Monstrula Nr. 6: Mörderpuppen der Geisterwelt
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Der Henkersknecht schwenkte die glühende Zange dicht vor dem Gesicht
des Gemarterten Die Hitze des Metalls strahlte auf die von den Qualen
aufgeplatzte Haut. "Gestehe endlich!" drängte der würdige Herr
und machte seinem Schreiber ein Zeichen. Jetzt mußte das Geständnis
kommen, das sofort niedergeschrieben werden sollte. "Sag uns, wo du diese
Geschöpfe des Teufels versteckt hast!" Der auf der Folterbank festgekettete
Mann schüttelte verbissen den Kopf. "Ich habe mein ganzes Leben lang
an meinen Puppen gearbeitet, keuchte er. "Wenn ihr alle mir schon das Leben
nehmen wollt, so dürft ihr aber mein Werk nicht zerstören. Ich
werde euch niemals sagen. wo ich meine Puppen versteckt habe." Mit
hervorquellenden Augen starrte er auf die glühende Zange. Der Henkersknecht
warf dem Richter, der das Verhör führte, einen fragenden Blick
zu. Der würdige Herr nickte. Die Halsstarrigkeit des Befragten machte
ihn wütend. Der Gefolterte brüllte auf, als sich die Zange senkte.
Sein Schrei brach mit einem erstickten Gurgeln ab. Der Unglückliche
war ohnmächtig geworden. "Der Leibhaftige gibt Ihm die Kraft, auch der
peinlichen Befragung zu widerstehend", murmelte der Richter
enttäuscht
"Es wird uns nicht gelingen, das Versteck der
Geschöpfe des Satans zu finden, die dieser Mann für harmlose Puppen
ausgegeben hat" Der Richter warf einen bohrenden Blick auf den zerschundenen
Körper des Ohnmächtigen, dann diktierte er seinem Schreiber das
Urteil. "Tod auf dem Scheiterhaufen!"
von M.R. Richards, erschienen am 16.09.1974, Titelbild: Olof Feindt
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Wien, 1550. Ein Puppenmacher wird wegen angeblicher Hexenkunst gefoltert
und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das Versteck seiner Puppen gibt er
jedoch nicht preis. --- Die Gegenwart der 70er. Starreporter Jack Callum
landet Anfang Februar noch im dicksten Winter in Wien. Er soll über
einen Schriftsteller-Kongress berichten. Eine gute Gelegenheit, seinen alten
Freund Baumann wiederzusehen. Baumann hat gerade geheiratet. Jack ist unangenehm
berührt, als er feststellt, dass Baumanns Frau Anna seiner von Dämonen
ermordeten Verlobten sehr ähnlich ist. Kein gutes Omen. -- Und
natürlich beginnt sofort der Terror des Bösen, als der kleine Sohn
von Antiquitätenhändler Feldner auf dem Dachboden eine Kiste mit
unheimlichen Marionetten findet. Da sind ein Hexenmeister, ein Ritter, eine
Prinzessin, ein Satan, ein Kaufmann und ein Harlekin. In der folgenden Nacht
erwacht als Erster der Hexer zum Leben, wächst zu Menschengröße
heran, streift durch die verschneiten Straßen und ermordet eine
Prostituierte. Das ist der Anfang einer Mordserie, als an jedem folgenden
Abend eine andere Marionette wahllos mit scharfen Gegenständen tötet.
--- Wien ist in hellem Aufruhr, die Polizei tappt im Dunkeln. Da gerade viele
Faschingsbälle stattfinden, fallen die Riesenmarionetten nicht auf.
Natürlich steckt Geisterseher Callum bald mitten im Geschehen. Schnell
ist er ein Verdächtiger, da er als Ausländer immer am Tatort
anzutreffen ist. Kommissar Fischtaler ist nicht begeistert von ihm. --- Jack
ist mit seinen besonderen Fähigkeiten als Geisterseher bald klar, dass
er es hier mit dem Geist des Puppenspielers zu tun hat, der sich rächen
will. Und auch der Rachedämon erkennt seinen Gegner und versucht Callum
durch eine Mörderpuppe töten zu lassen. Aber dann schafft der Reporter,
in Trance das Versteck der Puppen zu entdecken. Er bricht dort ein und vernichtet
sie. Glaubt er. Bis er am nächsten Abend zum Abschied mit den Baumanns
einen Maskenball besucht und plötzlich vor dem Harlekin steht der eine
Axt dabei hat. Bevor Jack es verhindern kann, ist Anna Baumann einen Kopf
kürzer und der Harlekin verschwunden. Von Schuldgefühlen geplagt
stellt sich Jack erneut dem Dämon, dieses Mal am richtigen Ort.
Meinung:
Nr.6 der Serie, und der Leser merkt, dass Richard Wunderer noch mit Begeisterung
bei der Arbeit war. "Mörderpuppen der Geisterwelt" ist natürlich
ein vielsprechender Titel, und er enttäuscht nicht. Wie oft in der Serie
ist das Böse um des Bösen willens böse und verfolgt eigentlich
keine tiefschürfenderen Pläne als willkürlich ein paar unschuldige
Menschen zu meucheln. Das mag schlicht klingen, liest sich aber erfrischend
und erspart dem Leser eine Menge unsinniger Dialoge ;-) Die auf
Menschengröße angewachsenen Mörderpuppen, die mit blankem
Messer oder Morgenstern durch das verschneite Wien stapfen, sind schön
unheimlich, und der Held muss schwer arbeiten für seinen Erfolg. Eine
echte Überraschung zur Zeit der Veröffentlichung dürfte wohl
das doppelte Ende gewesen sein. Auch wenn da noch genug Roman übrig
ist, um jedem klarzumachen, dass es das noch nicht gewesen sein kann. Und
sicherlich das heftromangemäß geschickt umschriebene Ende von
Anna, das vielleicht nicht ganz so effektiv ist, wie es sein könnte,
weil die Figur vorher keine besonders wichtige Rolle spielt. Abgesehen von
der Ähnlichkeit mit Callums toter Verlobten, was aber
merkwürdigerweise auch nicht wirklich thematisiert wird. Aber das sind
zugegeben unerhebliche Meckereien. Unter dem Strich ist das auch heute noch
ein guter Horrorheftroman, der an vielen Stellen mehr Ecken und Kanten hat
als so manches Konkurrenzprodukt aus der Zeit.
Besonderheiten:
Der Roman spielt in Wien.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Wieder einmal ein Cover, das sich auf den Inhalt bezieht und zwei der
Mörderpuppen zeigt.
Coverbewertung: