Geister-Schocker Nr. 63: Der Zirkel des Todes
Grauenvolle Morde geschehen in London. Frauen werden aufgefunden, bestialisch
abgeschlachtet. Ist der Ripper wieder am Werk? Oder macht ein
Nachahmungstäter die Stadt unsicher? Während Inspektor Featherline
glaubt, es mit dem alten Schrecken zu tun zu haben, gehen meine Gedanken
in eine andere Richtung. Die Leichen wurden stets auf die selbe, makabre
Art verstümmelt. Und Honig goss der Ripper seinen Opfern nie in den
Mund. Auf mich, Lord Becket, wirkt all das wie ein Ritual. Aber welches?
Aus den Kolonien kommen unzählige Riten und Bräuche. Oder ist gar
etwas Teuflisches am Werk?
von G. Arentzen, erschienen im April 2008, Titelbild: Ugurcan Yüce
Rezension
von Ulrich
Surendorf/Chapman:
Kurzbeschreibung:
London, 1895
Lord Daniel Thomas Becket führt nach außen das Leben eines
wohlhabenden Lebemannes, in Wahrheit führt er jedoch einen Kampf gegen
das Böse und hat schon so manche Schlacht gegen die Kreaturen der Finsternis
geschlagen. Als zwei Prostituierte ermordet und verstümmelt werden,
wendet sich Inspector Featherline an den Lord, da bei den Toten Bekennerbriefe
gefunden werden, nach denen Jack the Ripper erneut sein Unwesen treibt. Becket
glaubt jedoch, dass diese Briefe Fälschungen sind, um die wahren Motive
des Täters zu verschleiern. Dies wird durch die Vision des Mediums Madame
Borea bestätigt, das einen der Morde gesehen hat. Dabei waren 13 Täter
beteiligt, die das Opfer in einer Art Ritual getötet haben. Außerdem
hat Madame Borea ein magisches Zeichen erkannt; einen Ziegenkopf mit großen
Hörnern und Flügeln.
Beckets weitere Ermittlungen führen ihn in das Freudenhaus Golden Pleasure,
das von Madame Lear geleitet wird. Hier haben die beiden Prostituierten
gearbeitet und in deren Freundin Sonya findet Becket eine aufmerksame Zeugin
- und mehr, denn Becket verliebt sich in das Mädchen. Sonya kennt einen
Freier, der eine Tätowierung des Ziegenkopfes auf dem Arm hat. Dabei
handelt es sich allerdings um den Lordrichter Robertson, so dass Becket annehmen
muss, dass alle Mitglieder der unbekannten Sekte höhergestellte Mitglieder
der Gesellschaft sind. Da auf Becket schon ein Anschlag durch magische Schatten
verübt wurde, will er auch Sonya in Sicherheit bringen und fährt
mit ihr und seinem Assistenten Frederic zu seinem Stammsitz Cold Wall Castle
- das oberirdisch nur als Ruine existiert, unter der Oberfläche aber
allen Komfort bietet. Hier wohnt noch Beckets Schwester Elisabeth, die über
magische Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Elisabeth ist es auch,
die den Ziegenkopf einem Kult zuordnen kann, der den aramäischen Dämon
Samael anbetet. Sie stellt ein Pulver her, das den Dämon bannen kann.
Mit diesem Hilfsmittel stürmen Becket und Frederik die nächste
Opferzeremonie des Kultes, die in einer verlassen Kirche etwas außerhalb
von London stattfindet. Dabei stellt sich heraus, dass Lordrichter Robertson
von Samael besessen ist. Der Dämon kann mit dem magischen Pulver
ausgetrieben werden, doch Robertson überlebt das nicht. Die übrigen
Mitglieder des Kultes werden ohne Anklage nach Dartmoor oder in Irrenasyle
eingewiesen.
Meinung:
Mit diesem Roman hat sich Gunter Arentzen wieder einmal selbst übertroffen.
Die Geschichte um Lord Becket hat mich sofort in ihren Bann gezogen und der
leicht antiquierte Stil, der trotzdem ansprechend wirkt und mit wohldosiertem
Humor durchzogen ist, hat viel Spaß gemacht. Becket selbst ist dabei
eine Mischung aus leicht arrogantem Dandy und einem Philanthropen, dem es
riesige Freude macht, den leicht unterbelichteten Inspector Featherline zu
provozieren; z.B. als er dem Polizisten erklärt, dass dieser nie so
erfolgreich in einem Bordell recherchieren könnte wie er selbst - da
Featherline verheiratet ist... Somit ist Becket kein "sauberer" Held, sondern
ein Mensch mit Ecken und Kanten, dem auch ein Besuch bei einer Prostituierten
nicht fremd ist. Dafür hat er am Ende des Romans seine große Liebe
in Sonya gefunden und weißt sogar durch die magischen Fähigkeiten
seiner Schwester, dass auch Sonya echte Liebe für ihn empfindet und
nicht nur sein Geld sieht.
Das London des 19. Jahrhundert, in dem der Schrecken des Ripper-Herbstes
1888 noch im Bewusstsein der Menschen verankert ist, bietet dabei eine tolle
Kulisse für den Roman, der als Kriminalfall beginnt und sich dann über
eine Gruselgeschichte zu einem wahren Horrorfall entwickelt. Dabei hat mir
das Auftauchen der Werwölfe nicht so gut gefallen (habe ich eigentlich
schon mal erwähnt, dass ich keine Werwölfe mag? *g*), ganz im Gegensatz
zu den Schattenkriegern und der lebenden Flammenwand. Das waren schöne
Einfälle.
Der Bezug zur Realität wird dabei nicht nur durch die Verbindung zu
den Morden von Jack the Ripper geschaffen, sondern auch durch die Freundschaft
Beckets zum Schriftsteller Oscar Wilde, dem Becket einen Brief ins Zuchthaus
schreiben will. Tatsächlich wurde Wilde am 25.05.1895 wegen Unzucht'
verurteilt wurde.
Alles in allem ein wirklich toller Roman, eine echte Perle unter den
GEISTER-SCHOCKERN, die ich jedem empfehlen kann.
Besonderheiten:
Lord Becket erwähnt am Ende, dass diese Geschichte als erste seiner
vielen Erlebnissen niedergeschrieben wurde, so dass eine Fortsetzung nicht
auszuschließen ist.
5 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Bild hat zwar mit dem Roman selbst nichts zu tun (die Prostituierten
werden in einer alten Kirche geopfert), vermittelt aber genau die düstere
Stimmung, die auch in der Geschichte deutlich wird.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Motiv vom Titelbild befand sich auch schon auf dem Cover des
Gespenster-Geschichten Comics Nr. 1192 von Bastei: