John Sinclair Nr. 1715: Gewächs des Grauens
Da das Telefon direkt neben dem Laptop stand, vor dem die Detektivin Jane
Collins saß, musste sie nur die Hand ausstrecken, um den Apparat aus
der Ladeschale zu nehmen. "Ja?", meldete sie sich. "Jane Collins?" Eine lauernd
klingende Männerstimme hatte ihren Namen ausgesprochen. Sofort spürte
sie sich wie elektrisch aufgeladen. "Wer will das wissen?" Ein hartes Lachen
folgte. Danach wieder die Stimme. "Das tut nichts zur Sache."
von Jason Dark, erschienen am 24.05.2011, Titelbild: Ruan Jia
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Jane Collins wird von Bischof Makarew beauftragt eine Ikone zu ersteigern,
die den Heiligen Isidor zeigt. Ein ungewöhnlicher Auftrag für die
Privatdetektivin, der aber gut honoriert wird. Am Abend vor der Auktion wird
Jane Collins von einem unbekannten Mann angerufen, der ihr droht die Finger
von dem Fall zu lassen. Wenig später explodiert ihr Auto. Jane Collins
informiert daraufhin ihren Freund John Sinclair, der es sich nicht nehmen
lässt, die Privatdetektivin zu der Auktion zu begleiten. Tatsächlich
gelingt es Jane, die Ikone in ihren Besitz zu bekommen. Als die Detektivin
und der Geisterjäger das Bildnis zum Bischof bringen wollen, entfaltet
die Ikone ihre dämonische Kraft
Meinung:
All zu hoch waren meine Erwartungen dank der mäßigen Romane der
letzten Zeit nicht. Tatsächlich wurde ich lediglich wegen des düsteren
Covers und des ungewöhnlichen Titels, der so gar nicht zu der Vorschau
passen will, auf den Roman neugierig. Obwohl meine Hoffnung, dass in diesem
Band bereits auf Justine Cavallos Aufenthalt in Avalon eingegangen wird,
nicht erfüllt wurde, hat mir der Roman recht gut gefallen. Sicherlich
kein Serienhighlight, aber ein flüssig geschriebener Gruselkrimi, in
dem Jane Collins und John Sinclair fast wie in alten Zeiten zusammenarbeiten.
Von der ersten Seite an baut sich die Spannung kontinuierlich auf und wer
den Roman noch nicht kennt und sich die Überraschungen nicht nehmen
lassen will, sollte an dieser Stelle aufhören zu lesen. Dass die Ikone
für Rasputins Erben von Interesse ist und die Loge weiterhin ihre
Pläne verfolgt in London Fuß zu fassen (siehe
Band 1687 und
1695) ist bereits positiv zu bewerten.
Dass die Organisation nach ihrem letzten Auftritt vor drei Bänden erneut
eine Rolle spielt, zeigt, wie mächtig die Loge bereits ist, und dass
sie zu einem ernstzunehmenden Gegner herangewachsen ist. Apropos herangewachsen:
Der Titel "Gewächs des Grauens" ist so unsinnig wie selten und nur mit
sehr viel gutem Willen als Synonym für das Böse in der Ikone zu
verstehen. Glücklicherweise lässt sich Jane nur ein einziges Mal
dazu hinreißen das Bildnis von Isidor als Gewächs des Grauens
zu bezeichnen. Allerdings scheint diese Titelwahl eine kürzlich von
Jason Dark in einem Interview getätigte Aussage zu bestätigen,
derzufolge der Autor in regelmäßigen Abständen eine Titelliste
zum Verlag schickt, ohne bereits feste Story-Konzepte zu haben. Offenbar
ist dem Autor keine sinnvolle Pflanzenmonster-Geschichte eingefallen und
Mandragoro war ja erst im vorletzten Band mit von der Partie. Dass man über
die Hintergründe von Isidor nichts erfährt ist nicht sonderlich
tragisch, und das Finale hat einen schönen Knalleffekt zu bieten. Weshalb
der Geist von Isidor Jane Collins aber erst unter seine Kontrolle bringt,
um sie dann nach ihrer Flucht sofort wieder freizugeben, ist allerdings nur
schwer nachzuvollziehen. Lediglich eine Machtdemonstration? Oder war der
Geist von Isidor nicht stark genug, eine Person länger in seinem Bann
zu halten? Darüber hinaus gibt es noch zwei Ungereimtheiten, die allerdings
kleinerer Natur sind. Während der Auktion erinnert sich John Sinclair
an die Ersteigerung des Knochensessels in New York, bei der er angeblich
nicht zugegen war, sondern die Conollys. Das stimmt jedoch nicht. Bill hatte
nur sein Vermögen zur Verfügung gestellt. Der Auktion beigewohnt
haben Abe Douglas und John Sinclair. Dieser Fehler wurde bereits in Band
1694 erwähnt. Nach knapp 1000 Bänden ist ein solcher Fauxpas aber
zu verschmerzen, zumal diese Nebensächlichkeit für die Handlung
auch keine große Rolle spielt. Der zweite Fehler unterläuft dem
Autor als der Bärtige auf die bewusstlose Jane Collins deutet und fragt,
wer das sei. Er hat sie aber schon bei der Auktion und später im Park
bereits gesehen. Auch kein Beinbruch und insgesamt gesehen, hat mich der
Roman gut unterhalten.
Fazit: Flüssig geschriebener, spannender Roman mit kleinen Ungereimtheiten.
Der unsinnige Titel lässt sich aufgrund des annehmbaren Inhaltes
verschmerzen.
Besonderheiten:
Weiterer Versuch von Rasputins Erben in London einen Stützpunkt zu
errichten.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover zeigt das veränderte Antlitz von Isidor, wie im Roman beschrieben.
Düster, morbide und in seiner Farbgebung äußerst
wirkungsvoll.
Coverbewertung: