John Sinclair Nr. 1417: Der Würgeengel
Es war kalt im Schauhaus - totenkalt! Bestimmt kein Ort, den man freiwillig
betrat, und auch ich war nicht zum Spaß gekommen, sondern um Abschied
zu nehmen. Abschied von einem guten alten Freund, von Frantisek Marek, dem
Pfähler. Umgebracht hatte letztendlich ich ihn, aber ich musste mich
nicht als Mörder fühlen, denn er war von mir nur erlöst worden.
Marek war in den letzten Stunden seines Lebens zu einem Vampir geworden.
von Jason Dark, erschienen am 05.09.2005, Titelbild: Timo Würz
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Als John seinem Freund Marek im Leichenschauhaus die letzte Ehre erweist,
wird er von einem der Arbeiter dort angesprochen. Luke Russo ist der Meinung,
dass seine Mutter, die in einem Seniorenheim an der Küste lebte, ermordet
wurde, obwohl der Arzt eindeutig Herz-schlag diagnostiziert hat. John verspricht
ihm sich um die Angelegenheit zu kümmern. Kaum ist er fort, bekommt
Russo Besuch - von dem Würgeengel. Die feinstoffliche Gestalt sieht
Russo als Verräter an und erwürgt ihn, danach stattet er John einen
Besuch ab und warnt ihn davor, weiter in dem Fall zu ermitteln. Doch John
ignoriert die Warnung und fährt mit Suko zu der Senioren-Residenz ans
Meer. Dort hat sich die Heimchefin mit dem namenlosen Würgeengel
verbündet und verschafft ihm alte Menschen, die er erwürgen kann,
um sich ihre Seelen zu holen. Da bei alten Menschen nur flüchtig nachgesehen
wird und kaum angenommen wird, dass sie eines unnatürlichen Todes sterben,
kommt niemand dahinter. Zumal die Würgemale ziemlich bald verschwinden.
Doch John und Suko merken bald, dass die Heimleiterin ein falsches Spiel
treibt. Im Keller der Senioren-Residenz kommt es schließlich zum Show-Down
mit dem Würgeengel.
Meinung:
Ein herrlich erfrischender Einzelroman, ohne Dracula II, Saladin oder Assunga.
Weit ab von verheirateten Templern und beamenden Sekretärinnen. Das
Thema, welches Jason Dark in diesem Roman anschneidet ist zugleich hochaktuell,
gerieten Altenpflegeheime in letzter Zeit doch zunehmend in Kritik und
tatsächlich wurden ja Fälle aufgedeckt, in denen Pflegekräfte
Heimbewohner töteten. Die Atmosphäre des Heimes beschreibt der
Autor ziemlich gut und auch die zum Tode Verurteilten werden hervorragend
dargestellt. Insbesondere die Angst der Menschen vor dem (gewaltsamen) Tod
wird sehr eindringlich thematisiert. Weniger gut lesen sich Titulierungen
wie "Insassen" für die Bewohner des Heims. Das hört sich doch
verdächtig nach Gefängnis an. Auch Herr Russo, der John auf den
Fall ansetzt, sollte den Ball flach halten. Denn er tadelt John, weil dieser
bei der Residenz von einem Heim spricht, obwohl er selber kurz zuvor das
Haus als Heim bezeichnet. Leider ist die Story auch sehr durchsichtig und
dünn erzählt. So weiß man sehr schnell, dass die Heimleiterin
mit drin hängt. Des Weiteren verstehe ich auch nicht wieso John und
Suko nicht wenigstens den Arzt verhören, der den Totenschein ausgestellt
hat, zumal dieser ja die Würgemale auch sehen müsste, die sogar
John und Suko erkannt haben. Wobei ja anfangs auch behauptet wird, dass diese
auch rasch verschwinden. Vielleicht sind ja John und Suko auch rechtzeitig
genug eingetroffen, um die Male noch vor ihrem Verschwinden zu sehen. Eine
weitere Unstimmigkeit tritt auf, als John darüber nachdenkt, dass er
nicht weiß wie viele Menschen der Würgeengel auf dem Gewissen
hat. Aber der Gärtner hat ihm vorher erzählt, dass sechs Menschen
kurz vorher an einem mysteriösen Herzschlag gestorben sind. Auch hier
kann man als geneigter Leser, darauf verweisen, dass ja nicht geklärt
ist, ob nicht auch "echte" Herzschläge darunter waren. Nichtsdestotrotz
hat es mir sehr viel Spaß gemacht diese "Eintagsfliege" zu lesen.
Aufgewertet wird der Roman noch dadurch, dass hier das Kapitel "Frantisek
Marek" endgültig beendet wird, ohne dass ein an den Haaren herbeigezogenes
Geheimnis oder der Geist des Verstorbenen bemüht werden müssen.
Johns Gefühle, als er vor der Leiche seines alten Freundes und später
vor dessen Grab steht, werden wieder sehr schön beschrieben, man fühlt
wieder richtig mit. Außerdem erfahren wir, dass John Mareks Pfahl und
das Vampir-Pendel ab sofort in seiner Wohnung aufbewahrt. Hoffen wir, dass
diese Waffen, vor allem das Pendel, nicht dasselbe Schicksal teilen, wie
der Bumerang oder die Waffen des Yakup Yalcinkaya. Um das Haus des
Pfählers, insbesondere den Laptop und die Telefonanlage will sich Bill
Conolly kümmern, welcher auch die Beerdigung ausgerichtet hat. Apropos
Laptop: Auch John ist jetzt im Besitz eines solchen Gerätes und kann
ab sofort selber im Internet surfen, ohne rüber zu Shao gehen zu
müssen. Damit ist Sukos Partnerin wohl entbehrlich geworden, denn eine
größere Rolle, als als Computer-Freak hat sie ja schon seit geraumer
Zeit nicht mehr erhalten. Die nächste Kandidatin für ein bewegendes
Drama a la "Marek"?
Besonderheiten:
John bewahrt Mareks Pfahl und das Vampir-Pendel in seiner Wohnung auf.
Der Sohn des Lichts hat sich einen Laptop gegönnt.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Der Engel wird als feinstofflich beschrieben, der lediglich menschliche Umrisse
besitzt. Das Cover ist meilenweit von dem Würgeengel entfernt. Der Kopf
sieht zwar schon recht gruselig aus, aber der Rest ist misslungen. Von dem
Hintergrund kann man als solchen gar nicht sprechen.
Coverbewertung: