Vampir-Horror-Roman Nr. 267: Der Werwolf und die Hexen

Vampir-Horror-Roman Nr. 267: Der Werwolf und die Hexen


"Pooka, Pooka, Streck deine Hörner aus!" rief Derek Hammer mit eigenartiger Zurückhaltung über die Grabsteine hinweg, als befürchtete er, daß zu lautes Rufen die Toten wecken könnte. Dabei war der junge Parapsychologe keineswegs abergläubisch. Aber die vorangegangenen Ereignisse hatten ihn zum Umdenken gezwungen. "Laß uns wieder gehen", bat Vesta Banshee, die kleine, zierliche Irin mit dem vollen, roten Haar, und drängte sich fröstelnd an ihn. "Es heißt, daß der Pooka Grabschänder, die die Ruhe der Toten stören, oft fürchterlich bestraft." "Wir sind keine Ruhestörer", erwiderte Hammer. "Der Pooka hat mich zum Friedhof bestellt." "Wer weiß, vielleicht hast du dir alles nur eingebildet." Hammer mußte sich unwillkürlich fragen, was er sich tatsächlich alles nur eingebildet und was er wirklich erlebt hatte. Die Geschehnisse waren so phantastisch und haarsträubend gewesen, daß es ihm fast unglaublich schien, dies alles in so kurzer Zeit durchgemacht zu haben. Aber wie auch immer, er war dadurch dermaßen aufgewühlt, daß er nicht mehr in der Lage war, die Situation nüchtern zu betrachten. Pooka Manor, das Schloß, wo sich das alles abgespielt hatte, war nicht weit vom Friedhof entfernt, und die Geschehnisse selbst lagen nur wenige Stunden zurück. Dennoch war ihm, als gehörten sie bereits der fernen Vergangenheit an. Und in der Tat, sie hatten auch ein Stück Vergangenheit lebendig werden lassen - zumindest für ihn. Er hatte erfahren, daß er der Sohn des ehemaligen Schloßherrn war und mit fünf Jahren Zeuge eines so schrecklichen Vorfalls wurde, daß er die Erinnerung daran aus seinem Gedächtnis verbannte.


von Paul Wolf, erschienen 1978, Titelbild: ???
Rezension von Adee:


Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Derek Hammer und Vesta Banshee sind in Irland auf der Flucht vor dem Magus. Der Magus ist außer Derek der einzige Überlebende einer Seance, bei der der Dämon Lemuron beschworen wurde. Nun dient er seinem bösen Herrn. Derek will seine Identität herausfinden und den Mörder seiner Eltern der Gerechtigkeit zuführen.
Hammer beharrt auf seiner Überzeugung, dass sich alles parapsychologisch erklären lässt, aber Vesta sieht das anders. Sie will Hammer in ihr Heimatdorf Bansheeloe bringen. Unterwegs wird der Parapsychologe von bizarren Visionen heimgesucht, in denen er unter anderem von einem Werwolf gejagt wird. Und tatsächlich begegnen die beiden dem fahrenden Tierbändiger Fedor Orloff, der von seinem scheinbar debilen Helfer Zerberus begleitet wird. Bald erweist sich als Orloff als Verbündeter des Magus, während Zerberus eine Art von Werwolf ist. Als Orloff ihn auf Hammer hetzt, dringt der irgendwie zu dem Menschen hinter der Bestie durch und kann so flüchten.
Vesta schafft es, sie in ihr Dorf zu bringen, das von einem magischen Labyrinth geschützt wird. Zu seinem steigenden Unmut erfährt Hammer, dass er hier Gefangener ist. In Bansheeloe herrscht ein Matriarchat; die Banshees sind eine Art Hexen oder Feen. Es gibt sie nur in zwei Varianten; entweder sind sie jung und knackig oder alt und hässlich. Sie begeben sich nur in die Außenwelt, um sich einen präsentablen Mann zu angeln, der fortan nach ihrer Pfeife tanzt. Darum hat Vesta Hammer hierhergebracht. Um ihn zu heiraten. Die schöne und hinterhältige Dido will Vesta Derek aber ausspannen.
Hammer lernt den Hünen Crofton "Red" Dunbar kennen, der ebenfalls seiner Frau Xanthippe entfliehen will. Bis jetzt ist jeder Fluchtversuch durch die übernatürlichen Kräfte der Hexen gescheitert. Red ist ein Lebenskünstler, der mit einem Wettbüro Pleite ging. Hammer, der den verdacht hat, dass ihn Vesta absichtlich krank gemacht hat, damit er bleibt, will mit ihm fliehen.
Eine Intrige Didos bringt Hammer in die Gewalt Orloffs. Vor Reds erstaunten Augen verwandelt sich Hammer wieder in den tätowierten brennenden Mann ohne Gesicht, der Orloff und den Werwolf mit sanften Worten außer Gefecht setzt. Natürlich hat Hammer keine Ahnung, dass er es ist, der sich da verwandelt. Als er wieder zum Menschen wird, erlischt der Bann und der Werwolf tötet Orloff. Dann kommen die Weiber und töten den Werwolf.
Hammer hat genug von den Banshees. Als er und Red fliehen, werden gerade Dido und ihre Mutter zur Strafe einer Hexenprobe unterzogen. Eine Feuerprobe. Erweisen sie sich als echte Banshees, passiert ihnen nichts. Andernfalls verbrennen sie. Der sture Hammer kann das natürlich nicht zulassen und "rettet" Dido. Was dazu führt, dass sie schrecklich entstellt wird. Alle Banshees sind in Rage und verfluchen Hammer, Vesta hasst ihn nun, und er soll Dido heiraten, die ihn ebenfalls verflucht.
Hammer und Red ergreifen die Flucht, während Vesta Rachepläne schmiedet.


Meinung:
Auch der zweite HEXENHAMMER ist aus der Feder von Paul Wolf alias Ernst Vlcek, und falls noch die Hoffnung bestand, dass die neue Serie ein würdiger Nachfolger des seligen Dämonenkillers wurde, wird sie hier zu Grabe getragen.
Orloff und sein Irgendwie-Werwolf Zerberus sind vielleicht als Hommage an die uralten Universal-Gruselfilme gedacht, wo Frankensteins Ungeheuer von dem im Pferdegepann umherfahrenden Bösewicht hypnotisiert wird, aber im Irland von 1978 wirken sie einfach nur deplatziert. Hat der Magus keine besseren Schurken, die er ins Feld schicken kann? Und wieso steht Orloff in seinen Diensten? Das bleibt offen.
Die Geschichte mit den heiratswütigen Banshees, die sich nach der Hochzeit schnell in hässliche Weiber verwandeln, die ihre Männer mehr oder weniger knechten, mutet ebenfalls bestenfalls bizarr an. Wie viele seiner SF-Romane zeigen, hatte Vlcek ein Faible für derartige Ideen, aber hier liest sich das einfach nur öde und ohne einen Funken Ironie. Auch wenn die trostlose Atmosphäre des Dörfchens sicherlich zu den erzählerisch gelungeneren Teilen gehört.
Derek Hammer ist schon im zweiten Band zu gleichen Teilen ein schrecklicher Ignorant und ein hemmungsloser Gutmensch. Trotz seiner Erlebnisse muss er die schöne Dido natürlich vor dem Feuer und dem vermeintlichen Aberglauben der Banshees retten und dadurch ihr Leben zerstören. Und ist sich hinterher keiner Schuld bewusst.
Und sein übernatürliches Ich, der gesichtslose Tätowierte, ein immerhin potenziell interessantes Konzept, ist ebenfalls pazifistisch gesinnt. Ob er nun Orloffs Waffe ausschaltet statt den Mann selbst oder den Werwolf belabert, bis der brav Platz macht, das ist alles betont und bewusst jugendfrei. Und folgerichtig wird der böse Orloff von seinem eigenen Werwolf gemetzelt, als Hammer die Kontrolle verliert und sich zurückverwandelt, und der Werwolf fällt den Frauen zum Opfer. Schließlich darf unser Held nichts moralisch Fragwürdiges tun.
Die Geschichte zieht sich und ist schlichtweg langweilig, die vorhandenen interessanten Ansätze mit der irischen Geisterwelt werden nicht weiter entwickelt, und die Heldin Vesta kommt rüber wie eine Irre, deren Seelenheil davon abhängt, eine "gute Partie" zu machen. Als Gruselroman einfach nur schwach.


Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 2
- Das dritte Teammitglied Crofton "Red" Dunbar, der Mann fürs Grobe, hat seinen ersten Auftritt.


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Kommentare zum Cover:

Das Cover ist brauchbar, sicherlich kein Highlight. Nur die x-te und nicht sonderlich originelle Version des Lon Chaney-Werwolfs


Coverbewertung:
2 Kreuze