Monstrula Nr. 5: Gefangene der Höllenschlange
|
Atemlose Stille senkte sich über den Raum und die vier Menschen.
Undurchdringliche Dunkelheit umfing die drei Männer und die junge Frau,
die in einem Halbkreis an einem runden Holztisch saßen. Sie waren
zusammengekommen, um sich ins Reich der Schatten zu wagen! "Laßt uns
eindringen in die Welt des Jenseits, in die Welt der Geister und Dämonen!
Wir, die hier warten auf ein Zeichen der Unendlichkeit!" Ihre Stimmen klangen
hohl und metallisch, als sie einzeln ihre Namen riefen. "John Amble!" "Cecil
Olden!" "Ron Bolten!" "Liza Manor!" Die Namen verhalten an den Wänden
der Bibliothek. Die Hände drückten sich flach auf den Tisch, dem
plötzlich eine sonderbare Wärme entströmte. Schwach bildete
sich ein winziger Lichtpunkt in der Mitte des Tisches, wurde größer,
deutlicher und erhellte geisterhaft die starren Gesichtsmasken der vier Menschen.
Mit einem boshaften, feinen Zischen teilte sich der Lichtkegel in eine gewundene
Spirale aus blutroten, züngelnden Flammen. Das Zischen drang näher,
vergrub sich ätzend in die menschlichen Gehirne. Wie von Geisterhand
geschaffen erhob sich aus der glühenden Spirale der leuchtend grüne
Körper einer Schlange, wand sich lautlos um die ausgestreckten Hände
wie eine unentrinnbare, teuflische Fessel.
von M.R. Richards, erschienen am 28.10.1974, Titelbild: Olof Feindt
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Vier Leute halten eine spiritistische Sitzung ab. Es sind der Schriftsteller
Ron Bolten und seine Bekannten John Amble, Cecil Olden und Liza Manor. Die
Sitzung geht schief; eine grüne Höllenschlange erscheint und
schlägt die Menschen in ihren Bann. Auf der Straße begegnet
Geisterseher Jack Callum John Amble, mit dem er manchmal Bridge spielt. Amble
wirkt geistesabwesend, wie hypnotisiert, was Callum aber erst zu spät
wirklich bewusst ist. Da er gerade in der Gegend ist, will er Bolten einen
Besuch abstatten, einem "schlechten, aber gut verdienenden Schriftsteller"
*g* , den er seit dem Fall in Edinburgh kennt.
Der Butler will ihn nicht in die Bibliothek lassen, da sein Boss ihm das
verboten hat. Callum wird erst stutzig, als der alte Herr beteuert, dass
keiner die Bibliothek verlassen hat. Auch John Amble nicht. Der dem Geisterseher
gerade erst begegnet ist. Callum verschafft sich Zugang zur Bibliothek und
entdeckt, dass die vier Menschen im Bann der Höllenschlange stehen,
die sich um sie gewunden hat. Callum versucht sie mit seinem magischen Ring
zu verscheuchen, der ihn vor den Einflüssen der Geisterwelt schützt,
aber der Dämon ist zu mächtig. Immerhin erfährt Callum seinen
Plan. Er hat von Amble einen Scheinkörper erschaffen, eine vom Bösen
gesteuerte Marionette, die nun auf dem Weg zu Cecils Oldens Haus ist - um
dessen Frau zu töten.
Die Hetzjagd beginnt. Callum kann nicht verhindern, dass Olden die Frau
bestialisch ersticht, vor den Augen ihrer Kinder. Der Dämon lässt
Amble nach der Tat sich seiner Tat bewusst werden; er verleiht Olden dann
einen Scheinkörper, damit dieser Rache an dem Mörder seiner Frau
nehmen kann.
Wieder kann Callum den Plan des Dämons nicht verhindern; Olden schlägt
Amble auf einem Friedhof zu Brei, und Ambles echter Körper am
Séancentisch stirbt ebenfalls. Dann ist Ron Bolten dran. Sein
Scheinkörper soll ein Flugzeug zum Absturz bringen. Jack Callum setzt
Himmel und Hölle in Bewegung, um das zu verhindern. Vergeblich. Boltens
Scheinkörper verschafft sich mit Hilfe von Magie Zugang zu einem Flugzeug,
sorgt für Terror an Bord, indem er unter anderem die Stewardessen sadistisch
erwürgt, und bringt das Flugzeug dann zum Absturz, was für über
zweihundert Opfer sorgt.
Nun ist nur noch Liza Manor übrig. Sie soll ihre eigenen Kinder
abschlachten. Sie hat ihnen schon das Messer an den Hals gesetzt, als sich
ihre Mutterinstinkte melden, was Jack Callum endlich ermöglicht, sie
von dem mörderischen Bann zu erlösen. Die Höllenschlange
entlässt die Vier aus ihrem Würgegriff und ihr Geist verschwindet,
lässt aber den Schlangenkörper zurück. Boltens und Ambles
Körper erleiden das Schicksal, das ihren Scheinkörpern bereits
widerfahren ist. Olden ist so dumm, in seiner ersten Wut die Schlangenhülle
zu zerfetzen. Blöde Idee, denn das Blut wirkt wie Säure und zerfrisst
ihn. Allein Liza Manor übersteht die Séance heil.
Meinung:
Dieser Roman kommt Horror und selbst Splatterhorror so nahe, wie das einem
deutschen Heftroman aus dieser Zeit nur möglich war. Anscheinend ist
er nicht auf dem Radar der damals so emsig bemühten Bundesprüfstelle
aufgetaucht, denn verglichen mit anderen indizierten Heften ist diese
Erzählung nicht nur von der Gewaltdarstellung heftig. Auch die
Atmosphäre und die "Moral" von der Geschichte sind einfach nur als
nihilistisch zu bezeichnen.
Ganz nach der Devise "Das Böse ist immer und überall" ist auch
der namenslose Dämon dieser Woche allein darauf aus, seine Opfer zu
quälen. Es gibt kein blödes Weltherrschaftsgeschwafel, Richards
verzichtet auch auf andere idiotische Motivationen, dieser Dämon will
einfach nur Schrecken verbreiten. Und das gelingt ihm ganz gut. Dabei geht
der Autor nicht zimperlich um. Nicht nur beschreibt er einige spannende
Hetzjagden, wenn Callum die Taten verhindern will - in der Tat hätte
dieser Roman einen hübschen Horrorfilm abgegeben, nicht nur, was das
Tempo angeht -, die Morde werden recht detailliert beschrieben. Vor allem
aber setzt Autor Richard Wunderer auf die psychologische Karte, erzählt
immer wieder, was den Tätern/Opfern durch den Kopf geht, lässt
den Dämon ausgesprochen sadistisch agieren, behauptet das nicht nur,
sondern läßt den Leser daran auch lange und intensiv teilhaben.
In der sonst so heilen und heldenhaften Heftchenwelt schwamm dieser Roman
schon sehr gegen den Strom. Der Held der Serie kann trotz großer
Anstrengungen und seines magischen Hilfsmittels weder zwei brutale Morde
verhindern, noch kann er verhindern, dass ein Flugzeug über London zum
Absturz gebracht wird (!). Das ist zwar einerseits keine Sternstunde für
Jack Callum, macht ihn aber zu einer tragischen und vor allem interessanten
Figur. (Auch wenn er das natürlich im nächsten Heft wieder alles
locker weggesteckt und vergessen hat.)
Natürlich könnte man jetzt über den völlig
unglaubwürdigen Prolog meckern, in dem in zwei Sätzen erklärt
wird, dass Callum seine Verwicklung in die Morde vor den Behörden hingebogen
hat - er muss zwar wegen dem Flugzeugabsturz aussagen und dem Mord an Oldens
Frau, aber niemand findet es merkwürdig, dass besagter Ehemann mit
eingeschlagenem Schädel neben einer verbrannten und einer verätzten
Leiche in einer Bibliothek aufgefunden wird, ach ja, wenn die Welt doch wirklich
so schlicht funktionieren würde -, aber in einem Serienuniversum ist
das natürlich anders nicht möglich. Für sich genommen ist
das ein Roman, der sich schon deutlich von den zu dieser Zeit teilweise schon
weichgespülten Horrorheftchen abhebt. Sicher einer der Besten, die Richard
Wunderer in seiner langen Karriere geschrieben hat.
5 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Bild gibt die Atmosphäre des Romans sehr gut wieder.
Coverbewertung: