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In dem begehbaren Schrank roch es nach Mottenkugeln und Schuhcreme. Und doch
glaubte Leon, einen weiteren Geruch wahrzunehmen. Nach Erde, feuchtem Fell
und Tod. So wie der der toten Ratte, die er vor einem Jahr gefunden hatte.
Der Gestank kam von draußen, von jenseits der Lamellentür. Er
spürte, wie sich Matthias an ihm festklammerte und ihm das Gesicht gegen
den Hals presste. Die Tränen des Kleinen rannen ihm in den Kragen, sein
zittriger Atem kitzelte auf der Haut. Wie gerne wäre Leon stark für
ihn gewesen, doch er schlotterte am ganzen Leib. Ein dumpfes, raubtierhaftes
Grollen ertönte und ein Schatten schob sich vor die Türen. Matthias
wimmerte, Leon hingegen brachte keinen Ton hervor. Stummes Entsetzen
schnürte ihm die Kehle zu. Früher hatte er sich immer vor dem Monster
im Schrank gefürchtet. Diesmal fürchtete er das davor...