![]() |
Ich darf nie zulassen, daß diese Schrift in falsche Hände gerät,
ging es ihm durch den Sinn, während die Papyrusrolle zwischen seinen
Fingern raschelte, als er sie zusammenrollte. Der Ägyptologe wirkte
aschfahl. Sein graues, stumpfes Haar hing strähnig an den Seiten herab,
seine Schädeldecke schimmerte durch sein schütteres Deckhaar. Edgar
Bauser, angesehener Forscher, stammte aus Stuttgart und lebte dort am Stadtrand
seit zehn Jahren. Er hatte die ganze Welt bereist, kannte Ägypten wie
kein zweiter, war aber nun zu alt, um neue Expeditionen zu unternehmen. Was
er vor zehn Jahren entdeckt hatte, wußte nicht mal die Fachwelt, denn
er hatte seinen Fund verschwiegen. Bauser schob die Rolle beiseite und zog
einen Bogen vor sich. Der Mann schrieb eilig einen Brief, als dränge
die Zeit. Furcht erfüllte ihn. Er wußte: Er konnte den Papyrus
nicht vernichten. Das brachte Unheil. Er durfte aber auch nicht zulassen,
das er benutzt wurde. Auch das brachte Unheil. Er faltete den Brief zusammen,
adressierte den Umschlag, verschloß ihn und klebte noch eine Briefmarke
darauf. Mühsam erhob er sich. Die alten Beine wollten nicht mehr so
recht. Der Schreibtisch war durch eine Lampe hell ausgeleuchtet, der Rest
des Zimmers lag im Dämmerlicht. Im Korridor stand eine alte, eichene
Kommode, darauf stand eine uralte Petroleumlampe, die seit Jahren nicht mehr
gebrannt hatte und nunmehr Dekorationsstück war. Gegen den Fuß
dieser Lampe stellte er den Brief. Das Mädchen, das morgens zum Putzen
kam, würde den Brief mitnehmen. Oder sollte er selbst doch noch den
Weg bis zum nächsten Briefkasten machen und ... Da hörte er das
Geräusch im Hausflur. Vom Stockwerk über ihm kam jemand die Treppe
herab.