Geisterfänger Nr. 2: Höllenbrut

Geisterfänger Nr. 2: Höllenbrut


Die Nacht war ungemütlich und stürmisch. Der Himmel wolkenverhangen. Nur ab und zu brach ein silberner Mondstrahl durch die Wolkendecke. Der Wind verfing sich heulend in der Schonung, nahe des Schlosses. Dennoch ging der Mann unbeirrt weiter. Er hatte schon eine weite Strecke zurückgelegt, aber er gönnte sich keine Rast. Er mußte weiter. Der alte Rufus beschleunigte seinen Schritt. Er bahnte sich einen Weg durch die dicht stehenden Nadelbäume. Manchmal ließ er seine Stabtaschenlampe aufblitzen, um wenigstens etwas von dem Pfad erkennen zu können, denn hier im Wald war es finster. Obwohl er sich relativ gut auskannte, bereitete es ihm doch einige Mühe, nicht vom Weg abzukommen. Walter Rufus blieb kurz stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war schon über sechzig Jahre alt, und der Weg ging ziemlich steil bergauf. Vorsichtig blickte er sich um. Überall knarrte und knackte es. Der Wald lebte und sandte seine nächtlichen Geräusche zu dem einsamen Mann, der eine allgegenwärtige Gefahr witterte. Er war völlig auf sich allein gestellt, das wußte er. Und auch der armlange Knüppel in seiner Rechten versprach keinerlei Sicherheit, denn er hatte sich entschlossen, gegen eine außerirdische Macht anzutreten. In seiner etwas einfähigen Art hatte er sich diese Waffe ausgesucht, denn etwas anderes besaß er nicht. Niemand aus dem Ort war bereit gewesen, ihn zu begleiten. Er konnte es den Männern nicht einmal verübeln. Sie alle hatten Angst. Zuviel war in letzter Zeit geschehen. Der alte Rufus hatte es bisher auch hingenommen, da es ihn nicht persönlich berührte. Doch alles hatte sich in der vergangenen Nacht geändert. Da hatte man seine Tochter geholt, seine einzige. Er mußte einfach weiter, er hatte keine andere Wahl. Elvira, dachte er flüchtig, ich komme. Ich werde dich holen, und wenn ich dich dem Satan persönlich entreißen müßte. Daß er mit seinen Gedanken derTatsache ziemlich nahe kam, konnte er natürlich nicht wissen. Er schritt weit aus. Die Dunkelheit machte ihm nicht viel aus. Zu oft war er schon des Nachts im Wald gewesen.


von Tobias Grant, erschienen am 21.03.2006

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild wurde seitenverkehrt auch schon auf dem Cover des Geister-Thriller Nr. 11 verwendet:

Geister-Thriller Nr. 11: Die Nacht der lebenden Leiche