Geisterfänger Nr. 13: Die schwarze Macht
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Poul Grant erreichte Nashville in den späten Abendstunden. Er folgte
dem Wegweiser und hielt vor der beleuchteten Kneipe am Rande des Dorfes.
Zimmer frei! verkündete ein Schild. "Nashville!" murmelte er. Es klang
abfällig. "Ein verschlafenes Nest. Hoffentlich geht mir die Ruhe nicht
zu sehr auf die Nerven." Er streckte die Arme und gähnte herzhaft. "Na
ja, Hauptsache, ich finde eine Schlafstätte für die Nacht." Mit
diesen Worten stieg er aus und sah sich um. Sein erster Eindruck blieb
ungetrübt. Nicht einmal aus der Kneipe drang ein Laut. Aber am Himmel
braute sich ein Unwetter zusammen. Poul Grant stieß den Wagenschlag
zu. Dem uralten klapprigen Ford gab er einen Klaps: "Mach keine Dummheiten,
alter Knabe, hörst du?" Er sagte es voller Ernst, und es gab keinen
Lauscher, der sich über diese eigenartige Marotte hätte wundern
können. Poul Grant ging mit steifen Schritten zum Eingang der Dorfkneipe.
Als er die Tür öffnete, erschrak er. Hier war es alles andere als
ruhig. Laute Musik klang ihm entgegen. Wieso hatte er sie draußen nicht
vernommen? Unwillkürlich betrachtete er die Tür. War sie
schallisoliert? Nichts dergleichen! Kopfschüttelnd trat er ein. Die
Gaststube war leer. Die Tür hinter demTresen stand offen. Niemand zeigte
sich. Poul Grant schritt hinüber und hieb auf die Tischklingel. "Moment,
Moment!" meldete sich prompt die ärgerliche Stimme einer Frau. "Es wird
doch nicht gleich um Leben und Tod gehen, oder?" Poul stützte die Arme
auf und wartete. Die Gaststube wirkte nicht sehr gepflegt. Überall
blätterte die Farbe ab, die Möbel wirkten brüchig und der
Holzfußboden hatte lange keinen Schrubber gesehen. Der Besucher nickte
vor sich hin. "Sehr rustikal!" bemerkte er mit leiser Ironie. "Wie bitte?"
Die Frau stand plötzlich in der offenen Tür, wischte ihre Hände
an der Küchenschürze ab.
von W.A. Hary, erschienen am 22.08.2006
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Der Schriftsteller Poul Grant macht mit seinem alten Ford Rast in Nashville,
einem verschlafenen Nest im Herzen Englands. Dort beschwört der Wirt
Bonar Harlem finstere Mächte um seine finsteren Absichten verfolgen
zu können. Glücklicherweise ist Poul immun gegen magische Angriffe
und beschließt mit seinem Ford, in dem der Geist eines reumütigen
Schwarzmagiers steckt, gegen Bonar Harlem vorzugehen. Der ist gar nicht erfreut
über Pouls Erscheinen, der kaum, dass er in Nashville eingetroffen ist,
die vernachlässigte Frau des Wirtes tröstet. Poul wird von Bonar
Harlem gefangen genommen. Nun liegt es an Groman, Pouls altem Ford, den Karren
aus dem Dreck zu ziehen
Meinung:
W.A. Hary, bekannt geworden durch seine Serie "Mark Tate", beschert uns einen
Einzelroman, den er als Frank de Lorca für den Gespenster-Krimi geschrieben
hat. Die Story erinnert an eine Mischung aus "Knight Rider" und "Hui Buh",
genauso wenig ernst nehmen sollte man sie auch. Augenzwinkernd erzählt
der Autor eine Gruselgeschichte, die leider nicht richtig in Fahrt kommen
will. Eine Gruselatmosphäre sucht man vergebens und die Handlung
plätschert seitenlang ohne Spannungsspitzen vor sich hin. Die plumpen
Annäherungsversuche Pouls gegenüber der Wirtsfrau sind ein wenig
zu albern und umso verblüffender ist das Ergebnis, was nur unterstreicht,
wie liebesbedürftig die arme Frau wirklich ist. Andererseits gehört
Poul Grant zu jener Sorte unerschrockener, gut aussehender Geisterjäger
bzw. Geisterfänger, denen die Frauen gleich scharenweise zu
Füßen legen. Lesenswert ist der Roman allein wegen der sympathischen
Darstellung des Autos Groman, welches sich arg zu mokieren versteht, wenn
man es als einen "alten Ford" tituliert. Der Bösewicht erscheint
zunächst als der übliche dummdreiste Schurke, der aber dieses Mal
einen wirklich originellen Einfall hat, in dem er weiße Magie als Waffe
benutzt. Doch insgesamt reichen diese Aspekte nicht aus, um den Roman zu
einem Highlight der Reihe zu machen. Auch wenn dieses Mal ein Roman der
legendären Gespenster-Krimi-Reihe nachgedruckt wurde, so fügt sich
das Heft nahtlos in die Reihe der durchschnittlichen
Geisterfänger-Geschichten ein.
Besonderheiten:
Der Roman erschien erstmalig 1979 als
Band 324
unter dem Pseudonym Frank de Lorca in der Reihe "Gespenster-Krimi".
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover ist ganz gut gelungen und passt von seiner Farbgebung her perfekt
zum Geisterfänger-Schriftzug. Der Mann sieht zwar aus wie "John Sinclair",
aber in den siebziger und achtziger Jahren sah ja fast jeder zweite
Geisterjäger so aus. Natürlich hat das Bild so gar nichts mit dem
Inhalt zu tun, denn es kommt weder ein Kerker mit einem alten Tattergreis
darin vor, noch zwei dämonische Samson-Verschnitte.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Geisterfänger Romans Nr. 13 war zuvor auch schon auf
dem Cover des Damona King Romans Nr. 68 verwendet worden: