Occu Nr. 27: Das mordende Medium

Occu Nr. 27: Das mordende Medium


Der Wohnwagen stand verlassen auf einer Anhöhe. An der hinteren Wand klebte ein Stück Karton mit der Aufschrift: Medium Alessandra! Ein Blick in die Zukunft! Drei Franc! Die Sonne brannte unbarmherzig. Der breitschultrige, untersetzte Mann, der unentschlossen vor dem Wohnwagen stand, wischte sich den Schweiß vom rotglänzenden Gesicht. Endlich nahm er sich ein Herz und rief zum -Wohnwagen: "He! Is' dort wer?" Wie erschrocken über den Klang seiner Stimme machte er einen Schritt zurück. Es blieb still - wie vordem. Der Mann sammelte Speichel im Mund und spuckte aus. "Wovor hab' ich Angst?" murmelte er, ohne den Blick vom Eingang des Wohnwagens zu lassen. "Vor einer lausigen Zigeunerin? Ich, der Weinbergbesitzer André Lachaume? Daß ich nicht lache!" Etwas Unheimliches lag in der bleiernen Luft und raubte ihm den Atem. Das da vor ihm, - das war ein ganz gewöhnlicher Wohnwagen und doch ... er stand in der gleißenden Sonne wie ein Gespenst. Ein Geruch von Verwesung ging von ihm aus. Aber er mußte in den Wagen hinein! Er mußte einen Blick in die Zukunft tun! Sich wahrsagen oder die Karten legen lassen! Sein Vater lag im Sterben.


von Hademar Bankhofer, erschienen im April 1978, Titelbild: Bracci