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Am Anfang verspürte Margit Rathje nur eine ungewisse und irgendwie
unerklärliche Furcht, die sie veranlasste, ihre ohnehin hastigen Schritte
noch mehr zu beschleunigen. Sie wußte auch nicht, weshalb sie sich
häufiger als an den vorangegangenen Abenden umschaute und den bereits
zurückgelegten Teil der Straße mit den Blicken absuchte. Erkennen
konnte sie nichts. Jedenfalls nichts, was ihr nicht schon vorher hätte
auffallen müssen. Dichte verfilzte Buchenhecken schirmten die einsam
daliegenden Vordergärten gegen neugierige Blicke von außen ab.
Die Häuser, von denen ohnehin nur die Umrisse zu erkennen waren, wirkten
wesenlos und abweisend wie tote Steinklötze. In den Vorgärten kauerten
Büsche, die im kalten Licht des Mondes ihre Zweige wie bizarre
Auswüchse in den Himmel reckten. Gnomenhaft und in abwartender Stille
lauerten sie, und keine Bewegung der Frau schien ihnen zu entgehen. Die
Straße, die Margit benutzte, war typisch für einen Hamburger Vorort.
Eine Doppelreihe von Betonplatten befestigte das Trottoir, welches von dem
dichten Blätterdach der alten Linden fast völlig beschirmt wurde.
Das Kopfsteinpflaster glänzte wie poliert. Durch das Dach der Laubkronen
drang das Mondlicht nur sporadisch. Vereinzelt überwog auch die diffuse
Beleuchtung der altmodischen Gaslaternen. Unter Margits dahineilenden Sohlen
knirschten einzelne Kieselsteine und Sand. Dieses Geräusch erschien
ihr plötzlich überlaut, und unwillkürlich verlangsamte sie
ihren Schritt. Schließlich blieb Margit stehen, um sich erneut umzuschauen.
Aber das Geräusch, welches ihr vorher Angst gemacht hatte, war immer
noch zu hören, obwohl auch das eilige Klappern ihrer Absätze verstummt
war. Es waren fremde Geräusche -jemand verfolgte sie! Eine schemenhafte
Bewegung verriet Margit, daß der Verfolger blitzschnell hinter einen
Baum gehuscht war.