Silber-Grusel-Krimi Nr. 46 (NA): Die Leiche aus der Kühltruhe
|
"Wie fühlst du dich?" fragte Linda Wallace. Die junge Frau musterte
ihren wesentlich älteren Mann eingehend. Gerome Wallace seufzte. Sein
dickes, schwabbliges Gesicht wirkte bleich und abgespannt. Gerome sah nicht
gut aus. Die Gesellschaft im Hause des ehemaligen Botschaftssekretärs
Frank Morton strengte ihn mehr an, als er wahr haben wollte. Auch wurde
gemunkelt. daß das beachtliche Vermögen des Endfünfzigers
die Hauptschuld daran trug, daß die fünfundzwanzig Jahre jüngere
Linda ihm das Ja-Wort gegeben hatte. Gerome Wallace war über solche:
Gerede erhaben. Für ihn war die Eheschließung die Erfüllung
eines sehnlichen Wunsches gewesen. An der Seite der rassigen, attraktiven
Linda fühlte er sich verjüngt und in bester Stimmung. Doch seit
einiger Zeit merkte er, daß sich etwas in ihm veränderte. Vor
Monaten hatte es schon begonnen, daß sein Herzschlag
unregelmäßig war, und oft Schwächezustände ihn heimsuchten.
Eine ärztliche Untersuchung war längst erfolgt, aber der Arzt sprach
von Überarbeitung, Überanstrengung und davon, daß er sich
mehr schonen müsse. Wallace befolgte den Rat, aber sein Zustand
veränderte sich nicht.
von Dan Shocker, erschienen am 25.06.1974, Titelbild: ???
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Gerome Wallace leidet an einem inoperablen Krebsgeschwulst. In der Hoffnung,
dass in nicht allzu ferner Zukunft ein Heilmittel gefunden wird, schließt
der Großindustrielle einen Vertrag ab, in dem er festlegt, dass er
sich einfrieren lässt, bis eine Heilung möglich ist. Als der klinische
Tod von Wallace schneller eintritt als erwartet wird alles nach den
Wünschen des Todkranken erfüllt. Doch etwas läuft gewaltig
schief, denn plötzlich erwacht Gerome Wallace in seiner Kühltruhe
und entsteigt seinem kalten Grab. Ein lebender Toter, dessen Psyche erheblich
Schaden genommen hat. Als Gerome dann erfährt, dass seine um viele Jahre
jüngere Frau Linda ihn seit längerem mit einem guten Freund
betrügt, brennen bei der lebenden Leiche sämtliche Sicherungen
durch und ein grausamer Rachefeldzug nimmt seinen Anfang. Larry Brent wird
auf den Fall aufmerksam, als ihn ein befreundeter Psychiater auf den Fall
einer jungen Frau hinweist, die sich von einer grauenhaften Gestalt verfolgt
sieht. Was zunächst als Halluzinationen abgetan wird, erweist sich bald
als Irrtum. Denn die junge Frau namens Sandy Jovlin ist das uneheliche Kind
eines gewissen Gerome Wallace, der vor kurzem angeblich verstorben ist ...
Meinung:
Der Roman beginnt zunächst sehr verhalten und beschreibt ausführlich
die Situation des Gerome Wallace, bevor es zur Sache geht. Auch die Handlung
um Sandy Jovlin und Larry Brent kommt erst zögerlich in Gang und hat
zunächst nichts mit den Ereignissen um Gerome Wallace zu tun. Die
Fäden werden erst später verknüpft und dort wird auch wieder
der Einfallsreichtum des Autors deutlich und sein Talent neueste Theorien
und Erkenntnisse der Wissenschaft in einer für den Leser unterhaltsamen
Form zu verpacken. Dass das oftmals die Grenzen der Glaubwürdigkeit
sprengt nimmt Dan Shocker dabei billigend in Kauf. Gerade im vorliegenden
Roman wirkt die Erklärung, weshalb Gerome Wallace an zwei Orten gleichzeitig
sein kann, bestenfalls fantastisch. Im schlimmsten Fall könnte man sie
als hanebüchen abtun. Leider ist auch das Finale eher fad und wird innerhalb
weniger Zeilen abgehandelt. Auch wenn die Rachestory ziemlich vorhersehbar
war, hätte der Autor mehr Zeit in die Ausarbeitung derselben verwenden
können und die Nebenhandlung mit Sandy Jovlin nicht so auswalzen
müssen.
Fazit: Sehr durchschnittlicher Larry Brent-Roman, der routiniert erzählt
wurde aber den Leser mit einer sehr gewöhnungsbedürftigen
Auflösung konfrontiert.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild wurde seitenverkehrt auch schon auf dem australischen Comic-Magazin
DOOMSDAY Nr. 9 verwendet, welches im Mai 1973 erschien: