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Der Tote baumelte wie ein welkes Blatt am Galgenbaum. Bleiches Mondlicht
spiegelte sich in seinen gebrochenen Augen, von denen nur noch das Weiße
sichtbar war. Medicus Jakob Kellermann schnürte seinen dunklen Umhang
fest vor dem Wams zusammen. Der kalte Nachtwind biß ihm ins Gesicht,
als er hoch hinauf zum längst steif gewordenen Leichnam des verurteilten
und hingerichteten Mörders starrte. Der Himmel über dem Galgenberg
war wolkenlos und sternenklar. Von irgendwoher drang die kaum verständliche
Stimme des Nachtwächters, der unten im Ort die zweite Stunde nach
Mitternacht ausrief. Die Stadt am Fuße des Hügels lag in bleiernem
Schlaf. Kein Bürger, der etwas auf sich hielt, trieb sich um diese Zeit
noch auf den Straßen und Plätzen herum, höchstens lichtscheues
Gesindel und Leute, die etwas zu verbergen hatten.