|
Dieses Band ist ein Nachdruck der zwei Romanhefte:
Professor Zamorra Nr. 86: Das Floß der Verdammten
(Romanheft)
Die Hölle brach pünktlich um Mitternacht los! Der schwere Taifun,
der von den Antillen heraufkam, traf die südlichen Inseln der Bahamas.
Er wühlte die See auf wie mit riesenhaften Schaufelrädern. Er stemmte
sich gegen die Wellen, baute aus ihnen haushohe Mauern, preßte sie
gegen die schmalen Küstenstreifen. Was ihm unterwegs begegnete, riß
er mit sich, tauchte es ein in die Fluten der hochgehenden See, warf es wie
Spielzeug in die Luft. Am meisten traf es den alten Frachter "Gran Caribe",
der auf halber Strecke zwischen den Inseln San Salvador und Puerto Rico lag.
Es war ein ausgetakeltes Schiff, grauschwarz und häßlich wie einer
der längst aus dem Verkehr gezogenen Seelenverkäufer. Die Besetzung
war bunt zusammengewürfelt. Genau wie die Ladung. Offiziell fuhr das
Schiff im Dienst einer Frachterlinie von Barbados. Aber jeder Seemann von
den Antillen bis hinauf nach Mexiko wußte, daß die "Gran Caribe"
mehr Schmuggelgut als saubere Ware beförderte. Und nur Henk Barber,
der Funker der alten ächzenden Kiste, wußte, was sich in dem Seesack
befand, den er immer bei sich trug. Und nur Jean Delay, der Mann von Martinique
ahnte die Zusammenhänge. Als die Wanten zu krachen begannen, ahnte Henk
Berber das Schlimmste. Er riß seinen Seesack an sich. Wenn er schon
ins Rettungsboot überwechseln sollte, dann nicht ohne dieses kostbare
Gepäckstück. Aber er kam nicht mehr in eines der alten Rettungsboote.
Nicht einer der Besatzung kam dazu.
Professor Zamorra Nr. 87: Im Schloß des teuflischen Zwerges
(Romanheft)
Schwefelgelbe Blitze zuckten aus dem wolkenverhangenen Himmel. Gleich darauf
rollte berstender Donner über das Land. Bäume und Sträucher
bogen sich unter dem peitschenden Wind. Gewaltige Wassermassen prasselten
auf die Erde. Graue Gemäuer ragten düster empor, schienen von den
jagenden Wolken umschlungen zu werden. Das Schloß stand auf einer riesigen
Felsklippe, unter der das Meer brandete. Die meterhohen Weilen kletterten
gischtsprühend an den steilen Felsen hoch. Im Südturm des Schlosses
brannte Licht. Über fünfzig brennende Kerzen erhellten einen
großen Raum und warfen zuckende Schatten über die unverputzten
Wände, an denen Bilder und Waffen hingen. Verstaubte Ritterrüstungen,
von Spinnweben überzogen, lehnten in den Ecken. In der Mitte des Zimmers
stand ein Altar aus schwarzem Stein, von dem ein unheimliches Glühen
ausging. Ein großes, in Leder gebundenes Buch lag auf dem Opfertisch.
Es sah sehr unansehnlich aus und mußte schon uralt sein. Dahinter stand
eine kleine bucklige Statue. In dem verzerrten Gesicht funkelten zwei
rotglühende Augen. Sie strahlten ein teuflisches Feuer aus. Die Arme
des höchstens einen halben Meter großen Standbildes waren
gekrümmt, und die Hände endeten in Krallen. Mitternacht. Dumpf
hallten Glockenschläge durch den Turm. Knarrend schwang die große
Portaltür zurück, die in das Turmzimmer führte. Ein eisiger
Luftzug brachte die zuckenden Kerzen fast zum Erlöschen.