Vampir-Horror-Roman Nr. 281: Hinter den Mauern des Grauens
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Die weiß gekleidete Krankenschwester erhob sich abrupt. Ihre kleinen,
dunklen Augen hinter den kreisrunden Brillengläsern funkelten misstrauisch.
"Was soll das, meine Herren?" fuhr sie die beiden Männer an, die die
Glasbox am Eingang der Etage zu passieren versuchten. "Was treiben Sie um
diese Stunde im Krankenhaus?" Schwester Teresa war eine resolute Person,
die sich ihrer Verantwortung voll bewusst war. Sie hatte Wachtdienst und
beaufsichtigte die vierte Etage des St. Patrick Hospitals in Marseille. Hier
oben waren die schweren Fälle in Einzelzimmern untergebracht, aber auch
Verletzte, für die die Polizei sich interessierte und an deren Isolierung
den Behörden gelegen war. Dementsprechend scharf waren die Maßnahmen,
die die Krankenhausleitung zur Absicherung der Abteilung getroffen hatte.
Die beiden Männer sahen in der Tat wenig vertrauenerweckend aus, Der
Umstand, daß beide sich mit weißen Ärztekitteln
ausgerüstet hatten, trug wenig dazu bei, sie seriöser erscheinen
zu lassen. Im Gegenteil, ihre Aufmachung ließ vermuten, daß sie
Böses im Schilde führten. Beide waren um die 50 und fielen auf
durch ihr ungekämmtes, verfilztes Haar, durch unreine, pickelige Haut
und fast zahnlose Münder, durch vom Alkoholgenuss gerötete Augen
und eine düstere, ganz allgemeine Ausstrahlung krimineller Energien.
Die Männer schauten sich an, ihr kurzer Blick enthielt ein stummes Signal.
Schwester Teresa empfand es als bedrohlich. Sie fackelte nicht lange.
von Cedric Balmore, erschienen 1978, Titelbild: Sebastia Boada
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Gonzales Tartessos liegt
im Krankenhaus, nachdem er seinen Lemuronbuckel verlor. Obwohl er dem Hexenhammer
Derek Hammer am Ende des Vorbandes noch versprach, ihn nach Spanien zum Gut
des Magus zu bringen, wo sich angeblich die Statue von Atlantis befindet,
die er als sein Eigentum betrachtet, will er jetzt entkommen und heuert
dafür ein paar Schläger an, die ihn befreien sollen. Das geht
natürlich schief. Dafür holt ihn Hammer aus dem Krankenhaus und
sie fliegen im Privatjet des PSI-Instituts nach Dias Plajas.
Dabei verschweigt Gonzales dem Hexenhammer diverse Einzelheiten. Er arbeitete
für den Gutsbesitzer Emilio Diaz-Plaja, dessen Identität der Magus
übernahm. Dann heiratete der Magus die Banshee Danae und ließ
sie von Gonzales lebendig einmauern, als sie aufmüpfig wurde. Nun wartet
ihr Geist auf dem Gut und will sich rächen. Aber Gonzales will trotzdem
unbedingt seinen Gott Arganthonis holen.
Vor Ort wird klar, dass das Gut von Wächtern mit dem Lemuronbuckel bewacht
wird. Unsere Helden steigen in der Kaschemme des zwielichtigen Rios ab, der
ein Mädchen gefangen hält. Oder auch nicht. Die beiden können
sich nicht auf eine Version einigen. Janet ist eine Ausreißerin. Hammer
hilft ihr. Vor allem, als einer der buckligen Gutswächter ihr nachts
einen Besuch abstattet und ihr Blut saugt. Als Rios dazwischengeht, weil
er Hammer nicht glaubt, dass er Janet nur beschützen und gar nicht an
die Wäsche wollte, wird er von Hammer kunstfertig
verprügelt.
Hammer lässt sich vom Vampiropa Napoleon Drakula - der hier den ganzen
Roman über Bonaparte Drakula heißt - als angeblicher Gefangener
in Ketten auf das Gut bringen. Der Geist von Danae ergreift von Tartessos
Besitz und will ihn im Meer ertränken; als Vesta dazwischengeht, ergreift
sie von Vesta Besitz. Hammer befreit seine Freundin von dem Geist ihrer
Banshee-Schwester. Gonzales aber bleibt verschwunden. Die Hammer-Crew befreit
alle Wächter vom Buckel, begräbt Danaes sterbliche Überreste
und wartet auf den Magus, der die Statue holen will. Zwischendurch prügelt
sich Hammer noch einmal mit dem schurkischen Rios, der ebenfalls für
den Magus arbeitet, lockt ihn aufs Dach, wo er sich in den brennenden Mann
verwandelt, und lässt den Schurken in den Tod stürzen.
Der Magus kommt mit einigen Berbern aus Marokko angeritten, tut so, als
wüsste er nicht genau, wer Hammer eigentlich ist, und sperrt ihn und
Nappy auf seinem Schiff ein, das mit der Statue nach Afrika übersetzen
soll. Gefangen in einer Kabine hat Hammer dann die Vision, wie er als brennender
Mann zurück zum Gut fliegt und verhindert, dass der Magus die Entbuckelten
aus Rache exekutiert. Allerdings bleibt Hammer dabei die ganze Zeit bewusstlos
auf dem Schiff liegen, wie Nappy später bezeugt, statt sich selbst in
den brennenden Mann zu verwandeln. Natürlich kann der Hexenhammer den
Magus wie immer nicht besiegen, sondern nur vertreiben. Am Ende tuckern Hammer
und Nappy nach Marokko und hoffen, dass Vesta und Red ihnen mithilfe des
Banshee-Amuletts, das Hammer noch immer hat, folgen können.
Meinung:
Das ist der einzige Beitrag von Cedric Balmore alias Heinz Ködelpeter
für den Hexenhammer. Angeblich arbeitete Ködelpeter nicht gern
nach fremden Exposés. Liest man diesen Roman, ahnt man auch, warum
das so war :-) Hier stimmt aber auch gar nichts. Allerdings trifft den Autor
nicht allein die Schuld. Auch das Lektorat war an diesem Tag auf Betriebsausflug
oder im Streik.
So heißt der Vampiropa mit den dritten Zähnen dieses Mal mit Vornamen
Bonaparte statt Napoleon, und das nicht nur einmal, sondern so gut wie in
jeder Szene, in der er vorkommt. Und er kommt als Hammers Stichwortgeber
häufig vor. Aber von all dem Unsinn, der sich hier anhäuft, ist
das noch der Harmloseste.
Ein Widerspruch jagt den anderen. Landeten die vom Buckel befreiten
Lemuronsklaven im Vorband noch im Krankenhaus, weil sie große Verletzungen
erlitten, genesen sie hier von selbst über Nacht. Der Zeitrahmen mit
Gonzales´ Versklavung stimmt nicht mit dem Vorband überein. Die
Charakterisierung der Figuren stimmt nur rudimentär. Hammer mutiert
hier zum superselbstsicheren, smarten Helden mit harten Fäusten, der
mühelos zuschlagen kann und wie Kommissar X immer den Punkt trifft.
Sicherlich ist das Konzept des Überichs, des brennenden Mannes, flexibel
in seinen Fähigkeiten, aber hier agieren Hammer und sein Überich
plötzlich zum allerersten Mal getrennt voneinander. Der Magus scheint
Hammer nicht zu kennen was dem Leser befremdlich erscheint, hat der Hexenhammer
ihm mittlerweile 8 Pläne versaut und diverse Helfer ausgeschaltet.
Dafür weiß ein Handlanger wie Tartessos über die Séance
auf Pooka Manor vor 20 Jahren und den jungen Joey Crocker Bescheid. Muss
eine richtige Plaudertasche sein, der Magus, wenn er noch dem Hilfspersonal
die Einzelheiten seiner gescheiterten Pläne erzählt. Diverse
Nebenhandlungen werden nicht aufgelöst. Warum der eine Buckelträger
plötzlich zum Möchtegernvampir mutiert und das Mädchen angreift,
bleibt offen. Die Statue aus Atlantis, um die sich eigentlich alles dreht,
wird mit zwei Sätzen beschrieben und glänzt dann durch Abwesenheit.
Wie Vesta die eingemauerte Banshee-Schwester findet, wird auch nicht geschildert.
Da hätte ja mal Gruselatmosphäre aufkommen
können.
Dafür wird alles seitenweise von den Figuren immer wieder rekapituliert
und in teils unterirdischen Dialogen zerredet. Hammer und seine Freunde geben
einen fürchterlichen Unsinn von sich, aber das gilt auch für alle
anderen Figuren. Allerdings bringt unser Held seinen üblichen Satz an,
dass er Gewalt verabscheut - offensichtlich musste das mindestens einmal
in jedem Roman als klare Botschaft niedergeschrieben werden -- was ihn trotzdem
nicht daran hindert, den fiesen Wirt ziemlich kaltblütig und
hinterhältig vom Dach stürzen zu lassen.
Nun ist Balmore auch bei vielen anderen Beiträgen zur Vampirreihe ein
frustrierender Autor. Mit den Horrorelementen hatte er es zwar nie so richtig,
das ist meistens schwach und ohne jede Atmosphäre, aber seine Handlungen
waren größtenteils geschickt entwickelt und stilistisch gut bis
überdurchschnittlich gut erzählt. Aber was er hier abliefert, zeigt
deutlich, dass er die Serienfiguren nicht richtig verstanden hatte, die Vorromane
nicht ausreichend oder gar nicht kannte und mit dem Expose nicht klarkam.
Ein in jeder Hinsicht misslungener Roman, der für alle Beteiligten peinlich
ist.
Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 9
- Einziger Hexenhammer-Roman von Cedric Balmore
0 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Wäre der Roman nur halb so gelungen!
Coverbewertung: