämon, der den Dämonenjägern bereits in Trier (Band 907) das Leben schwer machte, kann Zamorra und Nicole gefangen nehmen und klärt sie auf, dass er die Zeit, so wie sie bislang existierte, endgültig vernichten will. Haben sie überhaupt noch irgendeine Chance?


Meinung:
Schnarch - Zzzzzzzz - Schnarch - Zzzzzzzz - Schnarch - Zzzzzzzz …
Upps, oh Verzeihung, da bin ich wohl bei der Lektüre (GÄHN) dieses Romans eingenickt. Tut mir wirklich Leid, dass ich Euch alle habe warten lassen, aber es war für mich wirklich nicht einfach diesen Roman zu lesen. Nein, wirklich nicht. Fast mutete es wie Schwerstarbeit an (wobei ich all diejenigen, die vom Beruf wegen extrem schwere Arbeit leisten müssen, nicht beleidigen will. Gott bewahre!) Aber ich habe über eine Woche benötigt, um diese 64 Seiten durchzuarbeiten und das ist bei mir immer ein gaaaaaanz schlechtes Zeichen. Tja, wo fange ich denn nun mal mit meiner Bewertung an?
Zunächst hat der Autor einen ausgesprochen ungünstigen Zeitpunkt gewählt, um seine "Zeitreise/Zeitbeben-Story" drucken zu lassen (na ja, bei der Wahl des Zeitpunkts hatte wohl noch jemand anderer seine Finger im Spiel, gell?) Nach dem 915 / 916-Zweiteiler von Christian Schwarz und dem 918er-Roman von Oliver Fröhlich hätte man vielleicht erst einmal von einer weiteren Story mit dem Schwerpunkt Zeit absehen sollen. Doch das hätte ich noch verzeihen können, wenn diese Geschichte das halten würde, was man sich als durchschnittlicher PZ-Leser (und als solcher sehe ich mich) erhofft. Eine spannende Geschichte, in der es Action, Drama, etwas Humor und vielleicht auch ein wenig Tragik gibt und bei der der erste Teil in einem Cliffhanger oder aber immerhin in einer vertrackten Situation mündet. Doch was haben wir hier? Nix von alledem! Wieder einmal schafft es Simon Borner nicht das - an sich - interessante Grundkonzept der Story in ein adäquates Gewand zu kleiden. Stattdessen führt er den Helden (wenigstens den lässt er dieses Mal etwas mehr, als eine Nebenrolle einnehmen) in sinnlos verwirrender Weise vom Jahr 2009 ins Jahr 1455, dann in eine nicht näher bezeichnete Zukunft, wieder zurück ins heimatliche 2009 und dann erneut nach 1455 hetzen.
Er trifft gelegentlich auf die Fischmonster (sie heißen Slissak), die ihn, sobald er sie in die Enge treibt oder angreift, durch die Zeit befördern. So landet er zunächst in der Vergangenheit und kann dann, als es ihn in die Postapokalypse verschlägt, mittels "genialer" Idee wiederum in seine eigene Zeit zurück befördern. Doch wie geht denn das? Hat Zammy vorher ein schriftliches Gesuch an den Slissak geschickt und ihn darin um folgendes gebeten: "Wenn wir uns beim nächsten Mal treffen - also wenn die Jungs von Aldebar dich in die Ecke gedrängt haben - dann beam dich nicht einfach so weg. Bitte, bitte, bitte warte auf mich, bis ich dich angreife und dann verfrachtest du uns beide einfach ins Jahr 2009 zurück, ja? Ach ja, bitte ins Château Montagne, Loiretal, Frankreich (nähere Adresse unten)."
Okay, dass Johannes Gensfleischs Rolle bislang nicht eindeutig geklärt ist, ebenso wie die Identität des Dämons (der uns ja schon im überwältigenden Band 907, herrrrrausrrrrragende Spannung bescherrrrrte) oder dessen eigentliches Ziel, ist ja irgendwie verständlich, denn wir haben es ja hier mit dem ersten Teil eines Zweiteilers zu tun. Aber ganz ernsthaft: Das alles interessiert mich schon längst nicht mehr, weil Borners Geschichte bislang nur langweilig und oberöde anmutet.
Jede Ansatz von Spannung wird gnadenlos erstickt, indem weitere Nebenhandlungen im Jahr 1455 (hier geht es dann um Gensfleischs Azubi und dessen Freundin) oder im Jahr 2009 (da greift Borner auf den "allseits beliebten" Eusebius Struttenkötter zurück, der herausfindet, dass es eine Mönchsbruderschaft gibt, die tatsächlich schon seit ewig langer Zeit von den Zeitbeben wusste und durch Meditation einen Raum erschaffen konnte, in dem sie von den Auswirkungen der Zeitbeben unbehelligt bleibt) eingeflochten werden und, ähnlich wie die Hauptstory, zum gähnen animieren. Nein, nein das war - wieder einmal - nichts Herr Borner! Es mag so aussehen, als mache es mir Spaß über das Werk eines Autoren herzuziehen, doch ganz im Ernst, dass tut es wirklich nicht. Ich hätte sehr viel mehr Freude empfunden, wenn ich mich bei der Lektüre des vorliegenden Romans gut unterhalten hätte.
Andererseits bin ich verwundert darüber, dass Romane solch langweiliger und konfuser Art überhaupt in das PZ-Universum Einzug halten dürfen und die Aussicht, dass es jetzt noch einen zweiten Teil gibt, der nahtlos an dieses Geschreibe anknüpft, lässt mich mehr schaudern, als die Vorstellung, in meinem Keller könne eine Herde Ghouls auf mich lauern. Ich bedaure wirklich nichts anderes schreiben zu können, aber gleichzeitig muss ich meinem Unmut über dass, was einem mit diesem Roman zugemutet wurde, wirklich einmal freien Lauf lassen. Lediglich der Umstand, dass es die, bereits oben erwähnte, interessante Grundidee gibt, lässt mich für diesen Roman ein Kreuz vergeben. Jedoch hat dieses eine Kreuz eine deutliche Tendenz in Richtung Null!


Besonderheiten:
Zamorra setzt nach langer Zeit mal wieder Merlins Zeitringe ein.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:

Ein nicht unbedingt überragendes Cover aus dem Hause Kay, aber zumindest eines, dass einen interessierten Leser eine spannende und atmosphärische Geschichte vermuten lässt. Wirklich okay!


Coverbewertung:
3 Kreuze