Gespenster-Krimi Nr. 78: Das Todeslied des Werwolfs
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"Gute Nacht, Jane", sagte Alice Rack. "Gute Nacht, Alice", erwiderte Jane
Bannister vor der Tür ihres Hauses. "Komm gut nach Hause." "Ist ja nicht
weit", sagte Alice. "Soll ich nicht doch mit dem Wagen..." "Ist wirklich
nicht nötig, Jane. Wieder ins Haus, sonst erkältest du dich noch."
Jane rieb sich fröstelnd die nackten Arme. "Scheußlich, dieser
Londoner Nebel, was?" Alice Rack lachte. "Der Nebel ist überall
scheußlich. Nicht nur bei uns in London." Sie wandte sich um und ging.
Jane schaute ihr nach, bis sie um die nächste Ecke verschwand, dann
trat sie frierend zurück und schloß die schwere Tür. In diesem
Moment löste sich aus der gegenüberliegenden Haustornische eine
große, kräftige Gestalt. Das Licht der Peitschenlampe erhellte
sein grauenerregendes Gesicht! Überall wucherten zottelige Haare, silbrig
schimmernd. Es war ein Fell, das das Gesicht des Mannes bedeckte. Und es
war eine Wolfsschnauze, die aus diesem furchterregenden Gesicht hervorsprang.
Dunkle Augen funkelten mordlüstern. Die lange, rosige Zunge leckte hungrig
über die Schnauze, in der die Fangzähne des Raubtiers wie weiße
Dolche blitzten. Es war ein Werwolf. Und er war auf der Suche nach einem
Opfer.
von A.F.Mortimer, erschienen am 11.03.1975
Rezension von
Stefan (Lobo)
Albertsen:
Kurzbeschreibung:
Die 20jährige Alice Rack wird eines nachts von einem Werwolf ermordet.
Der Nachtwächter Hugo Brisson muß den schrecklichen Mord mitansehen.
Tony Ballard, der beschlossen hat nach London zu ziehen, und der ein geeignetes
Haus sucht, entdeckt in einer Zeitung die Meldung über den Mord und
beschließt nach Absprache mit seinem Finanzier und Partner Tucker
Peckinpah, sich des Falles anzunehmen, denn er vermutet, daß ein Werwolf
hinter dem Ganzen steckt. Er beginnt zu recherchieren und sein erster Verdacht
fällt auf den zurückgezogen lebenden, ehemaligen Boxer Jeremy Cool
(cooler Name!!), der nach einigen Treffern zu viel gegen die Omme einen
gehörigen Menschenhass entwickelte. Es kommt zu einem unangenehmen Treffen
im Garten Cools, in welchem Tony und Vicky von dessen vier Bluthunden umzingelt
werden und der zurückgezogen lebende Mann ihnen klarmacht, daß
er den Mord an Alice Rack irgendwie nicht so richtig schlecht findet. Tony
glaubt schon in Cool den Werwolf gefunden zu haben, doch in der darauffolgenden
Nacht tötet die Bestie den ehemaligen Boxer. Der nächste
Verdächtige wird Ken Rack - Bruder der toten Alice - und ein Gespräch
mit dessen Psychiater Dr. Cracken scheint die Lösung des Falles
tatsächlich zu bringen, denn der Arzt läßt die Schweigepflicht
außer Acht und spielt Tony und Vicky ein Tonband vor, auf dem zu
hören ist, daß Rack sich tatsächlich nicht nur für den
Mörder seiner Schwester hält, sondern auch für einen Werwolf.
Um noch weitere Informationen zu erhalten, sucht Tony noch einmal den
Nachtwächter Hugo Brisson auf, leider zu spät. Er wird noch Zeuge,
wie der Werwolf den alten Mann in seiner eigenen Wohnung zerfetzt. Zwar kann
Tony den Werwolf mit seinem magischen Ring etwas anschlagen, doch an dessen
Flucht hindert er ihn nicht. Tony trifft auf einen Inspektor von Scotland
Yard, der behauptet selber schon einen Werwolf erlegt zu haben und ihm daher
bei der Jagd nach der Bestie helfen möchte (nein, gemeint ist nicht
John Sinclair, sondern ein gewisser Inspektor Conan Brestovsky). Leider wird
Brestovsky, als er am späten Abend Unterlagen über die begangenen
Werwolfmorde durchliest, von eben jenem Monster angegriffen und getötet.
Allmählich wird es knapp für Tony und in seiner Verzweiflung sucht
er eine Hellseherin namens Mademoiselle Florence auf, die ihm tatsächlich
durch eine sehr eindrucksvolle und gefährliche Beschwörung weitere
Informationen vermitteln kann. Entweder ist Francis Stevenson - Ken Racks
Geschäftspartner - der Werwolf, oder aber er ist dessen nächstes
Opfer. Nun, er ist und wird beides nicht, denn Tony kann im letzten Moment
verhindern das die Bestie den Mann und dessen Geliebte tötet. Doch wer
ist denn nun der Werwolf? Wer verwandelt sich nächtens in jenes
blutrünstige Biest? Ken Rack? Oder gibt es da noch einen Unbekannten?
Meinung:
Also ich verrate die Auflösung mal nicht, nur so viel: Natürlich
wird der Werwolf entlarvt und schließlich auch vernichtet.
Tatsächlich ist "Das Todeslied des Werwolfs" der erste Tony Ballard
Roman nach "Die Höllenbrut", der mir mal wieder so richtig gefallen
hat. Auch wenn er nicht gerade ein Oberhammer-Spitzenroman ist, aber er ist
spannend, streckenweise sogar recht unheimlich und hat mich für zwei
Stunden gut unterhalten. Auch wenn Morland (oder besser damals Mortimer)
auch in diesem Roman gewisse Schwierigkeiten zu haben scheint einen gewissen
Fluß in seine Geschichte zu bringen, so kombiniert er doch neben
Althergebrachtem (das Werwolf-Motiv z. B.) auch einige Elemente, die die
Story gehörig würzen (die Frage nach der wahren Identität
des Werwolfs und Mademoiselle Florence beeindruckender Auftritt). Ja ja,
die Hellseherin hat mich schon beeindruckt, tatsächlich! Obwohl ich
Auftritte von Personen ihrer Zunft in Horror-Romanen nicht unbedingt
begrüße, so fand ich doch die Beschreibung ihrer kleinen
Beschwörung, in der sie sich tatsächlich vollständig in den
Werwolf hineinversetzt und sogar in ihn verwandelt, klasse in Szene gesetzt
und so richtig spannend. Auch der Umstand, daß Vicky Bonney nicht
automatisch zur Geisel oder zur hypnoseumgeformten Gegnerin Tonys wird,
begrüße ich sehr. Tatsächlich agiert Tony in diesem Roman
zum ersten Mal wirklich wie ein echter Dämonenjäger, der am Ende
dem Bösewicht sogar eine Falle stellt, ihn entlarvt und dann den Garaus
macht. Alles in Allem ein gelungener und spannender Roman, der jedoch in
der falschen Reihenfolge erschien. Tatsächlich ist die Chronologie wohl
etwas durcheinandergeraten, denn die Vernichtung des Werwolfs wird bereits
im vorangehenden Tony Ballard-Roman GK
72 "Die Feuerbestien" erwähnt, obwohl sie erst in dieser Story
stattfindet. Na ja, wie ich schon bei der Rezi zur o. g. Geschichte
erwähnte: Kein echter Beinbruch! Kurzes Fazit: Spannend, manchmal etwas
holprig, aber um Längen besser, als die anderen TB-Romane nach "Die
Höllenbrut".
Besonderheiten:
Tony und Vicky ziehen nach London und suchen eine neue Behausung!
Dieser Roman wurde in der Chronologie mit
GK 72 "Die Feuerbestien" vertauscht!
3 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Auch hier ist eine deutliche Steigerung festzustellen. Beim Anblick dieses
Werwolfgesichts (soll das tatsächlich eins sein?) schüttle ich
mal ausnahmsweise nicht den Kopf und wende den Blick ab. Nein, diese Fratze
ist sogar etwas unheimlich und deswegen vergebe ich hier mit Freuden:
Coverbewertung:
Rezension von
Benfi:
Kurzbeschreibung:
Tony und Vicky haben sich bei ihrer Suche nach einem Haus am Rande von
London/England in einem Hotel niedergelassen und lesen in der Tageszeitung
von dem grausamen Mord an der jungen Frau Alice Rack. Tony vermutet schnell
einen Werwolf hinter dem Täter und verfolgt allerlei Spuren in diesem
Fall. Sein erster Verdacht, dass der unsympathische Boxer Jeremy Cool, welcher
direkt beim Tatort wohnt, eben jener Werwolf sein könnte, erlischt als
dieser das nächste Opfer wird. Mit Hilfe des Detektiv Inspektor Conan
Brestovsky, welcher in seiner Laufbahn schon mal einen Werwolf erlegt hat,
verfolgen sie nun den Bruder des ersten Opfers, der bei seinem Psychiater
Dr. Cracken ein Geständnis abgelegt hat, ein Werwolf zu sein und nicht
auffindbar ist. Aber auch dies ist leider der falsche Verdacht, wie ihnen
bald schmerzlich aufgezeigt wird!
Meinung:
Während seiner Umzugsgedanken rutscht Tony in einen recht einfach
aufgebauten Werwolf-Fall. Und ebenso einfach ist auch die Spannung und Action
des Romans. A.F. Mortimer verzichtet dazu auf grundsätzliche Werwolf-Regeln,
wie zum Beispiel, dass Verletzungen durch diese Geschöpfe den Keim des
Ungeheuers übertragen. Es gelingt dem Autor zwar relativ lange, die
Identität der Bestie dem Leser zu verheimlichen, doch das bringt den
Roman auch nicht in die Oberliga der Werwolf-Gruselromane! Bewerten möchte
ich übrigens nicht, dass der vierte TONY-BALLARD-Roman in der
GESPENSTER-KRIMI-Reihe nach dem fünften erschien. Muß für
den Leser aber 1975 höchst ärgerlich gewesen sein.
Besonderheiten:
Erscheinungsdatum: 10.03.1975
Subserie: Tony Ballard 04
- der vierte Roman der Subserie erschien nach dem fünften
(GK072)
- Tony und Vicky ziehen erst in ein Hotel später in eine möblierte
Wohnung nach London
- Mademoiselle Florence weissagt Tony ein weiteres Duell gegen den Blutgeier
(GK 064)
2 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Der Werwolfskopf passt vielleicht zum Roman, ist aber nicht so sehr gruselig
- eher langweilig!
Coverbewertung:

Das selbe Cover wurde auch für den Silber-Grusel-Krimi Nr. 195
verwendet.
Weitere Zusatzhinweise kommen von Michael Schick:
Der Werwolf war außerdem auch auf dem Cover dieses Magazins verwendet
worden, welches im Jahr 1973 innerhalb der spanischen Comic-Reihe HORROR
erschienen ist:
Auf dem Cover eines weiteren spanischen Comic-Magazins (SELECCION TERROR
Nr. 17 aus dem Jahr 1973) war der Werwolf ebenfalls abgebildet:
Der Werwolf stammt aus dem schwarz-weiß Horrorfilmklassiker "Werewolf
of London" von 1935.
Er ist unter anderem auch auf dem DVD-Cover des Films abgebildet: