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"Ich habe Angst, ich habe... entsetzliche Angst, Doktor." Der freundlich
aussehende Mann mit den graumelierten Schläfen hielt die schmale,
weiße Hand fest. Die junge Frau wirkte bleich, ihre dunkelumrandeten
Augen blickten nervös, und das schwarze, seidig schimmernde Haar ließ
das zarte Gesicht noch blasser erscheinen, als es in Wirklichkeit war. Dr.
Belman schüttelte den Kopf. "Sie brauchen keine Angst zu haben,
Fräulein Sörgensen. Es ist keine schwierige Operation." "Ich wurde
noch nie operiert." "Morgen früh kriegen Sie eine Beruhigungsspritze,
danach fühlen Sie sich ausgeglichen und schläfrig. Und noch ehe
Sie im Operationssaal sind, werden Sie schon schlafen." Dr. Thorwald Belman
sprach beruhigend auf sie ein. "Was ist heutzutage schon eine Blinddarmoperation,
Fräulein Sörgensen. Es besteht für Sie überhaupt kein
Grund zur Beunruhigung. Alle Tests sind gut verlaufen, wir sind mit ihren
Werten sehr zufrieden. Morgen nach der Operation werden Sie hier in Ihrem
Bett aufwachen. Sie werden keine Schmerzen mehr haben. In einer Woche sind
Sie schon wieder zu Haus." Anka Sörgensen seufzte. "Das alles hab ich
mir auch gesagt, Doktor. Aber es nützt nichts. Die Angst geht nicht
weg. Ich habe immer das Gefühl, ich könne nicht einschlafen, die
Spritzen könnten vielleicht versagen..." "Aber nein, so etwas passiert
doch nicht!" "Und dann kommt hinzu, daß ich panische Angst davor habe,
daß ich auf der anderen Seite eben nicht aktiv, nicht wach bin, daß
ich mich in einem künstlichen Schlaf befinde. Ich bekomme nicht mit,
was um mich herum vorgeht. Dieser Gedanke macht mich krank. Andere sehen
mich, andere hantieren an meinem Körper herum, schneiden ihn auf. Ich
bin Fremden vollkommen ausgeliefert." Dr. Belman musterte die
sechsundzwanzigjährige Patientin aufmerksam und doch unauffällig.
"Ich bin doch verrückt, nicht wahr?" bemerkte Anka Sörgensen leise
und mit dem Anflug eines Lächelns um ihre schön geschwungenen Lippen.
"Auf der einen Seite fürchte ich mich, die Betäubungsspritze
könne nicht wirken, und auf der anderen Seite hoffe ich es praktisch,
weil ich mich nicht in fremde Hände ausliefern will, weil ich sehen
will, was man mit mir macht. Der Schlaf, er ist dem Tod so erschreckend
ähnlich... Ich rede wie eine Geisteskranke, was? Meine zwei verschiedenen
Vorstellungen das ist doch fast schon Schizophrenie nicht wahr?" "Nein, das
ist es auf keinen Fall. Sie sind verwirrt, Sie machen sich zuviele Gedanken
Sie sind sehr sensibel das ist alles. Ich werde Ihnen die Schwester schicken,
sie wird Ihnen noch ein leichtes Schlafmittel verabreichen. Sie sollten jetzt
wirklich schlafen. Es wird alles gut werden. Sie brauchen überhaupt
keine Angst zu haben..." Er drückte ihre Hand und ging aus dem Zimmer.
Es machte ihm überhaupt nichts aus, daß er sich so lange in diesem
Krankenzimmer aufgehalten hatte. Anka Sörgensen war eine bildhübsche
Frau. Sie gefiel ihm. Er unterhielt sich gern mit ihr, aber sie war etwas
überspannt. Damit mußte man bei Künstlern wohl immer rechnen.
Die waren alle ein wenig exzentrisch. Anka Sörgensen moderierte im
norwegischen Fernsehen eine eigene Show, sang, tanzte, und schrieb ihre eigenen
Texte... "Ich werde Sie operieren. Es wird alles gut verlaufen, Sie können
sich darauf verlassen!" Es waren die letzten Worte des jungen Chirurgen.
Anka Sörgensen legte sich in die Kissen zurück, schloß die
Augen und versuchte, die trüben quälenden Gedanken abzustreifen.
Er irrt, fieberte es in ihr. Ich weiß daß er sich täuscht.
Ich werde etwas ganz Schreckliches erleben... aber ich kann nicht mit ihm
darüber sprechen, sonst muß er mich ja für verrückt
halten! Sie wußte, daß diese harmlose Operation, die täglich
unzählige Male in jedem Krankenhaus der Welt durchgeführt wurde,
für sie einen entscheidenden Einschnitt in ihrem Leben bedeuten
würde...
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Nach seiner Flucht von Skyx wird Rani Mahay wieder zum Gefangenen des
Schwarzmagiers Tamuur. Wochenlang muss der Inder als Sklave in den Minen
schuften und Gestein abbauen. Darüber hinaus scheint Tamuur endlich
am Ziel seiner Wünsche angelangt zu sein, denn Aleana erweist ihm freiwillig
ihre Gunst. Sie will Rani sogar vor den Augen ihres Herrschers durch ein
Schlangenmonster töten lassen. Nach einem mörderischen Kampf scheint
der Inder tatsächlich zu unterliegen, doch Tamuur will das Ende gar
nicht miterleben und widmet sich lieber einem Spaziergang durch seinen
Schreckensgarten, der auch Chitra zum Schicksal wurde. Da erhält Rani
von Aleana den lebensrettenden Tipp, denn das Schlangenmonster ist ein tierisches
Geschöpf und damit empfänglich für die hypnotische Kraft des
Inders. Daraufhin zeigt ihm Aleana einen Weg zur Flucht. Sie weist ihm den
Weg zu Skelettus. Der Knöcherne ist der Herrscher über ein Volk
von Skeletten. Einst waren es normale Menschen, doch nachdem sie sich von
ihrem Gott abgewandt hatten ergriff Tamuur Besitz von dem Land und machte
seine Bewohner zu Skeletten. Von da an müssen die Gerippe den Dämonen
und Schwarzen Priestern dienen. Im Besitz des Knochenfürsten befindet
sich ein Medaillon, welches die Macht Tamuurs zu brechen vermag. Rani schleicht
sich heimlich in die Knochenburg, um das Medaillon zu finden. Skelettus
gewährt dem Inder seine Unterstützung und warnt ihn zur selben
Zeit, denn unter dem Einfluss des Totenkopfmondes werden die Skelette zu
Killern, vor denen niemand sicher ist. In einer Nebenhandlung wird das Medium
Anka Sörgensen vorgestellt, die sich in Oslo einer Blinddarmoperation
unterzieht und dabei Visionen von Skeletten hat. Sie ahnt nicht, dass sie
Skelettus und sein Volk bei ihrem Tanz beobachtet hat. Kurz darauf wird sie
selbst kurzzeitig nach Ullnak transportiert und lernt dort Rani Mahay kennen.
Anka ahnt langsam, dass sie ein Medium ist. Doch Molochos, der
Dämonenfürst ist auf der Hut, und schickt eine Hexe aus, um Anka
zu beseitigen....
Meinung:
Nach sieben Romanen, in denen das Schicksal Rani Mahays ungewiss blieb, geht
es nun auch endlich mit dem Inder weiter. Wieder bekommt der Leser kaum
Gelegenheit zu verschnaufen, denn die Ereignisse überschlagen sich geradezu.
Aleanas Täuschungsmanöver nicht gar so überraschend, allerdings
kann man die Hemmungen des Inders sehr gut nachvollziehen, als er Aleana
niederschlagen soll, damit Tamuur keinen Verdacht schöpft. Der Sieg
über das Schlangenmonster ist aber genauso unlogisch, wie Ranis Kampf
mit der Riesenschlange auf Skyx (Mac 43). Zunächst heißt es jeder
Kopf kann nur mit einer bestimmten Waffe getötet werden und später
gelingt es Rani auch hier das Ungeheuer mit seinem Willen zu bannen. Ersteres
deutet allerdings ganz klar auf eine dämonische Kreatur hin, welche
Erfahrungs-gemäß nicht sehr empfänglich für Ranis
Fähigkeiten sind. Aber gut, spannend war der Kampf allemal. Ebenso wie
Ranis Exkursion in das Land der Skelette. Man darf gespannt sein, wie sich
die Dinge im nächsten Band entwickeln und zuspitzen. Auch die Handlung
um Anka Sörgensen vermag zu fesseln. Gekonnt beschreibt der Autor die
Ängste und Zweifel, welche die junge Norwegerin befallen. Insbesondere
die Szene, in der Anka einen Mann aus einem Gemälde steigen sieht geht
unter die Haut. Auch der Krankenhausalltag und die medizinischen Abläufe
werden korrekt wiedergegeben. Insgesamt gesehen eine gute Fortsetzung von
Ranis Ullnak-Abenteuer, die schon im nächsten Band weitergeführt
werden.
Besonderheiten:
Solo-Roman mit Rani Mahay.
Erster Auftritt von Anka Sörgensen.
Erster Auftritt von Skelettus.
Erster Auftritt von Dr. Thorwald Belman.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Lonati hat es wieder einmal verstanden, dass Geschehen des Romans perfekt
wiederzugeben. Skelettus vor seiner Knochenburg, besonders beeindruckend
ist das knöcherne Pferd gelungen.
Coverbewertung: