John Sinclair Nr. 1455: Das Gewissen des Henkers
|
Der erste Schritt, der zweite, der dritte - doch die verdammte Angst blieb
bestehen. Plötzlich war die Treppe für Fiona Lester zu einer
Marterstrecke geworden - nicht körperlich, sondern psychisch. Dass sie
sich allein im Haus ihres Onkels befand, machte die Sache nicht leichter.
Fiona hatte sich entschlossen, das Haus für zwei Wochen zu hüten.
So lange wollten ihre Verwandten verreisen, und es war für sie schon
etwas Besonderes, aus einer kleinen Wohnung in ein Haus zu ziehen. Zudem
gab es eine gute Zugverbindung nach London zu ihrer Arbeitsstelle. Drei Tage
und drei Nächte hatte sie bisher in diesen alten Mauern verbracht, wobei
man die Tage nicht voll zählen konnte, denn sie war ja ihrem Beruf
nachgegangen. Passiert war bisher nichts. Keine Einbrecher, keine Fremden,
die um das Haus herumgeschlichen wären. Trotzdem hatte sie in den bisherigen
Nächten das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmte. Dass dieses
Haus auf seine Art und Weise lebte...
von Jason Dark, erschienen am 30.05.2006, Titelbild: Timo Wuerz
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Als Fiona Lester im Haus ihres Onkels wohnt, während dieser mit seiner
Frau Urlaub macht, erwacht plötzlich das Porträt des Henkers Lincoln
Lester zum Leben. Geschockt informiert die Polizistin John Sinclair, der
aber nur noch einen leeren Bilderrahmen zu Gesicht bekommt. Dafür
erhält Fiona eine Nachricht, in der steht, dass der Henker der Königin
Victoria sein Gewissen erleichtern will, denn er habe nicht nur im Namen
der Königin die Urteile vollstreckt sondern in drei Fällen auch
Morde gegen Bezahlung ausgeübt und somit Unschuldige getötet. Selbst
die Namen hat der Henker aufgeführt, doch die bringen John nicht weiter.
Zu viele Menschen mit den gleichen Namen wohnen in London. Doch als
plötzlich das Ehepaar Rifkin von einem gespenstischen Henker gerettet
wird und dieser dabei zwei Tote hinterlässt, weiß John Sinclair,
dass Lincoln Lester für sein reines Gewissen auch bereit ist zu töten
...
Meinung:
Mit diesem Roman hat sich Jason Dark selbst übertroffen und einen wirklich
unterhaltsamen Gruselroman mit viel Atmosphäre und einer originellen
Idee geschaffen. Henker-Romane gab es in der Serie schon viele, aber noch
nie wollte eine dieser zumeist höllischen Gestalten ihr Gewissen
erleichtern. Dabei beginnt der Roman schon sehr stimmungsvoll und gruselig.
Die Hauptdarstellerin Fiona hört allein in einem alten Haus ein
merkwürdiges Stöhnen und Ächzen und muss dann mit ansehen,
wie die Augen des Henkers auf dem Porträt zu glühen beginnen. Grusel
und Gänsehaut, ohne Brutalität und Kübelweise Blut, das schaffen
nur die wenigsten Autoren und Jason Dark hat hiermit bewiesen, dass er nichts
verlernt hat. Dem Roman kommt außerdem zugute, dass die aktuellen
Hauptgegner nicht mitspielen und auch Glenda nicht in der Gegend herumbeamen
muss. Zudem bleibt der leidgeprüfte Leser von fliegenden Vogelmädchen
und superblonden Vampirinnen verschont und wird dabei mit einer gut durchdachten
und logisch nachvollziehbaren Handlung verwöhnt. Der eine oder andere
Dialog hätte vielleicht etwas gestrafft werden können, aber wirklich
stören tun sie nicht. Bemerkenswert ist folgender Absatz, den ich einfach
mal zitieren möchte: Ich war Polizist. Ich musste das Leben der Menschen
auch schützen, wenn sie es nicht verdient hatten." Es wundert mich ein
wenig, dass Jason beim Schreiben dieser Zeilen nicht ins Stutzen geraten
ist und mal die Beziehung zwischen Justine Cavallo und dem Sinclair-Team
in Frage gestellt hat. Vielleicht hat er es sogar, aber es wäre wirklich
an der Zeit dahingehend etwas zu unternehmen, denn Justine tötet ja
noch nicht mal Verbrecher sondern hauptsächlich Obdachlose, die nun
wirklich niemandem etwas zu Leide tun. Für den vorliegenden Roman ist
dieser Punkt aber nicht von Relevanz, denn hier erinnert sich John wieder
hervorragend an seine ethischen und moralischen Grundsätze. Dass der
Henker eigentlich kein direkter Feind ist, macht diesen "Gegenspieler" noch
viel interessanter.
Besonderheiten:
Die Leserseite nimmt nur eine Seite ein und es wurden sogar drei Leserbriefe
abgedruckt, ohne das die Schriftgröße groteske Ausmaße einnimmt.
Sehr löblich. Im ersten Brief wird gefragt, ob die Leserpost abnimmt,
was Jason sogar unumwunden zugibt. Bei der Anfrage nach E-Mails bestätigt
Jason Dark, dass er diese manchmal vom Verlag zugeleitet bekommt, sie aber
nicht abdruckt, weil keine Adresse angegeben ist. Ein wenig unbefriedigend
diese Aussage. Zumal sich die Frage stellt, wieso dann überhaupt eine
E-Mail-Adresse eingerichtet wurde.
5 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Passt hervorragend zum Roman und ist auch vom Stil her nicht schlecht geraten.
Insbesondere das gräuliche Schwarz und der rote Kerzenschein unterstreichen
das Dämonische im Blick des Henkers.
Coverbewertung:
Rezension von
Myxin:
Kurzbeschreibung:
Aus Fiona Lesters Porträt eines Urahnen steigt eben jener heraus. Ein
Henker aus der Zeit von Queen Victoria. Allerdings mit hehren Zielen. Er
will sich bei Nachfahren von Opfern bedanken, die er nicht gehenkt sondern
auf eigene Rechnung ermordet hat. Bei den ersten, Ehepaar Riffkin, gelingt
es ihm sogar. Er rettet sie vor Erpressern die er nebenbei noch tötet.
Auch bei den Geschwistern Warren läuft alles glatt, erst bei Viv Morrow
kommt die Vergebungssuche ins Stocken. Vic Morrow hetzt seine Leibwächter
auf Lincoln Lester, den Henker. Diese können ihn natürlich nicht
stoppen, einer bezahlt die Attacke mit seinem Leben. Erst jetzt ist Vic Morrow
bereit zu verzeihen. Was ihn auch nicht mehr retten, denn jetzt will der
Henker seinen Kopf. Dies wird von John und Suko verhindert die Lincoln Lester
mit geweihten Silberkugeln erschießen.
Meinung:
Eigentlich eine interessante Story, die aber einige Schwächen aufweist.
Warum hinterläßt der Henker seiner Nachfahrin einen Brief mit
einer Erklärung? Dies wirkt unlogisch. Den größten Teil des
Falls rennt John dem Henker nur hinterher. Bis er auf ihn trifft und dieser
wieder selbst erzählt, was er vor hat. Dann folgt ein toller Fehler
in der Szene mit den Warrens. Seite 48, Spalte zwei unten: "Hatten Sie auch
Angst?", fragte Fiona. Beide lachten auf. "Und ob wir Angst gehabt haben..."
Seite 50, erste Spalte oben: "...Er hat uns nicht bedroht und sich bei uns
nur entschuldigt. Er hat uns durch sein Erscheinen auch keine Angst eingejagt."
:-D Was denn nun? Vic Morrow wird wieder wie der typische dumme und brutale
Verbrecher dargestellt, das Ende ist auch wie immer. Interessanter wäre
es gewesen wenn der Henker sein Ziel erreicht hätte und einfach verschwunden
wäre, wohin auch immer. Der seltsame Höllenschutzengel der im Henker
steckte war auch nicht mein Fall. Trotz allem war der Roman ziemlich
flüssig zu lesen und etwas besser als der vorige. Dazu kommt meine
wohlwollende Güte, so dass es drei Kreuze werden.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover zeigt Fiona Lester vor dem Porträt des Henkers. Der Künstler
ist wieder Timo Würz. Es bekommt wie der Roman drei Kreuze.
Coverbewertung:
Rezension
von Dämonengeist:
Kurzbeschreibung:
John Sinclair wird von der Polizistin Fiona Lester zu Hilfe gerufen, die
gesehen hat, wie in dem Haus, dass sie für ihren Onkel hütet, der
Henker Lincoln Lester, der zur Zeit von Königin Victoria gelebt hat,
aus seinem Porträt gestiegen ist. Als John bei seiner Kollegin ankommt,
ist ihr Urahn verschwunden. Allerdings finden sie einen Zettel, auf dem steht,
dass der Henker zurückgekehrt ist, um sich bei drei Nachfahren seiner
Opfer, die die Namen Rifkin, Warren und Morrow trugen, für seine Taten
zu entschuldigen, denn er hat nebenher auch als Auftragsmörder gearbeitet.
Während John sich ins Büro begibt, taucht Lincoln Lester bei dem
Ehepaar Rifkin auf, die eine Imbissbude besitzen und gerade von zwei
Männern überfallen werden. Kurzerhand tötet der Henker die
beiden Räuber mit seinem Beil und erhält von den geschockten Rifkins
seine Abbitte. Nachdem John von dieser Aktion erfahren hat, besucht er noch
einmal seine Kollegin. Dort erscheint ebenfalls der Henker mit einem
höllischen Schutzgeist, der ihn am Leben erhält. John kann beide
mit seinem Kreuz vertreiben. Vorher hat er aber noch erfahren, dass Lester
als nächstes bei den schauspielenden Geschwistern Warren auftauchen
wird. Als John und der herbeigerufene Suko bei den verdutzten Warrens ankommen,
ist der Henker bereits verschwunden, da die Schauspieler ihm verziehen haben.
Allerdings hat Lester ihnen mitgeteilt, dass er nun bei Vic Morrow, einem
Gangsterboss, auftauchen wird. Zwar finden John und Suko schnell dessen
Aufenthaltsort, doch der Henker ist schon vor ihnen aufgetaucht und hat bereits
einen von Morrows Leibwächtern getötet. Nun greift er auch den
Unterweltboss an, doch unsere Freunde jagen dem Henker zwei Silberkugeln
in den Körper und sorgen so für seine Vernichtung.
Meinung:
Nachdem Jason Dark im letzten Heft
noch seine Abneigung gegen Rockmusik erstaunlich langweilig zum Ausdruck
gebracht hat, beglückt er die Leserschaft diesmal mit einem richtig
spannenden Roman. Dabei gibt es mit Lincoln Lester mal wieder einen richtig
charismatischen Gegner, der zwar vorgibt, nach Vergebung zu suchen, aber
mit seiner süffisanten Art zeigt, dass er noch immer Lust am Töten
hat. Die Mordszenen sind diesmal wirklich brutal - eigentlich gar nicht Darks
Art, aber eine willkommene Abwechslung. Zum Glück gibt es auch kaum
gedehnte Szenen, was zu Gunsten von Lesters atmosphärischen Auftritten
steht. Einzig der Part, in dem sich John, Suko und Glenda im Büro über
den Fall unterhalten, ist etwas zu lang. Aufgefallen ist mir noch ein
schräger Vertipper auf Seite 39, als auf Johns Kollegin Fiona Lester
plötzlich 'Fiona Lincoln' wird. Mehr hab ich diesmal, welch ein seltenes
Glück, jedoch nicht auszusetzen, sodass ich guten Gewissens - zumindest
ich habe noch eins - vier Kreuze vergebe.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover ist für Würz'sche Verhältnisse fast schon perfekt.
Es zeigt wohl Fiona Lester vor dem Portrait des Henkers. Allerdings kommt
die Szene so nicht ganz im Roman vor, zudem stört mich dieser verwaschene
Fleck unten rechts etwas...
Coverbewertung: