Larry Brent Nr. 119: Satanische Klauen
Larry Brent Nr. 119: Satanische Klauen


Diese Nacht sollte Josephine Bandelle nie vergessen. Das kam so. Täglich fuhr sie den Weg von Carcassonne nach St. Chemin, einem kleinen Ort in den Bergen. In Carcassonne unterhielt sie einen kleinen Souvenirladen, in St. Chemin, gut dreißig Kilometer entfernt, wohnte sie. Während der Sommermonate lohnte sich diese tägliche Fahrt. Sie setzte gut um. Carcassonne wurde von vielen Touristen aus dem In- und Ausland besucht. Jetzt näherte sich der Herbst. Der Strom der Touristen war versiegt. Es kam die Zeit, da die alte Stadt mit den massigen Mauern und wuchtigen Türmen wie ausgestorben wirkte. Josephine beschloß, den Laden nur noch diese Woche offenzuhalten. An diesem Abend hatte sie schon mit der Inventur begonnen. Sie verließ die Stadt später als gewöhnlich und fuhr über die kurvenreiche, wenig benutzte Strecke hinauf in die Berge. Über die Cevennen pfiff der Wind. Es war stockfinster. Die Scheinwerfer des Peugeot rissen mit riesigen Geisterfingern die kahlen Alleebäume aus der Finsternis und warfen sie rechts und links in die tristen Gärten, die verlassenen Weinfelder wieder zurück. Wie gern fuhr sie diese Strecke im Frühjahr, wenn alles in voller Blüte stand. Da glaubte man sich im Paradies. Die klare Luft war wie Seide, auf die ein Künstler schillernde Blüten mit leichter Hand gepinselt hatte. Jetzt im herbstlichen Regen lag alles grau in grau. Josephine haßte diese Tage. Die triste Stimmung gehörte nicht in diese Landschaft, fand sie. Die Berge kamen näher in einer Kurve. Die fünfunddreißigjährige Geschäftsinhaberin nahm das Gas weg. Es war eine Neunzig-Grad-Kurve. Dahinter stieg die schmale Straße steil an, um schließlich eine kurze Zeitlang schnurgeradeaus zu laufen. Es regnete unaufhörlich. Die Scheibenwischer schwappten hin und her. Links wieder Felder, rechts ein schmaler Randstreifen, dahinter gleich der Abhang. Den abendlichen Rückweg nutzte sie als eine Art Entspannung. Sie brauchte auf keinen Verkehr zu achten. Ihr war noch nie ein Wagen begegnet, und ebensowenig war es vorgekommen, daß ein anderer sie überholte. Sie zog den Peugeot in die nächste Kurve - und mußte heftig auf die Bremse treten. Der Wagen rutschte über die regennasse Straße. Josephine Bandelle hielt den Atem an. Mitten auf der Straße lag - ein Kind.


Rezension von Leichnam:


Kurzbeschreibung:
Eine Frau, welche die Hölle liebte. Und ihre Halbschwester. Ein fanatischer Filmregisseur, Henry Valeau, will das Werk seines Lebens herausbringen. Titel: "Tod einer Unbekannten". Eine Mischung aus Spielfilm und Dokumentation. Dabei rührt er eine gefährliche Geschichte auf, denn auch die Örtlichkeit stimmt. Er mietete ein altes Palais an, in dem vor gut 100 Jahren Grauenvolles geschah. Die Unbekannte, die die Hölle liebte, kommt als eine Art Feuerteufel zurück. Immer größer und mächtiger werdend, je mehr Opfer sie aus dem Leben reißt. Larry Brent und Morna Ulbrandson gelangen an diesen Fall im schönen Frankreich. Es ist Provinzgegend, einsam gelegen. Die Halbschwester der Satanischen muß getötet werden. In ihr steckt der gute Teil der verlorenen Seele, die als Feuerwesen Unheil stiftet. Diese Halbschwester wird durch eine lebende Puppe repräsentiert. Die Puppe wird letztlich durch eine Frau zerstört, die der einstigen Halbschwester sehr ähnlich sieht. Bis es aber dazu kommt, ist es ein langer, nervenaufreibender Fall für Larry Brent. Es wird im buchstäblichen Sinne heiß für unseren PSA-Agenten und seine Kollegin...


Meinung:
Der Filmregisseur wird allmählich zur einstigen Satanischen - dabei fault allmählich sein Fleisch ab. Diese Dan-Shocker-Ideen sind schon immer wieder herrlich pestig! Also, so richtig begeistert hat mich dieser Titel nicht, er ist eher Mittelmaß. Jedoch das Finale ab Seite 53 ist furios, wütend, actionbetont, sehr bombastisch aufgezogen und spannungsgeladen. Pure Apokalypse a la Hollywood! Und dieses Ende eben reißt "Satanische Klauen" aus einem Langweiler-Heft heraus.


Besonderheiten:
Die PSA kann den Kampf gegen eine höllische Feuerkreatur in ihren Akten verewigen.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Paßt voll zum Roman, was wichtig ist! (Bei den heutigen Sinclair-Romanen anscheinend nicht mehr...) Lonati traf das Feuerwesen recht gut. Das Gesicht in Violett ist die eigentliche Schöpferin des flammenden Ungeheuers - die Höllenfreundin nämlich, über die der Film gedreht wird.


Coverbewertung:
3 Kreuze
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
In dem französischen Chemin in den Cevennen geschieht Merkwürdiges. Auf dem Weg nach Hause sieht Josephine Bandelle ein Kind auf der Straße liegen. Als sie aussteigt, um zu helfen, erkennt sie, dass es sich um eine Puppe handelt. Entsetzt steigt sie wieder ins Auto und rast nach Hause. Dort informiert sie ihren Mann, der Entsetzt ist über ihre Erscheinung. Ihr Kleid ist blutbesudelt, im Wagen liegen drei abgetrennte Finger. Zur selben Zeit erscheint im Ort ein Feuerball und verbrennt einen Menschen. Kurz darauf wird ein junges Liebespaar attackiert, entkommt aber in letzter Sekunde. Dieses Mal ist das Feuerphänomen deutlich größer und besitzt die Form eines Menschen. Hängen diese Vorkommnisse mit dem Film zusammen, den Henry Valeau, ein berühmter Regisseur, oben im Palais drehen will? Die PSA-Agenten Morna Ulbrandson und Larry Brent sollen Licht in das Dunkel bringen....


Meinung:
Schon zu Beginn baut Dan Shocker eine Gruselatmosphäre auf, die andere Autoren in ganzen Romanen nicht erzeugen können, dabei ist die Idee gar nicht so neu. Puppen gibt es im Horror-Bereich en masse und ihre Wirkung ist ungebrochen. Auch mir lief bei dem Gedanken nachts, allein auf unbeleuchteter Straße eine Puppe auf derselben zu finden, ein Schauer über den Rücken. Die Szene mit den abgetrennte Fingern beruht auf einer „düsteren Legende“, und solcherlei Begebenheiten findet man eigentlich immer in Büchern wie „Die Spinne in der Yucca-Palme“. Am Anfang stürmt unheimlich viel auf den Leser ein, so dass man Gefahr läuft den Überblick zu verlieren, doch zum Ende hin laufen wieder mal alle Fäden geschickt zusammen und die PSA-Agenten Larry Brent und Morna Ulbrandson dürfen wieder voll auftrumpfen, auch wenn die blonde Schwedin eigentlich wenig zu tun hat und die Hauptarbeit einmal mehr dem Titelhelden überlässt. Der Kampf mit dem Feuermonster wurde äußerst dramatisch geschildert, so kam auch die Action letzten Endes nicht zu kurz. Etwas seltsam fand ich die Entscheidung des Arztes nur aufgrund des Patientenwillens zu verschweigen, dass der Mann zuerst drei Finger verliert und schließlich die gesamte Hand. Da gehört es eigentlich schon zur Pflicht jedes Arztes zu prüfen, ob keine psychische Erkrankung vorliegt oder sogar Seuchengefahr besteht. Die Aktion in der Raoul seine Freundin anschreit und schlägt wird später sehr unglaubwürdig erklärt, aber das ist wohl Geschmackssache und im Übrigen auch eine Kleinigkeit. Rückblickend hat es mir wie so oft, sehr viel Spaß gemacht diesen Roman zu lesen und kann ihn Freunden gruseliger und mysteriöser Geschichten nur wärmstens Empfehlen, wenn man denn bereit ist über kleine Ungereimtheiten hinwegzusehen.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Hexengesicht und das Feuermonster kommen zwar in der Geschichte genauso vor, allerdings wirkt das Cover irgendwie unfertig. Jedenfalls nicht sehr ansprechend, auch wenn es schlechtere Werke von Lonati gibt.


Coverbewertung:
2 Kreuze