Occu Nr. 1: Striptease einer Toten

Occu Nr. 1: Striptease einer Toten


Der nackte Körper des braungebrannten, schwarzhaarigen Mädchens zuckte in Ekstase. Trommelschläge dröhnten durch den Nachtklub "Mon Ami" im Stadtzentrum von Marseille. Die roten Lichtkegel der Scheinwerfer kreisten auf der kleinen Bühne des Lokals. Leise untermalte eine Flöte die monotonen, rhythmischen Darbietungen, Die Tänzerin warf den Oberkörper zurück, ihre schmalen Finger tasteten sich beim Tanz die Hüften empor. Jeder Schritt dieser langen Beine war atemberaubend. Die Show zog alle Besucher in ihren Bann.


von Hademar Bankhofer, erschienen im Februar 1976, Titelbild: R.S. Lonati

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Joe Baxter, Hauptkommissar des Parapsychologic Departement der Interpol, und seine Assistentin Viola Oggi besuchen auf Geheiß ihres telepathisch begabten Chefs den Nachtclub „Mon Ami“ in Marseille. Dort werden sie Zeuge wie eine berückend schöne Frau einen Striptease aufführt, allerdings hat die Sache einen Haken: Denn Mara Constantine ist seit fünf Jahren tot. Grund genug für das Team um Joe Baxter den Fall zu übernehmen, denn Nachforschungen ergeben, dass Mara keinesfalls einem Unfall zum Opfer fiel, sondern absichtlich in den Selbstmord getrieben wurde, um den Mord an einer anderen Stripperin zu vertuschen. Doch mit eines haben die Mörder nicht gerechnet, dass Mara nämlich aus dem Jenseits zurückkehren könnte, um blutige Rache zu nehmen....


Meinung:
Mit diesem Band startete der Zauberkreis-Verlag im Jahre 1976 eine neue Serie, die auch vom Konzept her einen anderen Weg einschlagen sollte, als die bisher bekannten Heftromane. Eine Abteilung der Interpol, bestehend aus durchweg parapsychisch begabten Menschen, soll Kriminalfälle untersuchen, welche in Verbindung mit übersinnlichen Phänomenen bestehen. Diese Tatsache an sich ist noch nichts besonderes, aber die Mitglieder des Parapsychologic Departement verzichten darüber hinaus freiwillig auf das Mitführen von Waffen, was den Autoren nicht daran hinderte aus seinen Protagonisten strahlende Helden mit dem Aussehen von Models zu machen. Leider reduziert sich die Charakterisierung der Ermittler auch schon auf die bekannten Äußerlichkeiten, so dass sie eigentlich immer recht oberflächlich und blass wirken. Eine Vorstellung der Hauptpersonen auf einer Extraseite, die den Lesern das Kennen lernen erleichtern soll, unterstreicht diesen Eindruck noch: „Joe Baxter: 37 Jahre alt, schlank, hochgewachsen, muskulös, blondes gewelltes Haar, stahlblaue Augen. Ein Mann mit Intelligenz, Kraft, Ausdauer und enormer okkulter Begabung.“ „Olga Dussowa: 26 Jahre alt, schlank, vollbusig, langes schwarzes Haar, Russin und eine direkte Nachkommin des russischen Magiers Rasputin.“ „Viola Oggi: 29 Jahre alt, superblond, gertenschlank, ehemaliges Mannequin aus Rom.“
Damit ist die Einführung der Hauptpersonen auch schon abgeschlossen. Wer glaubt in der Handlung werde auf den Lebensweg der Akteure näher eingegangen hat sich leider geirrt, somit liest sich das Heft nicht wie ein Einstiegsroman in eine neue Serie, sondern wie ein ganz gewöhnlicher Fall. Solche Heldentypen ist man ja schon vom Heftroman gewöhnt, insbesondere aus den siebziger Jahren. Aber in diesem Fall wirkt das ganze dermaßen übertrieben, dass ich der Meinung bin, der Autor habe seine pubertären Träume Gestalt werden lassen. Was die Handlung anbetrifft möchte ich an dieser Stelle das „Lexikon der Horrorliteratur“ von „fantasy productions“ zitieren: „In der Regel brachte Occu geradlinig erzählte Geistergeschichten ohne Blutrunst, in denen eher Tische gerückt als Menschen zermatscht wurden.“ Bei ersten Band der Serie äußert sich das nun in einer Rachegeschichte nach altbekanntem Schema. Nur mit dem Unterschied, dass die Helden mit allerlei Hokus Pokus aufwarten, welches Harry Potter vor Neid erblassen würde, allzu oft gleitet der Roman dadurch ins Lächerliche ab. So beherrschen die tapferen Recken neben der Gabe der Telepathie und der Telekinese sogar Zaubersprüche mit denen sie sich 24 Stunden lang unverwundbar machen können. Außerdem sind sie in der Lage Mensch und Tier zu hypnotisieren, sie können sich durch Hypnose in die Welt der Toten versetzen und Geister bannen. Kurz um, eigentlich gibt es nichts was sie nicht können. So wird auch gleich zu Beginn der Faktor Spannung zunichte gemacht, denn in jeder brenzligen Situation wird ein Zauberspruch gemurmelt und alles ist in Butter, sollte das mal nicht ausreichen, wird einfach telepathisch Kontakt zum Boss aufgenommen, der noch diverse Medien in Petto hat, die über Hunderte von Meilen in der Lage sind Fesseln und Ketten zu sprengen. Als die Tote ihre Rache allerdings vollzieht sehen sich die Ermittler außerstande hilfreich einzuschreiten, und so versinkt einer der Mörder vor den Augen von Joe Baxter und Viola Oggi. Merkwürdig nur, dass Mr. Baxter beim nächsten Opfer Mara mit dem Argument abhalten will, dass sie den Frieden ihrer Seele gefährden wird, wenn sie den zweiten Mörder richtet. Scheinbar wiegt der Tod des ersten Killers nicht so schwer. Doch damit ist die Liste der haarsträubenden Dinge, mit denen der Roman prall gefüllt ist, noch nicht zu Ende. Zu Anfang wird eine Tänzerin ausgeschaltet, welche mit Giftschlangen auftritt. Die Darstellung der Reptilien ist dabei so naiv, wie die Vorstellung eines Kindes. Die Schlangen sind glitschig und hochgiftig, sie würde sofort jeden angreifen, der sich in ihrer Nähe aufhält. Nur in Gegenwart ihrer Herrin verhalten sie sich treu wie Hunde, versuchen sogar die Bewusstlose zu wecken – ausgemachter Schwachsinn! Die Logik und Kontinuität schlägt ebenfalls Purzelbäume, als Viola die Tänzerin befragt wie Mara gestorben sei. Daraufhin erhält sie zur Antwort: Nein, nur um kurz darauf unverblümt auszusagen sie sei betrunken die Treppe hinabgestürzt.  Die Reaktionen der Akteure ist ebenfalls völlig unglaubwürdig, jeder Mann, der sich in Bedrängnis sieht bringt sich erst mal selber um. Der Bruder der toten Mara erschießt sich, weil Olga ihm erzählt sie sei gegen Kugeln immun. Einer der Mörder läuft in ein brennendes Flugzeugwrack, weil er nicht ins Gefängnis will. Sicher ist so was denkbar, aber so stümperhaft und banal wie das beschrieben wurde, wirkt es einfach unrealistisch. Fazit: Langweiliger, vorhersehbarer Gruselroman ohne Atmosphäre, schlecht durchdachter Handlung und unglaubwürdigen Charakteren. Alle Vorurteile und Klischees in Bezug auf Heftromane werden vollkommen erfüllt.


Besonderheiten:
Den Roman verfasste der österreichische Professor und Schriftsteller Hademar Bankhofer unter dem Pseudonym Henry Ghost.


0 von 5 möglichen Kreuzen:
0 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Eigentlich schon das einzig positive an dem Roman, denn für die Gestaltung des ersten Bandes konnte niemand anderes als Lonati gewonnen werden, der eine Szene aus dem Roman mit seinem unverwechselbaren Stil zum Leben erweckte. Die Angst des Opfers und die düstere Sumpflandschaft wurde hervorragend dargestellt.


Coverbewertung:
3 Kreuze