Larry Brent Nr. 124: Die weiße Frau vom Gespensterturm
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Das Gasthaus lag auf dem Weg zu seinem Ziel. Obwohl er von dort nur noch
drei Fahrtstunden entfernt war, kehrte er ein, um etwas zu essen und ein
Bier zu trinken. Der junge Mann parkte seinen alten VW, der noch das kleine
Heckenfenster und rund dreißig Jahre auf dem Buckel hatte, auf dem
unbefestigten Platz vor dem Haus. Die Wirtschaft besaß kleine,
bleiverglaste Fenster und eine niedrige Holztür. Der Gast, knapp einsachtzig
groß, mußte sich bücken, um nicht mit dem Kopf an den
eingekerbten, alten Querbalken aus massiven Eichenholz zu stoßen, in
den dunkel und verschnörkelt die Jahreszahl 1532 geschnitzt war. Das
buntbemalte Blechschild, gefaßt in einen brüchig aussehenden
Eisenrahmen, stammte offensichtlich auch das dieser Zeit. Es zeigte eine
altmodische Szene, eine zweispännige Kutsche, aus der Damen und Herrn
stiegen. Auf dem Dach des Gefährts türmten sich Koffer und Reisekisten.
Die Kutsche stand vor einer Abbildung des Hauses, vor dem der Ankömmling
seinen VW geparkt hatte.
Rezension von
Leichnam:
Kurzbeschreibung:
Ein junger Deutscher ist in England unterwegs, um Spuk-Orte aufzusuchen und
dort Phänomene zu beobachten. Besonders tiefes Interesse hegt er für
den Ort Pembroke, an dessen Rand der legendenumrankte Gespensterturm seinen
düsteren Platz hat. Lady Myra soll dort umgehen, als weiße Frau.
Einst war sie eingesperrt im Turm - getan hatte dies ihr verschmähter
Verehrer. Sie tötete ihn, nachdem er wieder einmal nach ihr geschaut
hatte. Über einen hohen Spiegel im Turm gelang ihr vorher der Kontakt
zur Unterwelt. Ihr Männerhaß bewirkte, daß sie die Kerle
nur noch in Mischgestalt sehen wollte: Wesen aus Ratte und Fledermaus - die
Tiere, mit denen sie sich aus Not heraus anfreunden mußte. Die Frau
war wahnsinnig geworden, und nach dem Tode gab sich selbst ihr Geist noch
irr und gespalten. Simon Sabatzki, Larry, Morna und Iwan - alles PSA-Agenten
- gehen den Fall von verschiedenen Seiten her an. In der Turmruine kamen
immer wieder Neugierige ums Leben. Die weiße Frau läßt
verschiedene Leute irre werden, indem sie Teile ihres Geistes abspaltet.
Geschehen konnte das, nachdem 3 Leute den alten Spiegelrahmen aus dem Turm
geholt hatten, längst ein Tor zu einer Art Vorhölle, in der auch
Larry kurz landet. Larry verbrennt den Spiegel, der Spuk endet. Im Turm findet
man in einem tiefen Schacht die Skelette von zahlreichen Opfern der weißen
Frau. Der junge Deutsche, der letzte Tote, wurde aufgefunden mit echsenartigen
Flügeln sowie angekohltem Körper...
Meinung:
Ein ganz schöner Reißer! Und wieder mal voller kranker Dan Shocker
- Ideen! Ein wahnsinniges Gespenst - da muß man schon mal schlucken.
Also: Der Roman ist wirklich ziemlich unheimlich, und ein Spannungsfaden
zieht sich durch alle Seiten. Mehrere Handlungs-Stränge, wie eigentlich
meistens bei Shocker. Der Roman ist definitiv kompakt durchgeplant worden.
Shocker ließ sich sicherlich bei der Schreibtätigkeit selten oder
gar nicht treiben. Er ist ein Autor, der vorher bereits sehr konkret weiß,
wie alles im Text werden soll. Das zeichnet ihn eigentlich als harten
Denkarbeiter aus. Die bequemere Art, einen Gruselroman zu verfassen, ist
die, daß man einfach anfängt und schaut, was denn für
Einfälle noch so eintrudeln. Der geniale Edgar Allan Poe hat diese letztere
Verfahrensweise zeitlebens verurteilt und als falsch angesehen. Dramaturgische
Höchstwirkung entsteht durch genaue Vorplanung. Ich denke, Poe hätte
einen Shocker-Roman recht gut gefunden. Warum vergebe ich lediglich 3 Kreuze?
Weil es keiner der Top-Titel ist. Bei 4 und 5 Kreuzen bin ich absolut gebannt
vom Material, hier aber passiert schon mal ein leicht gelangweiltes Gähnen.
Nicht, weil Spannung fehlt, sondern eher diese gewisse Magie, welche echten
Kitzel hervorbringt.
Besonderheiten:
Simon Sabatzki taucht auf, Nachrichtenagent der PSA
Das Thema weiße Frau wird aufgegriffen. Eine oft beobachtete Gestalt
der echten Geister-Forschung.
3 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Schöne Farbtöne. Insgesamt passend zum Roman.
Coverbewertung: