John Sinclair Nr. 1269: Julie
Die achtjährige Julie Wilson verzerrt ihr Gesicht zu einer Grimasse,
als ich die Tür des kleinen Zimmers aufzog und mich in den Raum hineinschob.
Die Veränderung des Gesichts dauerte nur einen kurzen Augenblick, dann
begann sie zu schreien und zu kreischen. "Hau ab! Hau ab! Verschwinde du
Arschloch! Geh! Weg mit dir!" Ich blieb überrascht stehen, denn mit
einem derartigen Empfang hatte ich nicht gerechnet. Julie Wilson saß
auf dem Bett und sah aus als hätte sie einen Stromstoß erhalten.
Sie zitterte. Durch ihren Körper rann der Strom, und es hätte mich
nicht gewundert, wenn sich ihre blonden Haare in die Höhe gestellt
hätten ...
von Jason Dark, erschienen am 04.11.2002, Titelbild: Dominic Harmann
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
John soll die achtjährige Julie in einem Waisenhaus besuchen, da sie
Bilder von Engeln gemalt hat, wobei der letzte Engel aussieht wie Belial.
Julie scheint direkt unter Belials Bann zu stehen, da sie John gegenüber
aggressiv und feindselig ist. Plötzlich verschwindet Julie. John und
die Heimleiterin Sina Franklin finden sie am nahegelegenen Bach wieder, in
dem plötzlich das Gesicht eines wunderschönen Engels erscheint.
Als John sein Kreuz in das Gesicht hält, verändert es sich und
wird zur Fratze des Belial, danach löst es sich auf.
Zurück im Heim wird Sina von Belial gewarnt, ihm das Kind zu
überlassen, sonst würde er sie töten. John beschließt
Julie zu den Conollys zu bringen. Unterwegs müssen sie an einem Friedhof
vorbei. Doch als sie den Totenacker passieren wollen, zuckt ein Blitz vom
Himmel, der nicht nur die Autoelektrik außer Gefecht setzt, auch das
Handy ist tot. Julie will auf den Friedhof, weil sie meint, das dort Belial
auf sie wartet. John begleitet sie und Julie hört plötzlich die
Stimme eines Mädchens. Zu John sagt sie es wäre eine Tote und dann
hören sie wie die Toten singen. John zeigt Julie sein Kreuz, woraufhin
sie aus dem Bann Belials befreit zu sein scheint. Doch dann taucht der
Lügenengel selber auf und droht Sina das Genick zu brechen, wenn John
ihm Julie nicht überlässt. Julie geht zu Belial hin, der sie mit
sich nimmt. John bleibt mit dem Trost zurück, dass wenigstens Sina Franklin
überlebt hat.
Meinung:
Ein sehr stimmungsvoller Roman, der spannend geschildert wird und ohne Action
und Tote eine spannende Atmosphäre vorweisen kann. Belial ist hier ziemlich
menschenfreundlich, denn immerhin lässt er die Heimleiterin am Leben.
Bei der Schlussszene hätte es dem Roman möglicherweise gut getan,
wenn Belial sie dennoch getötet hätte, um seine Macht und Bosheit
zu unterstreichen und Johns Niederlage perfekt zu machen. Positiv ist allerdings
zu vermerken, dass am Ende nicht mal eben das Kreuz gezückt wird und
der Lügenengel panisch die Flucht ergreift oder Raniel als rettender
Engel auftaucht. Da die Story im nächsten Heft fortgesetzt wird, ist
es auch nicht weiter tragisch, dass man nicht erfährt, warum Julie für
Belial so wichtig ist. Im Gegenteil die Spannung wird erhöht und man
kann gar nicht erwarten wie es weitergeht, jedenfalls geht es mir so.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Rezension
von Ulrich
Surendorf/Chapman:
Kurzbeschreibung:
Durch seine Bekannte, die Staatsanwältin Purdy Prentiss, wird John auf
das Waisenkind Julie hingewiesen, die in einem Kinderheim lebt und Bilder
von einem Engel gemalt hat. Ist dieser auf den ersten Bilder noch schön
anzusehen, verändert sich sein Gesicht von Bild zu Bild, bis er
schließlich eine schreckliche Fratze hat. Und John kennt dieses Gesicht
- es ist Belial, der Engel der Lügen! John merkt, daß Julie unter
dem Bann des Engels steht, denn sie hat Angst vor seinem Kreuz. Belial hat
irgend etwas mit dem Mädchen vor; er erscheint sogar im Heim und warnt
die Heimleiterin, Sina Franklin, daß er sie töten werde, wenn
sie Julie weiterhin in John Obhut läßt. John will das Kind mit
Sina zu den Conollys bringen, doch auf dem Weg dahin, werden sie von Belial
an einem Friedhof aufgehalten. Julie kann hier die Stimmen der Toten hören,
und wieder erscheint der Engel. Er kann Julie in seine Gewalt bringen und
verschwindet mit ihr...
Meinung:
Auch wenn in diesem Roman im Gegensatz zum letzen Zweiteiler nicht so viel
passiert und überhaupt keine Action' ist, ist er doch um Längen
besser. Jason Dark schafft hier wieder einmal eine unheimlich Atmosphäre,
in der eine irre Spannung aufgebaut wird. Diese seltsamen Sommerabende, in
der die ganze Umgebung unwirklich erscheint, kennt jeder wohl aus eigener
Erfahrung. Dazu die Bedrohung Belials im Hintergrund, von dem man nicht genau
weiß, was er eigentlich mit Julie vorhat und wann er wieder erscheint.
Toll ist in dem Zusammenhang, daß die ganze Geschichte bis auf zwei
kleine Szenen nur aus Johns Sicht erzählt wird und sich in einem engen
Zeitraum von ca. 2 - 3 Stunden abspielt.
Unpassend finde ich, daß John hier immer Bike' sagt, wenn er
Fahrrad' oder Rad' sagen könnte. Das paßt irgendwie
nicht.
Aber auch ein wenig Humor ist in der Geschichte, als John zu Sina Franklin
sagt, daß er schon öfter mit Belial zusammengetroffen ist. Sina
meint dazu: "Sie werden mir immer unheimlicher, John." Und der antwortet:
"Das täuscht." ;-)
Alles in allem ein Spitzenroman.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Motiv vom Cover dieses John Sinclair-Romans erschien auch schon auf dem
englischsprachigen Magazin "Interzone" Nr. 164 aus dem Jahr 2001: