Professor Zamorra Nr. 928: Das Hexendiadem

Professor Zamorra Nr. 928: Das Hexendiadem


Diane Pérouse de Montclos stand auf der obersten Plattform des Eiffelturms und ließ ihre Blicke über das fast unendlich scheinende Lichtermeer des nächtlichen Paris schweifen. Nach dem Blutopfer, das sie der Göttin Naiberi dargebracht hatte, fühlte sich die junge Hexe nun wieder besser. Denn im Strom der magischen Kraftlinie, die das mächtige Bauwerk hier oben in 276 Metern Höhe kreuzte, konnte sie ihre Kräfte schnell wieder erneuern. Unwillkürlich starrte sie auf den Blutfleck auf ihrem linken Handrücken, der im kalten Licht der Scheinwerfer fast schwarz wirkte. Verkrustetes Blut, das eine Stunde zuvor noch in den Adern eines jungen Mannes geflossen war. Ganz in ihre Gedanken versunken, merkte die Hexe nicht, dass sich etwas veränderte. Der Hauch des Todes waberte plötzlich zwischen den angestrahlten Stahlträgern, um die sich schleichend ein rotes Licht legte, das aus dem Nichts zu kommen schien.


von Christian Schwarz, erschienen am 22.12.2009, Titelbild: Arndt Drechsler

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Diane Pérousse de Monclos sitzt ihre Niederlage auf im elterlichen Schloss immer noch in den Knochen (siehe PZ Nr. 925 "Geburt eines Dämons"). Auf der obersten Plattform des Eiffelturms gibt sie sich stärkender Schwarzer Magie einer unsichtbaren Kraftlinie hin, als plötzlich Stygia vor ihr erscheint. Die Ministerpräsidentin der Hölle ist stinksauer auf ihre eigenwillige Dienerin und bereitet sich genussvoll darauf vor, sie unter unsäglichen Qualen abzumurksen.
Szenenwechsel! Auf dem Landgut des Grafen Caraman an der französischen Kanalküste treibt eine unsichtbare Macht die Bedienstete Vilma dazu, sich eine Felsenklippe am Meer hinabzustürzen.
Szenenwechsel! Nicole Duval arbeitet nach einigen Wochen des "süßen Nichtstuns" für die deBlaussec-Stiftung, die von Professor Zamorra vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde, um den Opfern von Dämonen und Schwarzer Magie finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Im Auftrag des Geschäftsführers, Professor Louis Landru, führt sie Interviews mit Menschen durch, die vorgeben durch Schwarzblüter oder ähnliches zu Schaden gekommen zu sein.
Szenenwechsel! Ihr aktueller Auftrag führt sie, die sich mit Hilfe von gefälschten Papieren (die hat sie von Pierre Rodin erhalten) Julie Deneuve nennt, zum Landgut Caraman. Ciranoush Etcheberria (die Nachfolgerin der o. g. Vilma) bittet um Hilfe, denn ihr Geliebter Jerome Dufy, der für den Grafen dessen Gestüt in Ordnung hält, wird von einer furchterregenden Erscheinung, einer Hexe namens Madeleine Brissac, bedroht. Sie beschränkt sich jedoch nicht nur darauf den jungen Mann zu beschimpfen und zu drohen, sondern quält ihn auch körperlich, wo immer sie nur kann. Nicole sagt ihre Hilfe zu und macht sich sofort an die Arbeit!
Szenenwechsel! Diese gestaltet sich, trotz der immensen Erfahrung Nicoles hinsichtlich der Dämonenjagd, als außerordentlich schwierig, denn Madeleine Brissac zieht alle Register ihres schändlichen Tuns.
Szenenwechsel! Warum weicht die Hexe vom üblichen Turnus ihres fluchbehangenen Auftretens ab und erscheint nicht nach 77 Jahren, wie bisher, sondern vier Jahre später?
Szenenwechsel! Warum ist Jerome Dufy ihr Opfer und nicht der Graf? Bislang hat sie immer nur Nachkommen dieses Adelsgeschlechts aus Rache für ihr eigenes Ableben den Tod gebracht?
Szenenwechsel! Ist Dufy etwa ein unehelicher Sohn des Grafen? Dessen besonders aufmerksames Verhalten dem jungen Angestellten gegenüber scheint diese These zu unterstützen.
Szenenwechsel! Wie ist Aleister Crowley, der wohlbekannte Okkultist aus dem frühen 20. Jahrhundert in diese Aktion verwickelt? Szenenwechsel! Was geschah mit Davide Dux de Caraman, dem Vater des gegenwärtigen Grafen? Szenenwechsel! Was weiß Jeromes 98jährige Großmutter? Szenenwechsel! Und wieso findet sich Nicole nach dem vermeintlichen Sieg über Madeleine Brissac plötzlich in einer Eisernen Jungfrau, deren Vorderseite sehr, sehr langsam zuklappt, wieder?
Szenenwechsel! Ach ja, nach langer, langer Zeit, in der dieses Thema nicht genauer beleuchtet wurde (wahrscheinlich um als Genussverzögerung die Vorfreude zu steigern!?!) gibt es wieder Mal etwas über CHAVACH zu lesen. Als unheilvolle, schattenartige Präsenz geistert der Jäger des JABOTH (wir erinnern uns: in ihm will LUZIFER wiedergeboren werden!!!) durch die Traumabgründe von Nicole Duval. Doch wie passt der Jäger in diese Geschichte?? Das alles gilt es zu ergründen!!! ;)


Meinung:
Also ehrlich! Wenn man einen Christian Schwarz-Roman rezensieren möchte, muss man sich wirklich ranhalten und hochkonzentriert bei der Sache sein, weil man ansonsten schnell den Faden verliert. Mit dem vorliegenden Band präsentiert der Autor eine ungeheuer verzwickte und verschachtelte Story, in der es viele Momente gibt, die wahrhaftig glänzen. Die verschrobene Figur des empathischen Professor Landru allein macht weite Teile des Romans lesenswert. Auch CHAVACHS "Gastauftritt", der unheimlich ist, jedoch nichts vom Geheimnis dieser eigenartigen Entität preisgibt, ist geschickt und stimmungsvoll in die Story eingewoben. Genauso ist es mit der Tatsache, dass die seit Jahren immer wieder erwähnte und selten in ihren Aktivitäten näher beschriebene deBlaussec-Stiftung in den Vordergrund gerückt wird. Ebenso bewerte ich andere Elemente des Romans - z. B. die fast hundertjährige Großmutter, sowie die Wirkweise von Schierling und Gold auf Hexen und auch den Einsatz von Aleister Crowley - als positiv. Nur leider ist es wieder einmal so, wie ich es bei meiner letzten Rezi für einen Christian Schwarz-Roman dieser Reihe schrieb. Es ist einfach zu viel Substanz auf zu wenig Raum verteilt worden.
All diese positiven Elemente werden vom Autor nach und nach auf etwas … krampfige Weise mit Diane Pérousse de Montclos und Stygia in Verbindung gesetzt, was letztlich den Bogen überspannt und voll auf Kosten des Stils der Erzählung geht. Wieder einmal ist es nötig die Protagonisten - vorzugsweise die "Bösen" - die Geschehnisse kurz vor Ende des Romans erklären zu lassen, womit sodann haargenau berichtet wird, wie was, wann und wo geschehen ist. Diese Beschreibungen der de Montclos, und später Stygias, sind es dann auch die, zusammen mit einer "überraschenden" Wendung hinsichtlich der Identität einer der Personen, die im Finale mitspielt, ziemlich viel an Würze aus der Story zieht. Sehr schade!
FAZIT: Der Roman beginnt spannend, steigert sich zum Mittelteil hin und gleitet dann in ein überfrachtetes und leider auch zerredetes Finale.


Besonderheiten:
Soloabenteuer für Nicole Duval (sie erhält in diesem Roman gefälschte Papiere von Chefinspektor Rodin, welche sie als Julie Deneuve ausweisen).
Nicole Duval arbeitet ab diesem Roman für die DeBlaussec-Stiftung.
Erster Auftritt von Professor Louis Landru.
Aleister Crowley spielt in der Geschichte mit.
Erster Auftritt (wenn auch höchst geheimnisvoll) von CHAVACH.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Arndt Drechsler hat hier ein sehr schönes Cover geschaffen. Diane Pérousse de Montclos wird so, wie sie sich hier präsentiert, im Roman beschrieben (samt Tribles, Hexendiadem und weißen Augäpfeln). Der Hintergrund wirkt vielleicht etwas zu hell, aber andererseits soll man die Einzelheiten ja auch erkennen können. Ich gebe mit Freuden 4 Kreuze.


Coverbewertung:
4 Kreuze