Macabros Nr. 88: Die flüsternden Pyramiden

Macabros Nr. 88: Die flüsternden Pyramiden


Das Unwetter stand am nächtlichen Himmel. Grollend rollte der Donner. Die Frau im Zimmer - durch den Widerschein der Blitze erhellt - wirkte gespenstisch. Einsam lag das Haus auf dem Hügel, von dem aus der Blick ins Tal führte, wo man die ersten Häuser sah Es regnete in Strömen. Brenda Millan war allein. Die Frau mit dem kurzgeschnittenen, braunen Haar war nicht sehr attraktiv. Ihre Haut schimmerte blaß, die Augen scheinen klein, der Mund schmal, daß man ihn schon beinahe als hart bezeichnen konnte. Brenda Millan war vierzig Jahre alt. Sie hätte mehr aus ihrem Typ machen sollen, durch eine richtige Frisur, ein geschicktes Make-up und vor allem durch vorteilhafte Kleidung. Auf alle diese Dinge legte die Frau keinen gesteigerten Wert. Auch auf Geselligkeit nicht. Die Millans wohnten rund acht Kilometer vom Dorf entfernt. Einmal in der Woche fuhr Brenda zum Einkaufen.


Rezension von GoMar:


Kurzbeschreibung:
Brenda und Philip Millan haben nur eine Leidenschaft: das Sammeln alter Bücher und Bilder, die okkulten Inhalts sind, so auch eine Abschrift des »Buches der Totenpriester«. Eines Nachts bekommt Brenda Kontakt mit Rha-Ta-N’my persönlich und betritt die »flüsternde Pyramide«. Philip Millan wird von seiner Frau enthauptet, damit sie als erste Schwarze Priesterin die durch Björn Hellmark dezimierten Reihen wieder aufzufüllen beginnen kann ...
Björn Hellmark – erst vor kurzem aus dem Mikrokosmos zurückgekommen und nach seinem Abenteuer mit Myriadus, dem Tausendfältigen (Nr. 87) – erholt sich gerade auf Marlos, als er von Carminia erfährt, dass Ak Nafuur im Sterben liegt. Ak Nafuur überreicht ihm auf seinem Totenbett 13 Briefumschläge, in denen »13 Wege in die Dimension des Grauens« beschrieben sind, die er alle hintereinander zu gehen und natürlich auch zu bestehen hat – und am Ende der Wege steht er höchstwahrscheinlich Rha-Ta-N’my persönlich gegenüber. 13 Wege mit tausendfachen Gefahren und eine verschwindend geringe Chance, sein Ziel zu erreichen, warten auf ihn, wenn er sich entschließt, die Wege zu gehen. Björn Hellmark erklärt sich einverstanden, und nach Ak Nafuurs Begräbnis auf Marlos – das erste Grab auf dieser Insel überhaupt – öffnet er den ersten der 13 Briefe.
Die hierin enthaltene Aufgabe führt ihn nach Irland zum »Ort der Geister«. Er soll die flüsternden Pyramiden beseitigen. Aber er muss dort waffenlos vorgehen, nicht einmal Manja-Augen und Dämonenmaske darf er mitnehmen. Dafür macht er sich mit Rani Mahay, Danielle de Barteauliée und Pepe auf den Weg. Vor Ort angekommen besorgt er sich als Macabros Sprengmaterial aus einer nahen Kaserne. Mit dem Dynamit machen sie sich daran, den flüsternden Pyramiden ordentlich einzuheizen. Sie merken dabei nicht, dass sie von Maureen O’Brian, einer zweiten zu einer Schwarzen Priesterin konvertierten Frau, beobachtet werden. Maureen gelingt es, vor Björn Hellmark in die flüsternde Pyramide zu kommen, und obwohl Björn ahnt, dass dadurch sein Plan verraten sein dürfte, bleibt ihm nichts anderes übrig, als ihr zu folgen ...


Meinung:
Das ist er nun, der Beginn vom Zyklus der »13 Wege in die Dimension des Grauens«, der eine neue Ära im Kampf gegen Rha-Ta-N’my einläutet, denn hiermit versucht Björn Hellmark quasi über die Hintertür in das Machtzentrum der Dämonengöttin vorzudringen. Es ist das Vermächtnis Ak Nafuurs, der als Molochos, der Dämonenfürst, jahrelang der erbittertste Gegner Björn Hellmarks war. Auf seinem Totenbett versucht er jetzt, seinem ehemaligen Gegner den Weg zur Dämonengöttin zu ermöglichen, denn ein direkter Angriff würde unweigerlich zu Björns Tod führen. So bietet er ihm eine »Hintertürlösung« an, die ebenso gefährlich ist, aber zumindest den Hauch einer Chance bietet, es schaffen zu können.
Mit diesem Roman beendet Dan Shocker die Existenz Molochos’ als Ak Nafuur, dessen Umwandlung in Macabros Nr. 75: »Ustur – in den Ketten des Unheimlichen« vor sich ging, der ursprünglich ein Zwillingsbruder von Al Nafuur war und ebenso ein Weißer Priester. Ak Nafuur wollte mit seinem Körper das ewige Leben haben und wandte sich deshalb Rha-Ta-N’my zu – und wurde ihr Statthalter. Ein Mensch war zum Dämonenfürsten aufgestiegen. Aber das nur am Rande. Der gewandelte ehemalige Dämonenfürst geht nun den Weg alles Irdischen: er stirbt. Doch Björn hat deswegen noch genug andere Feinde übrig, allen voran die Dämonengöttin.
Da er völlig waffenlos sich seiner ersten Aufgabe zu stellen hat, begeht er gleich ganz locker einen Diebstahl an Heereseigentum, indem er in einer Kaserne Sprengmaterial durch Macabros stiehlt (ich weiß nicht, wie ich das anders bezeichnen sollte). Dan Shocker war hier anscheinend der Meinung, dass der Zweck die Mittel heiligt, und übersieht dabei, dass er hier keine gute Vorbildwirkung erzeugt, denn Diebstahl bleibt bekanntlich Diebstahl. Na ja ...
Dazu kommt noch, dass der Roman nur mäßig spannend ist, denn die Episode mit Ak Nafuurs Tod ist nicht wirklich das Gelbe vom Ei, auch deshalb, weil bei Björn und allen Marlos-Bewohnern wenig echte Betroffenheit zu erkennen ist. Wahrscheinlich war Ak Nafuur als Molochos doch zu lange der böse Gegner Björns. Irgendwie erscheint die Sterbeszene vom Autor wie ein lästiges Übel vollbracht worden zu sein. Da wäre sicher etwas mehr drin gewesen. Auch die Charaktere der Millans, der O’Brians erscheinen etwas lieblos gezeichnet, eigentlich nicht der sonstigen Art des Autors entsprechend. Aber vielleicht spukte ihm schon das große Ganze zu sehr im Kopf herum. Man hat bei diesem Roman tatsächlich das Gefühl, einen Prolog zu lesen. Und das ist gar nicht so weit hergeholt, hat dieser Zyklus doch insgesamt 13 Romane auszufüllen. Das Geschehen um die flüsternden Pyramiden direkt ist nicht unspannend geschrieben, aber dies allein kann die wenig spannenden Szenen zuvor nicht mehr wettmachen.
Fazit: Für den Auftaktroman eines neuen, wegweisenden Zyklus’ ist dieser Roman meiner Meinung nach zu wenig spektakulär, aber das mag täuschen. Natürlich ist mir klar, dass das Ende Ak Nafuurs etwas breiteren Raum einnehmen muss, dass auch die 13 Wege, die in 13 Briefen von Ak Nafuur beschrieben werden, besprochen werden müssen. Dennoch fehlt dem gesamten Roman irgendwie die gewohnte Gruseligkeit, wenn auch die Dämonen der flüsternden Pyramide recht gruselig beschrieben werden. Aber wenn man dann liest, dass eine Überzahl dieser Dämonen gegen einen unbewaffneten Björn Hellmark keine Chance hat, ja, diesem Mann nicht einmal einen kleinen Kratzer zufügen kann, dann ist das etwas zu viel Heldenhaftigkeit und etwas zu viel Unfähigkeit dieser Dämonen – und auch Rha-Ta-N’mys! Es scheint so zu sein, dass Björn Hellmark dabei nicht einmal ins Schwitzen gekommen ist. Zudem fehlt mir irgendwie der logische Grund, warum diese flüsternden Pyramiden zerstört werden mussten, außer es genügt die Erklärung, dass diese Pyramiden eine »Schmiede« für die neuen Schwarzen Priester sind, die Björn wieder gefährlich werden könnten ...


Besonderheiten:
1. Ak Nafuur, der ehemalige Dämonenfürst Molochos, stirbt auf Marlos.
2. Björn Hellmark erhält 13 Briefe, die 13 Wege in die Dimension des Grauens offenbaren.
3. Die »flüsternden Pyramiden« sind Ziel des 1. Weges.
4. Als Innenillustration ist erstmals Carminia Brado dargestellt! Der Zeichner oder die Zeichnerin versuchte, das »Rassige« aus der vagen Beschreibung von Dan Shocker herüberzubringen, was sicher auch ganz gut gelungen ist. Dennoch erscheint sie mir für eine 22-jährige schon etwas zu sehr Frau. Sie hat meiner Meinung nach bereits den Blick der »Frau von Welt«. Zudem passt ihre Jackie-Kennedy-Frisur nicht mehr so ganz zur Modeerscheinung Ende der 70er-Jahre und Anfang der 80er-Jahre. Es sei denn, es wäre der Augenblick von Björns Kennenlernen mit Carminia (müsste in etwa Ende 1971 oder Anfang 1972 gewesen sein laut MAC Nr. 1) gemeint, aber dann würde ihre Bluse wieder nicht so ganz dazu passen. Ebenso finde ich die Perlenohrgehänge passend zum Jackie-Kennedy-Outfit, aber für eine 22-jährige zu bieder. Weiters glaube ich mich zu erinnern, dass sie eher mit langen Haaren beschrieben wurde. Dass man(n) sich bei ihrem Anblick nach ihr umdreht, kann ich mir schon sehr gut vorstellen ...
5. Dieser Roman erschien auch als 2. Teil im Paperback-Doppelband Nr. 39 im Blitz-Verlag.


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Kommentare zum Cover:

Das Titelbild ist an und für sich gut getroffen und entspricht ziemlich genau der Beschreibung der flüsternden Pyramide. Auch die drei Dämonen auf dem Kopf stimmen genau mit der Beschreibung überein und sind auch gut dargestellt. Links sieht man die hinaufkletternden Dämonen, die rechts »vergangen« sind. Der Hintergrund ist düster und trostlos ausgestaltet, obwohl der Himmel ziemlich leer wirkt. Irgendwie fehlt da etwas ...


Coverbewertung:
2 Kreuze