Geisterfänger Nr. 8: Der Unheimliche von Kilmoore

Geisterfänger Nr. 8: Der Unheimliche von Kilmoore


Mindestens zum dreißigsten Mal, seit der Zug London verlassen hatte, sah Brenda Weston vom "Mord im Puppentheater" auf, und jedesmal begegneten ihre Augen denen des Mannes, der ihr gegenüber saß. Mrs. Weston ärgerte sich. Es war irritierend, so unablässig beobachtet zu werden, und immer mit einem leichten, höhnischen Lächeln. Aber noch mehr störte es sie, daß sie sich dadurch beirren ließ. Brenda Weston wandte sich wieder ihrem Buch zu, fest entschlossen, sich auf den ermordeten Direktor des Marionettentheaters zu konzentrieren. Die Mordgeschichte, die Mrs. Weston las, war eine von den Storys, in denen sich sämtliche aufregende Ereignisse in den ersten Seiten zusammen, ballen, um sich dann in endlosen Schlußfolgerungen fortzusetzen und schließlich mit einer pseudowissenschaftlichen Lösung zu enden. Ihr ohnehin nur oberflächliches Interesse war endgültig dahin. Einige Male hatte sie entscheidende Wendungen im Roman glatt überlesen. Allmählich wurde ihr bewußt, daß ihre Augen seitenlang Buchstaben für Buchstaben aufgenommen hatten, ohne das geringste von ihrem Sinn ihrem Verstand mitzuteilen. Brenda Westons Gedanken beschäftigten sich nicht im entferntesten mit dem ermordeten Direktor. An die Oberfläche ihres Bewußtseins trat immer klarer das Gesicht des Mannes, der in der Ecke des Zugabteils saß. Ein merkwürdiges Gesicht, dachte Mrs. Weston. Wieso hatte sie sich in dieses Abteil gesetzt? War er schon da gewesen, als sie hereinkam? Oder war er erst später zugestiegen? Seltsam, daß sie sich nicht daran erinnern konnte. Wieder blickte sie auf den Mann. Sein Anzug schien aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen und umschlotterte seine große magere Gestalt.


von William Perry, erschienen am 13.06.2006

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Henning Z. und Michael Schick:
Das gleiche Cover wurde bereits für den Gespenster-Krimi Nr. 396 verwendet.

Gespenster-Krimi Nr. 396: Das Gesicht des Schreckens