John Sinclair Nr. 1706: Lockvogel der Nacht

John Sinclair Nr. 1706: Lockvogel der Nacht


Blut, sie brauchte Blut. Deshalb war Justine Cavallo auch auf der Suche nach einem Opfer. Ihre Sucht nach dem menschlichen Lebenssaft war immer stärker geworden. Es hatte sich bei ihr etwas verändert, und sie wusste selbst nicht genau, woran es lag. Sie wollte die Panik. Sie wollte das Grauen. Und sie wollte der Auslöser sein. Das war sie zwar immer gewesen, aber sie hatte ihr Verhalten trotzdem geändert. Das gewisse Kalkül, das stets ihre Handlungen bestimmt hatte, spielte in letzter Zeit keine Rolle mehr …


von Jason Dark, erschienen am 22.03.2011, Titelbild: Calandra
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Justine Cavallo trifft auf der Jagd nach Blut auf die restlichen Halbvampire, die in der Horror-Höhle John Sinclair und Suko entkommen sind. Auch der Spuk, Herrscher im Reich der getöteten Dämonenseelen, zeigt sich und unterbreitet der blonden Bestie ein Angebot, das sie nicht ausschlagen kann. Justine Cavallo wird mit der Seele ihres getöteten Erzfeindes Dracula II konfrontiert und macht sich zur neuen Herrscherin über die Halbvampire. Einen von ihnen, eine Frau namens Kate, macht sie zur vollwertigen Blutsaugerin, und schickt sie mit einer Botschaft zu ihrer ehemaligen Mitbewohnerin Jane Collins. Dort befindet sich auch John Sinclair. Der Geisterjäger und sein Kollege Suko haben nämlich von ihrem Chef Sir James Powell einen ganz besonderen Auftrag erhalten: Vernichtet Justine Cavallo …


Meinung:
Endlich wird wieder ein neues Kapitel in der Sinclair-Geschichte aufgeschlagen und die Serie bekommt wieder neuen Schwung. Zugleich findet ein unliebsames Problem endlich eine lang erwartete Lösung und jene, die sich die Spannung nicht nehmen lassen wollen, sollten zunächst den Roman lesen. Es lohnt sich. Hier kommen sowohl Vampir-, als auch Justine Cavallo-Fans auf ihre Kosten, ebenso wie Freunde des Spuks. Auch das Thema Dracula II ist offenbar noch nicht vom Tisch, obwohl dieser Umstand die Fangemeinde sicherlich spalten wird. Der Roman besitzt durch seine Brisanz eine ganz eigene Atmosphäre. Vor allem als John und Suko vor ihrem langjährigen Chef sitzen und der mit seinen Untergebenen Tacheles redet. Es zeigt sich außerdem, dass auch die Spezialabteilung jemandem Rechenschaft schuldig ist, und die oberen Stellen wollen das Vorgehen der blonden Bestie nicht länger akzeptieren. Just zu dem Zeitpunkt entscheidet sich auch der Spuk wieder zur Freude zahlloser Leser aktiv in das Geschehen einzugreifen. Dracula II wird zu einer Art Dybbuk und fährt als Geist in den Körper von Justine Cavallo, die ihrem einstigen Gönner und späteren Todfeind, nun bis zu ihrem eigenen Ende ganz nah sein wird. Natürlich wird auch das restliche Sinclair-Team informiert, denn ab sofort muss Justine Cavallo wieder als Feindin betrachtet werden, die es zu vernichten gilt. Etwas befremdlich muten die Zweifeln von John Sinclair an, der nicht sofort sein Kreuz und die Beretta zückt, um die Blutsaugerin auszuschalten, sondern erstmal versucht abzuwägen, ob man sie nicht in Sicherheit wiegen sollte. Immerhin hat er schon gegen weitaus mächtigere Dämonen gekämpft. Nachdem die Fronten zumindest für den Leser geklärt sind passiert eigentlich nicht mehr viel, außer dass es den restlichen Halbvampiren an den Kragen geht, unter anderem ihrem charismatischen Anführer Hellman. Ob es tatsächlich alle Halbvampire waren bleibt ungewiss, wird aber vermutet. Der titelgebende "Lockvogel der Nacht" ist die Halbvampirin Kate, die zu einer richtigen Blutsaugerin gemacht wird, und relativ schnell von Jane Collins mit einer Silberkugel erlöst wird. Leider greift Justine Cavallo in der zweiten Hälfte des Romans nicht mehr aktiv ein, so dass die Auseinandersetzung mit den Halbvampiren recht unspektakulär, aber nicht langweilig ist. Allerdings ist es schon merkwürdig, dass die Freunde nach der Vernichtung des fünften Halbvampirs davon ausgehen, dass die Angelegenheit erledigt ist, denn dass Justine zu Beginn des Romans einen von ihnen in einem Lagerfeuer verbrannt hat, können die Geisterjäger ja nicht wissen. Obwohl der Stil dank des fehlenden Lektorats recht holprig ist, wird der Roman für den Fan zum echten Pageturner und weckt die Lust auf die kommenden Wochen, in denen es John Sinclair und Co wieder mit einer ernstzunehmenden Gegnerin zu tun bekommen werden.
Fazit: Für Fans ein echtes Highlight, obwohl die Handlung in der zweiten Hälfte des Romans etwas abflacht.


Besonderheiten:
Der Geist von Dracula II fährt in den Körper von Justine Cavallo.
Justine Cavallo wird wieder zur Todfeindin des Sinclair-Teams.
Die letzten (?) sieben Halbvampire werden vernichtet.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Ein stimmiges und schaurig-schönes Cover, das zwar nur entfernt mit dem Inhalt zu tun hat, aber dennoch hübsch anzusehen ist.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
Der Spuk steht kurz vor der Vollendung seines großen Plans. Er lockt Justine Cavallo auf einen alten Friedhof, wo er sie mit der Seele von Dracula II verbindet. Justine übernimmt Mallmanns Erbe und wechselt so erneut auf Johns Gegnerseite. Sie hetzt dem Geisterjäger sieben Halbvampire auf den Hals, aber mithilfe von Suko und Jane gelingt es John, die Wesen zu vernichten. Dem Sinclair-Team wird schließlich klar, dass ihm mit Justine als neuer Supergegnerin sehr schwere Zeiten bevorstehen.


Meinung:
Waren die Erwartungen an die Fortsetzung des Vorwochenromans vergleichsweise hoch, gerät "Lockvogel der Nacht" dann doch relativ enttäuschend. Zwar ist der Roman kein Reinfall, er unterhält und bringt die Handlung auch ein gutes Stück nach vorne, aber er schafft es einfach nicht, an die Spannung des Vorgängers anzuschließen. Vor allem Anfang und Schluss der Geschichte überzeugen einfach nicht.
Der Einstieg gerät sehr, sehr lang. Viel zu ausführlich beschreibt Jason Dark, wie Justine Cavallo von einer ominösen Macht angelockt wird und auf einem alten Friedhof landet. Bis hier wirklich etwas passiert, vergehen acht Seiten, auf denen Justine viel überlegt und sinniert, die dem Spannungsaufbau aber nicht gerade in die Hände spielen. Der Schluss ist im Gegensatz dazu actionreich, aber auch wieder ziemlich unspannend. John, Jane und Suko erledigen sieben Halbvampire im Akkord, Ende, Aus. Vom Auftauchen des sog. Lockvogels der Nacht (ein weiblicher Vampir, der John töten soll) bis zur Vernichtung des letzten Blutsaugers lässt sich Jason Dark 22 Seiten Zeit, das ist ein Drittel des gesamten Romans. Zwar ist das alles angenehm beschrieben, und der knietiefe Schnee bietet ein schönes Bühnenbild für die Blutsauger-Jagd, aber was dem Roman letzten Endes fehlt, ist ein abschließender Auftritt von Justine, eine Ansage an den Geisterjäger oder ein typisches Cavallo-Fanal - immerhin ist Justine die Hauptfigur des Romans! Ihr Telefonanruf in der Mitte der Geschichte geht in diese Richtung, wird der Bedeutung ihrer neuen Rolle aber nicht gerecht.
Pluspunkt der Geschichte ist zweifellos Justines vollständige Umkehr. Dass die Cavallo zur neuen alten Supergegnerin von John wird, tut der in den letzten Jahren aufgebauten Faszination ihrer Figur keinen Abbruch. Im Gegenteil: es weist die Serie in eine neue Richtung, die Jason Dark für die Zeit nach dem 1700. Roman angekündigt hat.
Noch etwas holprig lesen sich die Dialoge zwischen Justine und der Dracula-II-Off-Stimme - zumal es ja nicht einmal Mallmanns vertraute Stimme ist, die da mitdiskutiert, sondern "eine neutrale geisterhafte Botschaft". Hoffentlich lässt sich Dark für die Zukunft eine elegantere Lösung einfallen, denn die Vampirin im Zwiegespräch mit sich selbst ist nun wirklich nicht sehr aufregend.
Tiefpunkt der Geschichte ist die Tatsache, dass Sir James unbewussterweise ausgerechnet dann zur Jagd auf Justine bläst, als sie vom Spuk umgepolt wird. Das wirkt nicht nur schlecht konstruiert, sondern ist auch absolut überflüssig. Justines Seitenwechsel hätte vollkommen ausgereicht, um das Umdenken im Sinclairteam einzuleiten.
Fazit: Solider Roman, der das Niveau des Vorgängers aber nicht hält. Stark serienrelevant, aber keine Serien-Sternstunde. Mit Ach und Krach drei Kreuze.


Besonderheiten:
- Der Halbvampir Hellman wird von John endgültig vernichtet.
- Justine Cavallo übernimmt die Seele des vernichteten Dracula II und wird damit wieder zur eindeutigen Gegnerin von John. Unabhängig davon ruft Scotland Yard zur Vernichtung der Vampirin auf.
- Jason Dark verrät auf der Leserseite, dass er seine Romane nicht mehr auf seiner alten Monica tippt, die ihren Geist aufgegeben hat, sondern auf einer größeren Schreibmaschine aus Gusseisen. Angeblich schreibt er 500 Seiten pro Monat.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Schönes, unheimliches Cover. Die gruseligen Fledermäuse sind ein Geschenk für jedes Sinclair-Titelbild, und selbst die halbnackte Vampirfrau wirkt dieses Mal nicht billig, sondern fügt sich angenehm ins schaurige Gesamtbild.


Coverbewertung:
4 Kreuze