Gespenster-Krimi Nr. 37: Der Wolfsmensch
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Schneidender Herbstwind fegte über das Hochland, jagte düstere
Wolken über Hügel und Wälder. Blasse Lichtstreifen durchbrachen
für Momente das graue Zwielicht, wenn die Wolkendecke aufriß.
Der Wind zerrte an den Baumwollkopftüchern der Frauen, drang vor bis
unter ihre schweren grauen Röcke und die wattierten Jacken. Als scharf
umrissene Silhouetten zeichneten sich die schwarzen Uniformen der
Gefängnisaufseher von Ratuch Manor über dem Acker ab. Vor ihnen
war die lange Reihe der Frauen, die in den Furchen kauerten, Kartoffeln ausgruben
und sie in geflochtene Körbe warfen. Miriam Imlach wandte kaum merklich
den Kopf. Vorsichtig sah sie sich um, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. Die
Gelegenheit schien günstig, denn die Aufseher standen gut fünfzig
Schritte entfernt. Der Feldrain war unmittelbar vor ihr. Gleich dahinter
der tiefe Graben, in dem dunkles, mooriges Wasser gluckste. Miriam zögerte
nicht mehr. Blitzschnell warf sie sich nach vorn und ließ sich fallen.
Sie rutschte die feuchte grasbewachsene Böschung hinunter. Das Wasser
griff nach ihr, zerrte an ihrer Kleidung. Eisige Kälte traf sie, wie
ein Schock. Sie biß die Zähne zusammen und schwamm. Die Strömung
half ihr, voranzukommen. Sekunden später war Halbdunkel über ihr.
von Frank deLorca, erschienen am 28.05.1974
Rezension von
Frithjof:
Kurzbeschreibung:
Im schottischen Hochland liegt das berüchtigte Frauengefängnis
Raluch Manor. Die inhaftierten Frauen müssen auf den nahen Feldern bei
Wind und Wetter schuften und sind den Launen des Oberaufsehers John Inverness
ausgeliefert. Als Miriam Imlach, die unschuldig einsitzt, es nicht mehr
aushält und flieht, läßt Inverness nur halbherzig nach ihr
suchen. Statt dessen hetzt er ihr seinen Schützling Cyruss auf den Hals.
Cyruss ist eine seltsame Kreuzung aus Mensch und Wolf, den Inverness in einer
Hütte im Wald versteckt hält. Während dessen taucht Miriams
Anwalt Sean Pharnon auf, da es neue Beweise für die Unschuld seiner
Klientin ergeben haben und der Fall neu aufgerollt werden soll. Entsetzt
über die Zustände auf Raluch Manor versucht er die Hintergründe
von Miriams Verschwinden zu klären und findet bald Cyruss´ Hütte.
Als ihm die Zusammenhänge klar werden, versucht er Miriam zu finden,
bevor es zu spät ist. In der Zwischenzeit versucht Inverness nun alle
Spuern zu beseitigen, die zu ihm führen könnten. Das bedeutet vor
allem, das Cyruss verschwinden muss. Doch er muss feststellen, daß
er die Blutgier der Bestie nicht mehr kontrollieren kann. Der Wolfsmensch
stellt sich gegen seine Herren...
Meinung:
Ein Wirklich gelungener Roman. der sich heute noch genauso gut liest, wie
in den 70ern. Frank DeLorca bietet hier eine spannende Variante des
Werwolf-Themas. Cyruss ist kein Mensch der sich in einen Wolf verwandelt,
sondern eher eine genetische Mischung aus Mensch und Tier. Zwar überwiegt
er animalische Teil, dennoch ist sein Körper so gebaut, das für
kurze Zeit aufrecht gehen kann. Außerdem ist er in der Lage zu komplexen
Gedankengängen und kann seine Emotionen in seinem wölfischen Gesicht
wiederspiegeln (z.B. wenn Cyruss höhnisch grinst, bevor er sich über
Inverness hermacht). Dadurch wird Cyruss zu einem richtig interessanten Monster.
DeLorca läßt aber auch den Horror nicht zu kurz kommen. Die
Wolfsmensch-Attacken werden kompromißlos geschildert. Cyruss zerfleischt
seine Opfer nicht nur, er suhlt sich auch noch in ihrem Blut. Den
Jugendschützern müssen damals die Haare zu Berge gestanden haben.
Schade ist eigentlich nur, daß man zu wenig über Cyruss´
Hintergrund erfährt. Trotzdem volle Kreuzzahl.
5 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover hat natürlich wenig mit dem Inhalt gemeinsam und der abgebildete
Werwolf ist außerdem ziemlich schlecht getroffen. Er wirkt einfach
zu klischeehaft. Der grünlich diffuse Hintergrund passt allerdings sehr
gut zur Atmosphäre des Romans.
Coverbewertung:
Rezension von
Benfi:
Kurzbeschreibung:
Der Anwalt Sean Pharon macht sich auf den Weg zum Frauengefängnis im
Kerhonkton/Schottland, da er nun eindeutige Beweise zur Wiederaufnahme des
Prozesses um seine Mandantin Miriam Imlach hat und diese mit ihr durchsprechen
will. Zur Überraschung muss er feststellen, dass sich Miriam auf der
Flucht befindet und vom Gefängnisvorsteher John Inverness und seinen
Leuten gesucht wird. Allerdings ziemlich halbherzig, wie sich herausstellt.
Dann hört der Anwalt von dem Fluch des Wolfsmenschen, der hin und wieder
flüchtige Gefängnisinsassen tötet. Dahinter steckt der Werwolf
Cyrus, der seit Generationen von der Familie Inverness wie eine Art wildes
Haustier gehalten wird. Doch die Bestie strebt nach Freiheit und wendet sich
gegen sein Herrchen . Damit ist der ganze Ort in Gefahr; vorzugsweise die
weiblichen Bewohner, deren Blut dem Werwolf wohl besser mundet!
Meinung:
Einfach - aber gut! lautet das knappe Urteil dieser kurzweiligen und
flüssig geschriebenen Gruselstory. Keine unnötigen Nebenhandlungen,
keine langatmigen Gespräche; dafür durchgehende Spannung mit einer
Prise Action! So sollte ein gutes Gruselheft sein.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Der Werwolf mit seinem Opfer, der ohnmächtigen Blondine auf der Flucht.
Das ist toll gezeichnet und passt zum Roman. Nur der Speichel der der Bestie
aus dem Maul läuft wirkt etwas fehlplaziert!
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Titelbild des Gespenster-Krimi Romans wurde auch schon auf dem Cover
des amerikanischen Comic-Magazins SCREAM Nr. 4 verwendet, welches im Februar
1974 erschienen war:
Auch auf dem Cover des Gespenster-Geschichten Comics Nr. 969 war die Szene
schon abgebildet:
Und auf dem spanischen Comic-Magazin DOSSIER NEGRO Nr. 58 wurde dieses Motiv
ebenfalls schon verwendet:
Eigentlich stammen die Frau und das Monster aber aus dem amerikanischen
Horrorfilm "MONSTER ON THE CAMPUS", wobei die Frau im Film allerdings eine
Kurzhaarfrisur hatte:
Die Frau vom Titelbild des Gespenster-Krimi ist identisch mit der Frau vom
Cover des amerikanischen Horror-Magazins "TALES OF VOODOO" von 1974. Allerdings
wird sie im Gegensatz zum Titelbild des Gespenster-Krimi hier von einer Lanze
aufgespießt und ihre Haarfarbe ist dunkel. Ansonsten stimmen selbst
Kleinigkeiten, wie z. B. die Rüschen am Kleid an ihren Schultern
überein.
Und da auf dem Cover des Magazins "TERRORS OF DRACULA" spiegelverkehrt das
selbe Titelbild wie auf dem Magazin "TALES OF VOODOO" verwendet wurde, war
die Frau dort natürlich ebenfalls abgebildet:
Ebenso auf dem 1977 erschienenen Comic WEIRD: