Vampir-Horror-Roman Nr. 279: Der Bucklige von Marseille
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Es war eine stürmische, kalte Januarnacht. Der Pferdekarren rumpelte
durch die engen, winkligen Gassen der Altstadt von Marseille. Zwei Mähren
zogen ihn, die aussahen, als wären sie beim Abdecker gestohlen worden.
Auf dem Kutschbock saß ein Buckliger in schäbigem Mantel. Sein
Gesicht war ungesund aufgequollen. Eine Narbe zog sich vom rechten Augenwinkel
quer über die Wange. Der Bucklige hatte einen alten Zylinder auf, von
dessen Rand der Regen troff. Der Wind pfiff um die Ecken. Wolken jagten vor
dem bleichen Vollmond dahin. Kein Mensch war auf der Straße. Das
Mädchen, das neben dem Buckligen auf dem Kutschbock saß, war in
ein schwarzes Umschlagtuch gehüllt. Ihr rotes Haar war naß. Das
Mädchen fror und zitterte. Es hieß Janine Defrere und war gerade
neunzehn Jahre alt. Janine stammte aus einem Vorort von Paris. Im Sommer
war sie an die Cóte d'Azur gekommen, um etwas zu erleben. Janine hatte
einiges erlebt, aber jetzt war es Winter und kalt, und Janine, die es nach
Marseille verschlagen hatte, hatte kein Dach über dem Kopf. Sie war
verzweifelt. Der Bucklige hatte sie in einer Kneipe am Hafen aufgelesen.
Janine wußte von ihm nur, daß er Gonzales Tartessos hieß
und spöttisch "König von Atlantis" oder "Der Atlanter" genannt
wurde. Er war ein Trödler und Sonderling. Der Bucklige hatte freundlich
mit Janine gesprochen und ihr eine Bouillabaisse bezahlt. Er wollte sie bei
sich übernachten lassen. Trotz seines Buckels und seines nicht gerade
ansprechenden Gesichts konnte Gonzales Tartessos seinen Mitmenschen Vertrauen
einflößen, wenn er wollte.
von Earl Warren, erschienen 1978, Titelbild: Sebastia Boada
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Die Hetzjagd durch Europa
auf den Magus geht weiter. In Marseille lebt der Trödler Gonzales Tartessos,
ein Sonderling, den seine Bekannten auch spöttisch den "König von
Atlantis" nennen, da er angeblich eine Götterstatue aus Atlantis besitzt.
Er gehört einem lockeren okkulten Zirkel an. Seit kurzem hat Tartessos
einen Buckel. Er entführt die junge obdachlose Janine und begräbt
sie auf einem Fabrikhof.
Der zahnlose Vampiropa Napoleon Drakula führt Derek Hammer, den Hexenhammer,
und seine Freunde Vesta und Red nach Marseille. Er kennt Tartessos, der angeblich
Verbindungen zum Magus hat. Dazu stellt er Hammer den magischen Zirkel vor,
der sich als Kuriositätensammlung entpuppt. Eine Sammlung in die Jahre
gekommener trauriger Gestalten wie die uralte Comtessa Paola Sforzi, die
Nappy schöne Augen macht, oder den Zauberkünstler Prinz von
Batterfield, der nicht mal mehr den simpelsten Trick hinbekommt, weil ihn
eine Banshee eine von Vestas Artgenossinnen - verflucht hat. Alle sind sich
einig, dass mit dem König von Atlantis etwas geschehen ist.
Die Spur führt zum Industriellen Verlon, der ebenfalls zum Kreis des
Magus und Prof. Heydens gehörte. Wie sich herausstellt, lebt Verlon
nun in Angst vor dem Magus. Hammer, Red und Vesta können nicht verhindern,
dass der Trödler Verlons schöne Tochter Helene entführt und
mit einem Buckel infiziert. Diese Buckel entpuppen sich als
Lemuron-Ableger.
Schließlich wird Hammer von Tartessos überwältigt, bekommt
wie alle einen Jungbuckel verpasst und wird wie die entführten Mädchen
lebendig begraben, damit der Ableger seinen Wirt übernehmen kann. Aber
der Hexenhammer, Hammers Überich, übernimmt seinen Körper
und landet in Lemurons Zwischenreich, wo er sich einen Kampf mit dem Dämon
liefert, den er natürlich gewinnt. Wie immer ist Hammer selbst bei den
Aktivitäten des brennenden Mannes, in den sich sein Überich stets
verwandelt, nur hilfloser Beobachter im eigenen Körper.
Aber Vesta, Red und Nappy wollen Hammer mithilfe des Kuriositätenkabinetts
retten und überwältigen Tartessos und seine Buckelsklavinnen. Mit
Feuer und Öl befreien sie alle von den Dämonenparasiten, die sie
dann verbrennen. Am Ende verspricht der dankbare Tartessos, Hammer zu einem
Gut im Guadalquivier-Delta in Spanien zu führen, wo er einst seine
Atlantis-Statue zurücklassen musste, auf die nun der Magus scharf ist.
Meinung:
Das ist der erste Hexenhammer von Walter Appel. Diesmal größtenteils
in der Ersten Person aus Hammers Sicht erzählt bringt er einigen Schwung
in die Geschichte. So stört es kaum, dass die Aktivitäten des Magus
zunehmend an die Meisterpläne von Dr.Evil erinnern. Mal ernsthaft, Lemuron
und Magus wollen die Welt beherrschen, und dazu brauchen sie einen alten
Trödler und eine Mannschaft aus hübschen jungen Mädchen mit
einem Buckel? Wozu? Damit sie für ihre Vulkanbasis oder wo auch immer
das Superschurken-HQ liegt das entsprechend dekorative Schurkenpersonal haben?
Doch mittlerweile hat man sich als Leser daran gewöhnt, dass die Bösen
im Hexenhammer völlig inkompetent sind und das Ganze ziemlich sinnfrei
ist. Und so ist es auch keine große Überraschung, dass der Haufen
aus ergrauten Möchtegernmagiern Tartessos´ Mannschaft ziemlich
mühelos unschädlich macht, wobei niemandem ein Haar gekrümmt
wird. Schließlich hasst Hammer bekanntlich Gewalt, wie er nicht müde
wird zu verkünden. Mehrmals. Damit es auch alle begreifen.
Eine nette Abwechslung ist der Kampf zwischen Hammers Überich und Lemuron,
der für etwas magische Action sorgt und dadurch gewinnt, in der Ersten
Person erzählt zu werden. Und auch wenn man über Lemurons
Schurkenpläne nur den Kopf zu schütteln vermag, liegt Walter Appel
der wenig subtile Stoff offensichtlich. Er stürzt sich mit Begeisterung
auf das B-Movie-Niveau der Serie und weiß das launig und mit viel Schwung
zu erzählen. So ist das zwar kein guter Gruselroman, auch wenn die
Anfangszene da durchaus noch Hoffnungen weckte, aber fairerweise muss man
sagen, dass es ganz witzig zu lesen und durchaus unterhaltsam ist.
Besonderheiten:
Hexenhammer Nr. 8
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Ein Buckliger und ein junges Mädchen. Und ein Sarg. Alles da. Aber irgendwie
will sich da keine Atmosphäre einstellen.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Dieses Motiv wurde später auch noch auf dem Gespenster-Geschichten
Comic-Spezial Nr. 39 verwendet: