Es war dunkel. So verflucht dunkel, dass man die Hand vor Augen nicht sah.
Zudem stank es in dem gesamten Haus nach Moder und Blut, nach Verwesung und
verfaultem Fleisch. Ekel erregend, wenn man durch die alte Tür trat.
So lange, bis man sich an den Gestank gewöhnt hatte und ihn kaum noch
roch. Früher einmal hatte dieses Gebäude einem Bankdirektor
gehört. Es stand etwas abgeschieden in einem kleinen Wäldchen,
welches zum Anwesen gehörte und ebenso verwildert war wie das Haus.
Wir hatten den Wagen am Beginn der Zufahrt stehen lassen müssen, um
den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen. Dabei mussten wir uns
durch das Unterholz kämpfen, was wenig erbaulich war. Einzig das Wetter
hatte uns nicht enttäuscht, denn der Februarhimmel war sternenklar und
der Mond schickte seinen silbernen Schimmer durch die Äste der
Nadelbäume. Die Halle, in der wir standen, war nicht sonderlich groß.
Eine Treppe führte hinauf in den ersten Stock, eine zweite hinab in
den Keller. Drei Türen gingen im Erdgeschoss ab Küche mit
Vorratsraum, Bad und Wohnzimmer. Oben erwarteten uns drei Schlafzimmer sowie
zwei Bäder, im Tiefgeschoss der Heizraum und zwei Hobbyräume. Wir
kannten den Grundriss des Hauses und hatten ihn zudem Roger, meinem
Fickfreund und technischem Genie sei Dank als digitale Anzeige vor
unseren Augen. Die Dunkelheit war diesmal unser Verbündeter, denn sie
verbarg nicht nur, was wir hier vermuteten, sondern auch uns. Zudem
verfügten wir über Rogers neueste Erfindung ein
Nachtsichtgerät in Form einer Brille. Aber dieses schicke Ding konnte
noch mehr etwa Bilder und Daten per Bluetooth darstellen und
Infrarotinformationen des X5 unseres PDAs aufzeigen. Gleichzeitig
gab die Brille unsere eigene Position wieder im Moment bewegten sich
zwei kleine rote Punkte durch die Halle. Klingt technisch? Ist es auch, und
um ehrlich zu sein, hatten weder Linda noch ich begriffen, wie genau das
Ding funktionierte. Alles, was wir wissen mussten, war, wie man die Brille
bedienen konnte und wie man verhinderte, mit Robocop oder dem Terminator
verwechselt zu werden. Denn exakt so sah man aus, wenn man die Brille trug.
Gucci jedenfalls empfahl für den kommenden Sommer ein eleganteres Modell.
Es war eine Premiere, diese Brille zu tragen. Roger hatte uns versichert,
sie ausgiebig und auch bei Stress getestet zu haben, und irgendwie vertrauten
wir ihm auch. Dennoch war es ein merkwürdiges Gefühl, keine Stablampe
in der Hand zu halten, sondern lediglich unsere Waffen. Die Bohlen unter
unseren Füßen quietschten leise, während wir durch die Halle
schlichen und uns immer mal wieder umschauten. Draußen vor dem Haus
strich der Wind durch die an die Mauern reichenden Zweige und bewegte sie
sanft. Ein kratzendes Geräusch war die Folge, welches uns mehr als einmal
ablenkte. Wir müssen uns trennen. Du gehst nach unten in den Keller
ich schaue mir den ersten Stock an. Wir nutzen unsere Headsets. Pass
auf dich auf. Linda nickte knapp, winkte und lief um einen Pfosten
herum zur Treppe, die hinab in die Tiefe führte. Der Gestank war nun
stärker geworden. Frisches Blut, wie mir schien. Zudem war der Boden
leicht schmierig. Abermals erfasste mich Ekel vor dem, was sich uns hier
bot. Blut auf dem Boden, dessen war ich mir sicher. Wie mochte es erst im
Keller aussehen? Oder oben, wo das Biest, welches wir jagten, vermutlich
seinen Unterschlupf hatte? Hier im Erdgeschoss jedenfalls war es nicht. Wir
hatten die Räume sowohl mit dem bloßen Auge als auch mit dem
Infrarot-Scanner untersucht. Ohne Ergebnis. Linda wie sieht
es bei dir aus? Noch alles im grünen Bereich? Es knackte in der
Leitung, bevor ein würgendes Geräusch meiner Kollegin erklang.
Ja, hier ist soweit alles okay. Abgesehen davon, dass ich gerade ein
Fass mit Blut gefunden habe und es hier unten schlimmer stinkt als in einer
Fleischerei kurz nach dem Schlachten.