Gespenster-Krimi Nr. 429: Im Niemandsland des Bösen

Gespenster-Krimi Nr. 429: Im Niemandsland des Bösen


Die Luft schien zu brennen. Ein glühender Kegel hatte sich in der Dunkelheit gebildet. Da, wo vor wenigen Augenblicken noch nichts gewesen war, materialisierten schreckliche Gestalten. Mitten in diesem flammenden Kegel standen sie. Reglos. Während sich die Luft um sie herum ruhelos bewegte. Kleine Flammenzungen leckten aus dem faserigen Kegelrand, der hinter dem alten Themselagerhaus die Nacht unwirklich erhellte. Vier Wesen aus einer anderen Welt traten aus dem wabernden Rot, das hinter ihnen zusammenfiel, sobald sie es verlassen hatten. Mago, der Schwarzmagier, der Jäger der abtrünnigen Hexen, hatte mit seinen Schergen die Erde betreten...


von A.F. Morland, erschienen am 01.12.1981

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
In einem abgelegenen Teil des Londoner Hafens entsteht ein flammendroter Kegel, in welchem Mago, der Schwarzmagier und Jäger der abtrünnigen Hexen materialisiert. Begleitet wird er von unangenehmen, ghoulähnlichen Kreaturen - kurz Magos Schergen - und beobachtet wird er dabei von einer Motorrad-Gang, deren übermütige Mitglieder sich einen Spaß erlauben wollen und die Schwarzblüter provozieren und angreifen, was fatale Folgen für drei von ihnen hat. Diese drei Burschen - unter ihnen der Anführer der Gang, der auf den klangvollen Namen Dana Domingo hört - bekommen die schwarzmagischen Höllenpeitschen der Schergen zu spüren und werden von ihnen zu lebenden Skeletten verwandelt. Der Rest der Gang flüchtet in heilloser Panik und Mago zieht mit seinen Begleitern, seiner Wege. Inzwischen erreichen Tony Ballard, Mr. Silver, Vicky Bonney und Roxane London. Ihr Ausflug nach Holsworthy (Band 416 "Die Rückkehr der Bestie") wurde ihnen durch Steve Dury, auch die Blutbestie genannt, gehörig versalzen und mündete in einem Kampf auf Leben und Tod, in welchem Mr. Silver aufgefordert worden war, sich der dämonischen Kreatur allein zu stellen. Tony hatte seinen Freund nicht alleine ziehen lassen wollen und war von dem Ex-Dämon mittels einer uralten Formel unsichtbar gemacht worden. Als Silver in eine magische Falle geriet, konnte der unsichtbare Dämonenhasser ihn retten, hatte aber über den Einfluß der Schwarzen Magie die Formel zur Wiederherstellung der Sichtbarkeit seines Freundes vergessen. Und so kehren eben nur scheinbar, drei Personen nach London zurück, wobei der transparente Tony - immer noch grantig - immer an ihrer Seite ist. Während sie ihrem Freund und Nachbarn Lance Selby Bericht erstatten, stößt der alkoholisierte Tunichtgut Colin Bybee im Hafen auf die drei skelettierten Rocker und kann ihnen praktisch im letzten Moment gerade noch so entkommen. Er fährt zu Lance, den er von früher her kennt und berichtet dem Parapsychologen und dessen Freunden, was ihm widerfuhr. Just, da er dies tut, werden einige Seeleute auf einem Frachtkahn von den Skeletten angegriffen, wobei einer stirbt. Tony, Silver und Lance kommen im letzten Moment dazwischen und verhindern weitere Tote. Sie können die Rocker vernichten und erfahren von Dana Domingos Freundin, die sich auf den Docks versteckt gehalten hat, eine genaue Beschreibung der Dämonen, die für jenen Schrecken verantwortlich sind. Silver ist sofort klar, daß es sich um Mago handelt, und das der Schwarzmagier nur ein Ziel haben kann. Roxane, die Hexe aus dem Jenseits, Silvers Freundin und Lebensgefährtin. Sie kehren schnellstmöglich Heim und sind erleichtert, da bislang noch keine Attacke stattfand. Die Freunde entscheiden sich die Gefahr zunächst einmal zu umgehen und Silver und Roxane brechen ins Niemandsland des Bösen auf, wo es den Stein der Schwarzen Sprüche gibt, auf dem so ziemlich jede magische Formel verewigt worden sein soll. Hier hofft Silver die Formel zum wieder sichtbar Werden Tonys zu finden und auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Sie entmaterialisieren praktisch im letzten Augenblick, denn keine zwei Sekunden später (so kam es mir jedenfalls beim Lesen vor) greift Mago mit all seiner Macht an und entführt Tony, Vicky und Lance in eine Schloßruine, wo er Vicky und Lance bedroht (von Tony nimmt er nichts wahr). Silver und Roxane kämpfen sich zwischenzeitlich durch das gefahrenvolle Niemandsland des Bösen (welches es allein von der Anzahl der Gefahren mit der später ins Spiel kommenden Prä-Welt-Coor leicht aufnehmen kann). Roxane wird von den Wächtern des Steins der Schwarzen Sprüche, den Schwarzen Priestern, gefangengenommen und zum Tode verurteilt. Natürlich unternimmt Silver alles, um sie zu retten, kann sie auch aus ihrem magischen Gefängnis befreien und getarnt in die Kutten, zweier getöteter Priester, gelangen sie zum Stein und beginnen die dringend benötigte Formel zu suchen. Ihre Täuschung wird durchschaut, der Stein erstrahlt in einem überirdischen Licht und Silver und Roxane fliehen.
Sie können den unmittelbaren Herrschaftsbereich der Schwarzen Priester verlassen, doch dadurch sind sie noch nicht in Sicherheit. Um wirklich zu entkommen müssen sie zur Erde zurückkehren, doch Silvers Energien sind abgeflacht, durch die zurückliegenden Kämpfe. Voller Verzweiflung starten die beiden einen letzten Versuch auf die Erde zurückzugelangen. Fast gleichzeitig schafft der unsichtbare (und somit etwas im Vorteil befindliche) Dämonenhasser, begleitet von Vicky und Lance die Schergen des Schwarzmagiers auszuschalten, bis Mago den Braten zu wittern scheint und das Leben von Tonys Freundin bedroht. Mit einem einfachen Trick kann er diesen dann zumindest orten und stellt ein Ultimatum. Doch Tony setzt seine phänomenale Schnelligkeit unter Beweis und kann den letzten Schergen töten und Mago vertreiben. Während Lance Vicky von einer verderblichen Reststrahlung des Dämons rettet, jagt Tony eben diesen und versucht ihn mit dem Dämonendiskus zu vernichten, doch leider kann er sich im letzten Moment in einem seiner Teleportationskegel absetzen und entkommen.
Er wird sicherlich zurückkehren! Irgendwann! Tony, Vicky und Lance schaffen es per Anhalter nach London zurückzukehren und wollen dort auf Silvers und Roxanes Rückkehr aus dem Niemandsland des Bösen warten.


Meinung:
Zunächst einmal: Diesen Roman objektiv zu beurteilen ist für mich nicht einfach, denn er ist der erste Grusel-Heftroman, den ich überhaupt jemals mein Eigen nannte, und durch ihn (sowie zwei kleine Erwähnungen des Namen John Sinclair im Verlauf der Geschichte) brachten für mich den Stein ins Rollen, so daß ich anfing mich für beide Dämonenjäger zu interessieren und ihre Romane zu sammeln. Aber nichts destotrotz versuche ich mal mein Bestes. A. F. Morland schafft mit dem vorliegenden Roman vielleicht nicht unbedingt ein Meisterwerk zu schaffen, aber zumindest bringt er einen durchweg spannenden, schnell wegzulesenden, kurzweiligen und glänzend geschriebenen Roman zustande, der es immer wieder schaffen kann, daß man ihn erst beiseitelegt, wenn auf Seite 64 gelesen wird. So ist es mir damals 1981 jedenfalls gegangen, und da war ich gerade mal 13 Jahre alt. Die actionorientierten Passagen wechseln sich mit kurzen Verschnaufpausen ab, in denen Tonys Dilemma als Unsichtbarer (und das kann wirklich lästig sein, vor allem, wenn sich jemand auf einen draufsetzen will) witzig und pointiert durch die 'Ballard-liken' Wortgefechte zwischen dem Dämonenhasser und Silver, beschrieben wird. Doch ehe diese Verbalinjurien ausarten können, prescht auch schon die nächste Action-Szene heran und trotz des Tempos, das Morland vorlegt, gelingt es ihm immer wieder die düstere Atmosphäre der einzelnen Schauplätze (Londoner Hafen, Niemandsland des Bösen und Schloßruine) gekonnt herauszukitzeln und einzubauen. Das Niemandsland des Bösen ist in seiner Beschaffenheit wirklich durchaus vergleichbar mit der Prä-Welt-Coor und es ist bedauerlich, daß in keinem der nachfolgenden Romane diese Welt jemals wieder zum Einsatz kam, denn ich könnte mir vorstellen, daß es schon praktisch ist, ab und zu mal einen Blick auf diesen Stein der Schwarzen Sprüche zu werfen. Auch die Ideen Magos Hände vom Körper zu lösen und sie um Vickys Hals zu legen, so daß Tony sich vorerst geschlagen geben muß oder dessen Zweikampf mit einer der ergatterten Höllenpeitschen, die er ursprünglich als seine eigene Dämonenpeitsche behalten wollte, unterstreichen den zügigen Ablauf der Story und sind gelungene Feinarbeiten, die der Autor hinzufügt um das Ganze abzurunden. Allerdings gibt es auch ein paar Kritikpunkte. Zunächst wundere ich mich darüber, daß Silver und Roxane, um der Gefahr durch Mago, gewissermaßen auszuweichen, das Niemandsland des Bösen aufsuchen, welches ja auch nicht gerade die Unbedenklichkeit eines Vergnügungsparks besitzt. Ist es wirklich gescheit einen Gegner, den man namentlich kennt, und dessen Kräfte und Ziele man zumindest etwas einschätzen kann, gegen die Gefahr einer ganzen Welt einzutauschen? Okay, die Formel, um Tony wieder sichtbar zu machen läßt sich vielleicht nur da finden, aber hätte die ganze Aktion nicht zumindest so lange warten können, bis die unmittelbare Bedrohung durch Mago abgeklungen wäre? Dann noch ein kleiner Wermutstropfen, der nicht weiter tragisch ist, mir aber just in diesem Augenblick durch den Kopf geht. Weshalb kann einer von Magos Schergen Tony wittern, während der Schwarzmagier, mit seinen ach so unglaublich mächtigen Fähigkeiten nicht einmal mitbekommt, daß er den Dämonenhasser als unsichtbaren "blinden" Passagier mitentführt? Besitzt ein ghoulähnliches Geschöpft wie besagter Scherge bessere Sinne, als sein Herr und Meister, der so weit über ihm in der höllischen Hierarchie steht? Noch was! Wieso verwandelt die Höllenpeitsche, die in Tonys Händen ein gefährliches Eigenleben entwickelt, ihn nicht auch in ein Skelett, sondern droht ihn zu erwürgen? Und dann ist da ein Punkt, der jedoch mit der Qualität des Romans nichts zu tun hat. Leider wurden die GK-Romane 420 und 429 in der Reihenfolge der Veröffentlichung vertauscht, so daß die Aufklärung ob und wie Mr. Silver und Roxane es schaffen aus dem Niemandsland des Bösen zu entwischen und ob und wie Tony Ballard wieder sichtbar wird, im Roman 420 "Hexenterror" vorweggenommen wird, während man im Roman 429 "Im Niemandsland des Bösen" die Vorgeschichte dazu erfuhr. Tja, George Lucas hat es vorgemacht, indem er die Vorgeschichte zu Star Wars über 20 Jahre später zu verfilmen begann, doch in diesem Fall hatte es wohl mit vertriebstechnischen Problemen zu tun. Das ist zwar nicht direkt ein Beinbruch, doch ich war ziemlich überrascht, als im nachfolgenden TB-Roman 436 "Die Geißel der Menschheit" kein Wort mehr über die Ereignisse aus dem Niemandsland des Bösen geschrieben wurde. Trotzdem hat dieser Roman alles, was man von guter Horror-Heftroman-Literatur und besonders von Tony Ballard erwarten kann. Und Ungereimtheiten gehören nun mal auch dazu, sonst hätten wir ja nichts zum Mosern, oder? Also, ich ziehe ein Kreuz ab, aber damit hat es sich.


Besonderheiten:

Tony Ballard ist nach den Ereignissen in Band 416 unsichtbar geblieben.
Mago, der Schwarzmagier und Jäger der abtrünnigen Hexen, sowie dessen Schergen haben ihren ersten richtigen Auftritt.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Wie beim Gespenster-Krimi häufig vorkommend, steht das Cover in keinem direkten Zusammenhang mit dem Roman (auch wenn die Kleine, die da gefangen und mit zerschlissenen Klamotten inmitten dieser Äste (?) herumjammert, vielleicht eine grobe Ähnlichkeit zu Roxane aufweisen mag). Trotzdem gefällt es mir und die beiden Fratzen und die merkwürdig gefärbte Fledermaus besitzen schon ein gruseliges Flair.


Coverbewertung:
3 Kreuze

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Gespenster-Krimi Romans Nr. 429 wurde später auch noch auf dem Cover des Geisterfänger Romans Nr. 23 verwendet:

Geisterfänger Nr. 23: Das Teufelsherz