Vampir-Horror-Roman Nr. 203: Die menschenfressende Blume

Vampir-Horror-Roman Nr. 203: Die menschenfressende Blume


Germaine tastete nach der Nachttischlampe und knipste sie an. Die Lampenschirmöffnung wurde als leuchtender Kreis auf die Zimmerdecke projiziert. In seinem Zentrum befand sich ein fast Daumengroßer Blutfleck. Germaine blinzelte. Sie sah das Blut zum erstenmal. Vor ihrem Einzug hatte sie sämtliche Räume des Hauses renovieren lassen, selbstverständlich auch das Schlafzimmer. Einer der Handwerker mußte sich beim Arbeiten verletzt und das Malheur verursacht haben. Germaine setzte sich im Bett auf und griff nach ihren Zigaretten. Sie fragte sich warum sie nicht schlafen konnte. Am Bett konnte es nicht liegen- das hatte sie sich aus Paris mitgebracht. Die anderen Möbel hatte sie, abgesehen von ein paar kostbaren Erbstücken, Roger überlassen. Sollte er damit glücklich werden! Viel Zeit zum Glück blieb ihm ohnehin nicht mehr, denn sie hatte vor ihn zu töten. Germaine zündete sich eine Zigarette an, legte sich entspannt zurück und starrte auf den Blutfleck an der frisch geweißten Zimmerdecke. Germaine hatte schon viele Stunden damit verbracht, sich Rogers Ende auszumalen. Dies war nach der Scheidung und all den zuvor erlittenen, von ihm verursachten Demütigungen das einzige, was ihr Vergnügen bereitete. Roger hatte den Tod verdient, tausendfach. Es durfte kein leichter, kein einfacher Tod sein. Das war klar. Er ging darum, ein perfektes Verbrechen zu planen und auszuführen. Gleichzeitig kam es darauf an, Roger bewusst zu machen, wer dieses Ende gewollt und herbeigeführt hatte. Er muß langsam sterben, dachte sie.


von Cedric Balmore, erschienen 1977, Titelbild: N. Lutohin