Jaqueline Berger Nr. 3: Die Blutsaugerin
Jaqueline Berger Nr. 3: Die Blutsaugerin


Es war dunkel. So verflucht dunkel, dass man die Hand vor Augen nicht sah. Zudem stank es in dem gesamten Haus nach Moder und Blut, nach Verwesung und verfaultem Fleisch. Ekel erregend, wenn man durch die alte Tür trat. So lange, bis man sich an den Gestank gewöhnt hatte und ihn kaum noch roch. Früher einmal hatte dieses Gebäude einem Bankdirektor gehört. Es stand etwas abgeschieden in einem kleinen Wäldchen, welches zum Anwesen gehörte und ebenso verwildert war wie das Haus. Wir hatten den Wagen am Beginn der Zufahrt stehen lassen müssen, um den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen. Dabei mussten wir uns durch das Unterholz kämpfen, was wenig erbaulich war. Einzig das Wetter hatte uns nicht enttäuscht, denn der Februarhimmel war sternenklar und der Mond schickte seinen silbernen Schimmer durch die Äste der Nadelbäume. Die Halle, in der wir standen, war nicht sonderlich groß. Eine Treppe führte hinauf in den ersten Stock, eine zweite hinab in den Keller. Drei Türen gingen im Erdgeschoss ab – Küche mit Vorratsraum, Bad und Wohnzimmer. Oben erwarteten uns drei Schlafzimmer sowie zwei Bäder, im Tiefgeschoss der Heizraum und zwei Hobbyräume. Wir kannten den Grundriss des Hauses und hatten ihn zudem – Roger, meinem Fickfreund und technischem Genie sei Dank – als digitale Anzeige vor unseren Augen. Die Dunkelheit war diesmal unser Verbündeter, denn sie verbarg nicht nur, was wir hier vermuteten, sondern auch uns. Zudem verfügten wir über Rogers neueste Erfindung – ein Nachtsichtgerät in Form einer Brille. Aber dieses schicke Ding konnte noch mehr – etwa Bilder und Daten per Bluetooth darstellen und Infrarotinformationen des X5 – unseres PDAs – aufzeigen. Gleichzeitig gab die Brille unsere eigene Position wieder – im Moment bewegten sich zwei kleine rote Punkte durch die Halle. Klingt technisch? Ist es auch, und um ehrlich zu sein, hatten weder Linda noch ich begriffen, wie genau das Ding funktionierte. Alles, was wir wissen mussten, war, wie man die Brille bedienen konnte und wie man verhinderte, mit Robocop oder dem Terminator verwechselt zu werden. Denn exakt so sah man aus, wenn man die Brille trug. Gucci jedenfalls empfahl für den kommenden Sommer ein eleganteres Modell. Es war eine Premiere, diese Brille zu tragen. Roger hatte uns versichert, sie ausgiebig und auch bei Stress getestet zu haben, und irgendwie vertrauten wir ihm auch. Dennoch war es ein merkwürdiges Gefühl, keine Stablampe in der Hand zu halten, sondern lediglich unsere Waffen. Die Bohlen unter unseren Füßen quietschten leise, während wir durch die Halle schlichen und uns immer mal wieder umschauten. Draußen vor dem Haus strich der Wind durch die an die Mauern reichenden Zweige und bewegte sie sanft. Ein kratzendes Geräusch war die Folge, welches uns mehr als einmal ablenkte. „Wir müssen uns trennen. Du gehst nach unten in den Keller – ich schaue mir den ersten Stock an. Wir nutzen unsere Headsets. Pass auf dich auf.“ Linda nickte knapp, winkte und lief um einen Pfosten herum zur Treppe, die hinab in die Tiefe führte. Der Gestank war nun stärker geworden. Frisches Blut, wie mir schien. Zudem war der Boden leicht schmierig. Abermals erfasste mich Ekel vor dem, was sich uns hier bot. Blut auf dem Boden, dessen war ich mir sicher. Wie mochte es erst im Keller aussehen? Oder oben, wo das Biest, welches wir jagten, vermutlich seinen Unterschlupf hatte? Hier im Erdgeschoss jedenfalls war es nicht. Wir hatten die Räume sowohl mit dem bloßen Auge als auch mit dem Infrarot-Scanner untersucht. Ohne Ergebnis. „Linda – wie sieht es bei dir aus? Noch alles im grünen Bereich?“ Es knackte in der Leitung, bevor ein würgendes Geräusch meiner Kollegin erklang. „Ja, hier ist soweit alles okay. Abgesehen davon, dass ich gerade ein Fass mit Blut gefunden habe und es hier unten schlimmer stinkt als in einer Fleischerei kurz nach dem Schlachten.


Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Nachdem JB und ihre Kollegin Linda ihr eigenes Büro in Frankfurt/Deutschland bezogen haben, wartet auch schon der nächste Fall auf die beiden. Ein Zuhälter wird mit den klassischen Merkmalen eines Vampiropfers aufgefunden. Eine drogenabhängige Prostituierte will sogar den Täter fortfliegen haben sehen! Doch bevor Jaqueline großartig ermitteln kann, steht eine Vampirin namens Diana-Marie Bayron in ihrem Penthaus und gibt den Mord zu! Außerdem wartet sie mit einer großen Geschichte über die Vampire im Allgemeinen und über die derzeitige Sachlage auf: der Vampir und Satanist Antoine Delacroix ist auf der Suche nach dem Foliaten der Wahrheit; ein Buch, dessen Inhalt in den falschen Händen die ganze Welt zugrunde richten kann! Scheinbar ist dieser Vampir seinem Ziel sehr nahe gekommen und da ein Vampir einen der Seinen nicht töten darf, soll dieses Jaqueline Berger mit ihrem Dolch des Baphomet erledigen. Nur zögerlich und anfangs zweifelnd nimmt sie den Auftrag an, was auch damit zu tun hat, dass Jaqueline mehr und mehr der Ausstrahlung von Lady Bayron verfällt. Die zusammengetragenen Fakten der Vampire über das Buch führt zu einer Spur nach Kirn/Deutschland. Da auch hier in der Umgebung klassische Vampiropfer entdeckt werden, wissen JB und die guten Vampire, dass sie mit ihrer Spur zwar richtig liegen, aber auch Delacroix und seine Helfer nahe sind. Und schon bald gibt es den ersten Konflikt mit den Schergen des Satanisten bei der Jagd nach dem gefährlichen Buch.


Meinung:
Der dritte JB Band bringt wieder sehr viele neue Erkenntnisse und Geheimnisse, wovon aber zum Glück im Verlauf der Story ein Großteil geklärt wird. So kann man hier einen weiteren sehr spannenden und actionhaltigen Gruselroman lesen, der sich von der Art des Schreibens sich den ersten beiden Romanen zwar ähnelt, doch am roten Faden der Serie einen Knick vornimmt, der den Leser zumindest schon mal in Sachen Vampire zum Umdenken zwingt. Das macht die Serie noch attraktiver! Die volle Punktezahl hätte es gegeben, wenn nicht diese Verweise zu einem Avalon-Buch des Autors gewesen wären. Es ehrt zwar den Autor Gunter Arentzen, wenn er alle seine Serien und weiteren schriftlichen Ausgeburten unter einen Hut bringen mag, verwirrt zumindest mich als Leser ziemlich, da ich meine, den Rest auch lesen zu müssen, um den gesamten Sinn zu verstehen - was natürlich nicht zutreffen muss; aber wer weiß das im Voraus so genau? Abschließend will ich nicht unerwähnt lassen, daß die erste Szene des Romans die ergreifendste war, die ich seit langen gelesen habe! Ich meinte wirklich mit Linda und JB in dem Haus zu sein und den grauenhaften Erlebnissen dort beizuwohnen! Fesselnd!


Besonderheiten:
Jaqueline und Linda beziehen ihr eigenes Büro in Frankfurt.
Erster Auftritt von der Sekretärin Regina Nadler.
Erster Auftritt von Diana-Marie Bayron.
Erste Erwähnung des Vampirs und Satanisten Antoine Delacroix.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das sowohl gefährliche als auch bannende Gesicht der Vampirin, welche wohl Lady Bayron darstellen soll, fügt sich prima in das neblige Rot und passt sehr gut zu einen Vampir-Roman.


Coverbewertung:
3 Kreuze