Vampir-Horror-Roman Nr. 122: Dr. Satans grausiges Experiment
Brausender Lärm füllte Londons verkehrsreichsten Platz, den Piccadilly
Circus. Leuchtreklame zuckte von den Hauswänden. Auf den Gehsteigen
drängte sich die Menschenmenge. Steven Horn stoppte mitten im Schritt,
als sei er gegen unsichtbares Panzerglas geprallt. Er wurde von hinten
gestoßen. Jemand murmelte eine Entschuldigung. Zwei Teenager. dicht
vor ihm, sahen in sein Gesicht und kicherten. Er bemerkte nichts davon.
Sekundenlang schien sein Kopf wie blutleer. Seine Augen waren auf einen Punkt
weil vor ihm gerichtet. Es war Sandra. Jetzt beschleunigte sie den Schritt
und bog in die Shaftesbury Avenue ein. "Sandra!" Er spürte nicht, wie
sein Mund ihren Namen formte, wie er rief. Eine Passantin drehte sich um,
ging dann weiter.
von Jens Orlik, erschienen 1975, Titelbild: Carolus Adrianus Maria Thole
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Rennfahrer Steven Horn hat eine schlimme Zeit hinter sich. Eine schwere Krankheit
hat ihn beinahe das Leben gekostet, seine schöne Verlobte Sandra Hellcat
ist bei einem Autounfall gestorben. Da sieht er sie bei einem Spaziergang
durch London. Jeder Mensch hat einen Doppelgänger, aber diese
Ähnlichkeit ist unheimlich. Steven verfolgt sie in eine üble Kneipe.
Der Wirt des BLACK DEVIL behauptet, sie nicht gesehen zu haben. Steven
lässt nicht locker. Ein Gast, der ihm bestätigt, dass die Frau
tatsächlich dort war, wird kurz darauf erschossen. Und noch andere seltsame
Dinge gehen in London vor. Menschen verschwinden spurlos, eine Zeugin glaubt
einen sprechenden Gorilla gesehen zu haben.
Mithilfe eines Freundes stellt Steven eigene Nachforschungen an. Sandra kam
gerade vom Kontinent und hatte eine Beifahrerin namens Fanny, die ebenfalls
bei dem Unfall starb. Die Spur führt in die Klinik des aalglatten Dr.
Fiend. Kurz darauf entgeht Steven einem Mordanschlag. Eine schöne rothaarige
Frau verfolgt ihn. Ist es tatsächlich Fanny, die ebenfalls von den Toten
auferstanden ist? Steven weiß nicht mehr, was er glauben soll. Dann
kommt der Abend, an dem ihn ein sprechender Gorilla töten will ...
Meinung:
Das ist der zweite und letzte VHR von Jens Orlik alias Rolf Kalmuczak, der
später mit den TKKG-Jugendbüchern berühmt und beliebt wurde.
Auch wenn es letztlich mal wieder um einen irren Arzt geht, der in seiner
Freizeit Gehirne verpflanzt, ist das ein spannender und lesenswerter Roman,
der vor allem durch seine Charakterisierung und sorgfältige
Erzählweise auffällt. Mehr Gruselkrimi als Horrorroman, der klassischen
Erzählmustern folgt. Steven Horn ist ein glaubwürdiger Held, der
hart arbeiten muss, bis er das Rätsel gelöst hat. Das ist noch
ein Gruselroman aus der Zeit, in der Helden tatsächlich noch
überrascht waren, wenn sie mit dem Unheimlichen konfrontiert wurden,
und sich nicht mal eben im Ramschladen an der Ecke ein magisches Schwert
mit dem dazugehörigen Kreuz besorgten. Die Geschichte weist für
einen Roman dieser Art sehr viele teilweise auch überraschende Wendungen
auf; aus dem Stoff hätten andere Autoren vermutlich drei Hefte gemacht.
Das Ende ist etwas lahm, hat aber immerhin eine witzige bizarre Wendung.
Ein guter Roman, der zwar seinem Thema im Grunde nichts Neues abgewinnen
kann, der es aber ernst nimmt. Was einmal eine interessante Abwechslung
ist.
Besonderheiten:
Der Roman wurde unter dem Titel "Satans grausiges Experiment" als
Silber-Grusel-Krimi
Nr.
291 erneut veröffentlicht, sogar unter demselben Pseudonym :-)
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Ein stimmungsvolles Thole-Bild. Ein Friedhof, ein Untoter, ein schönes
Mädchen, viel Atmosphäre. Auch wenn es nichts mit dem Roman zu
tun hat, ist das vielleicht in diesem Fall ganz gut, verrät es doch
nicht sofort den Inhalt der Geschichte.
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Dieses Titelbild wurde auch noch auf der Dämonenkiller-Neuauflage Nr.
70 "Schreie des Grauens" verwendet:
Es war seitenverkehrt außerdem auch noch auf dem Einband der Ausgabe
"Moordende handen" innerhalb der holländischen Comic-Reihe "Bloederige
Verhalen" abgebildet: