John Sinclair Nr. 1695: Rasputins Erben

John Sinclair Nr. 1695: Rasputins Erben


Gabriel Borodin wusste eines: Wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn nicht nur töten, sondern regelrecht vernichten. Er hatte sich entsprechend verhalten. Er war den menschlichen Monstern entkommen - vorerst, doch er war noch längst nicht in Sicherheit. Sein Glück war der Müllcontainer gewesen, in dem er jetzt steckte. Borodin hatte nur diese eine Chance gesehen, den Deckel zu öffnen und dann in den Container zu kriechen. Jetzt hockte er in dem bis zur Hälfte mit Abfällen gefüllten Behälter und das im Stockdunkeln. Er hatte das Gefühl, in einem Sarg zu liegen. Lebendig begraben …


von Jason Dark, erschienen am 04.01.2011, Titelbild: Lockwood
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair und Suko werden von Sir James darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich bei ihnen ein Mann namens Gabriel Borodin melden könnte. Diese Information hat der Superintendent von Karina Grischin erhalten. Borodin ist ein russischer Agent, der in London Rasputins Erben auf der Spur ist. Tatsächlich wird er von den Killern dieser Organisation gejagt und kann sich erst im letzten Moment in einem Müllcontainer verstecken. Von dort aus ruft er John Sinclair an, der ihn gemeinsam mit Suko, abholt. Dabei kommt es zu einer ersten Konfrontation mit dem Killerkommando der Rasputin-Erben. John Sinclair kann einen der Mörder überwältigen und gefangen nehmen. Doch die Geisterjäger müssen schon bald erkennen, wie gnadenlos die Erben Rasputins vorgehen ...


Meinung:
Rasputins Erben gehören zur Zeit zu den dominierenden Handlungssträngen der Serie und es ist sehr zu begrüßen, dass Jason Dark bereits so schnell einen weiteren Roman über diese Organisation abliefert. Das letzte Abenteuer mit der russischen Verbrecherorganisation erschien als Band 1687, wo John und Suko erfuhren, dass die Erben Rasputins auch außerhalb Russlands agieren. Daher ist Gabriel Borodin der optimale Informant und das Killer-Kommando wird im vorliegenden Roman wirklich bedrohlich dargestellt, was vor allen Dingen an den perfiden Sprengsätzen liegt, welche die Killer in ihren Bäuchen spazieren führen und die bei Bedarf gezündet werden, wenn sie versagt haben. "Rasputins Erben" ist mehr Thriller als Horror-Roman und einzig die Erwähnung von Chandra, die leider nicht persönlich mitspielt, sowie die Vermutung, dass die Mörder manipuliert wurden, lässt erkennen, dass man es eigentlich mit einer Gruselserie zu tun hat. Doch so ganz wird der Autor nie verhehlen können, dass er eigentlich viel lieber Krimis schreiben würde. Die skrupellose Vorgehensweise gegenüber den eigenen Leuten unterstreicht die Gnadenlosigkeit der Rasputin-Sekte auf hervorragende Art und Weise und die Szene, in der der Killer im Rover neben John sitzend stirbt geht wirklich unter die Haut und gehört zu den brutalsten der Sinclair-Geschichte. Auch ansonsten ist der Roman bis zur Mitte des Heftes äußerst tempo- und actionreich. Doch spätestens als Borodin seinen eigenen Informanten von der russischen Botschaft im nächtlichen Hyde Park treffen will gleitet die Geschichte ins Unglaubwürdige und Lächerliche ab. Zwanzig Meter müssen John und Suko durch einen hüfthohen See waten, um die Männer zu retten, die von den Killern im Wasser angegriffen werden. Dennoch ertrinkt Borodins Informant und Suko macht nicht mal den Versuch ihn zu reanimieren. In dieser knappen Zeitspanne gibt es immer enorm gute Überlebenschancen. Bereits die Auseinandersetzung mit den Halbstarken wirkte ziemlich deplatziert und sollte wohl zeigen, wie gut Suko kämpfen kann. Das erklärt auch, weshalb John seinen Ausweis erst zückt, nachdem sein chinesischer Partner zugelangt hat. Den Gipfel der Langeweile erreicht der Roman als Gabriel Borodin nach dem erfolgreichen Anschlag auf seinen Informanten nach Hause gehen will und die Geisterjäger ihn einfach ziehen lassen. Völlig unwahrscheinlich, dass das Killer-Kommando ihn dort suchen wird. Abgesehen davon, dass ein solches Verhalten völlig konträr zu der Angst steht, die der russische Agent zu Beginn der Geschichte verspürt hat. Schließlich wollen die Mörder reinen Tisch machen und attackieren die Lebensgefährtin des russischen Botschaftsangestellten. Diese wird auch niedergeschlagen und befragt, nur um dann unversehrt auf dem Boden liegengelassen zu werden. Ein völlig unrealistisches und nicht nachvollziehbares Verhalten. Einerseits wird immer wieder betont, wie rücksichtslos Rasputins Erben vorgehen, andererseits lassen sie potenzielle Zeugen am Leben, nur um sie später dann doch töten zu wollen, was natürlich in die Hose geht, weil dann John und Suko bereits zur Stelle sind. Immerhin bekommt man den Namen des Londoner Unterführers zu hören. Allerdings kann man sich nur schwer dem Eindruck entziehen, dass die Figur des Ivan "Jekyll" Smarow lediglich eingeführt wurde, um das Cover zu rechtfertigen. Viel zu sagen hat der russische Medienmogul jedenfalls nicht.
Fazit: Actionthriller statt Horror-Roman! Dafür geht es aber äußerst rasant, actionreich und brutal zur Sache, ehe sich die Geschichte in der zweiten Hälfte in schnöder und unglaubwürdiger Bedeutungslosigkeit verliert.


Besonderheiten:
Der Londoner Unterführer von Rasputins Erben heißt Ivan "Jekyll" Smarov.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Der Künstler hat sich scheinbar von dem Film "Avatar" inspirieren lassen. Leider konnte sich Jason Dark keine schlüssigere Erklärung ausdenken, als die vier Gestalten zu Killern zu machen, die sich in Aussehen und Kleidung gleichen. Künstlerisch ist das Titelbild in Ordnung.


Coverbewertung:
2 Kreuze

Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
Karina Grischins Mitarbeiter Gabriel Borodin wird in London von vier Killern verfolgt und ruft John Sinclair zu Hilfe. Der Geisterjäger findet heraus, dass die mörderische Truppe für einen gewissen Iwan Smarow arbeitet, der eine Art Anführer der Erben Rasputins in London ist. John gelingt es, die Killer auszuschalten, aber Iwan Smarow entkommt.


Meinung:
Der Titel allein verrät, dass es sich beim vorliegenden Roman um eine Fortsetzung der Geschichte um die Anhänger Rasputins handelt und mit der Erkenntnis zieht die Befürchtung auf, dass dieses Heft ähnlich schlimm wie das vorletzte Abenteuer um die russische Brut geraten könnte (Band 1686: "Kugelfest und brandgefährlich"). Doch erfreulicherweise hebt sich der Roman positiv von seinem verunglückten Vorgänger ab. Zwar fällt es dem Verfasser erneut schwer zu zeigen, dass GJS eigentlich eine Gruselserie ist, aber der Roman geizt nicht mit Spannungselementen und vermag es durchaus zu fesseln.
Die Geschichte liest sich flüssig und unterhaltsam - und mit Iwan Smarow tritt eine neue, höchstinteressante Figur in Erscheinung. Der unheimliche Unbekannte, der im Hintergrund die Strippen zieht, hat trotz seines nur kurzen Auftritts eine ungeheure Wirkung und stellt das mühsam etablierte Ballerbiest Chandra aus dem besagten Sinclair-Rasputin-Abenteuer ungeniert in den Schatten. Iwan Smarow macht Angst, und das ist gut, weil der Roman sonst recht wenig unheimliche Stellen aufweisen kann. Zwar funktionieren die Spannungen innerhalb der Geschichte, aber übernatürliche Erscheinungen oder Horrormomente gibt es keine. Fraglich, warum der Autor die herrlich bedrohlichen Gestalten vom Titelbild zu mehr oder weniger normalen Auftragskillern degradiert, die zwar durch Gehirnwäsche manipuliert worden sind, aber einem offensichtlich übernatürlichen Hintergrund entbehren.
Einen Bruch erfährt der Roman, als die drei monströsen Killer Lisa Cameron nach dem brutalen Überfall am Leben lassen. Es gibt keine auch nur ansatzweise logische Erklärung, warum sie so handeln sollten. Ärgerlich, dass der Verfasser hier nicht nach einer saubereren Lösung gesucht hat. Er macht es sich ziemlich einfach, tut aber seiner Dramaturgie keinen wirklichen Gefallen - und dem Leser erst recht nicht.
Als Pluspunkt erweist sich die Tatsache, dass die Geschichte nicht wieder im fernen Russland angesiedelt ist, sondern in London spielt. Vor der Haustür des Geisterjägers wird die bisweilen diffuse russische Bedrohung durch die Mitglieder der Loge Rasputins paradoxerweise recht stark deutlich.
Auch wenn diese Rezi jetzt nicht unbedingt vor Begeisterung sprüht, erhält der Roman in seiner Bewertung vier runde Kreuze. Der Autor unterhält im Großen und Ganzen gut und rehabilitiert sich in Hinsicht auf die 1686er-Luftnummer. John, Suko, Gabriel und Lisa haben zwar keine nennenswerte Tiefe, aber funktionieren in sich. Nicht zuletzt stellt der Schreiber seinen Humor unter Beweis: Die Szene, in der John und Suko von Jugendlichen für ein Schwulenpärchen gehalten werden, ist eine lustige Episode am Rande, die den insgesamt eher ernsten Roman etwas auflockert.
Fazit: Kurzweiliger und spannender Roman, der zwar kaum Gruselelemente aufweist, aber dafür einen dubiosen Charakter einführt, der weitaus unheimlicher werden könnte als so mancher Dämon.


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Iwan Smarow, dem Anführer der Erben Rasputins in London.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Sehr cooles und unheimliches Cover, das vor allem durch die riesenhaften Monsterfiguren mit ihren Maschinengewehren etwas sehr Bedrohliches bekommt. Iwan Smarow in der Mitte des Bildes strahlt eine unglaubliche Souveränität aus, die ihn sehr mächtig und brutal erscheinen lässt. Nicht zuletzt überzeugt das Setting, das eine extrem unheimliche Kühle ausstrahlt. Sehr, sehr gutes Titelbild!


Coverbewertung:
5 Kreuze