John Sinclair Nr. 621: Die Vergessene von Avalon
Sie stand vor den bleichen Gebeinen der beiden Toten und spürte die
Tränen auf ihren Wangen. Sie tröstete sich, daß nur die Leiber
vergingen, die Geister aber blieben. Dann schaute sie ins Leere und hörte
die Botschaft aus dem Jenseits. "Es gibt einen Weg, mein Kind! Bevor du ihn
gehst, mußt du jedoch denjenigen finden, der den Schlüssel zum
Tor besitzt. Such ihn, nur er kann dir helfen. Sein Name ist John Sinclair.
Such ihn mit all deinen Kräften, dann wird es dir gelingen." "Ja, das
werde ich", flüsterte sie und ging davon...
Teil 1 von Jason Dark, erschienen am 28.05.1990, Titelbild: Sanjulian
Rezension von
Olsen:
Kurzbeschreibung:
Mit einer Zeitungsanzeige will die blinde Melusine de Lacre (was für
ein Name!) Kontakt zu John Sinclair aufnehmen. Ihre toten Eltern, die sie
im Keller aufbewahrt, haben ihr erzählt, dass sie durch John auf die
Nebelinsel Avalon kommen könne und dort ihr Augenlicht zurückerlangen
könnte. Kurz bevor John Melusine (ich komme immer noch nicht über
den Namen hinweg) aufsucht, gerät sie in die Fänge des flüchtigen
Bankräubers Brian Fuller. Doch John kann den Gangster
überwältigen. Anschließend gelingt es John mit seinem Kreuz
eine Brücke nach Avalon zu schlagen und einen ersten Blick dorthin zu
werfen.
Meinung:
Der erste Teil dieses Dreiteilers ist eine auf Romanlänge aufgeblähte
Einleitung zu einem recht vielversprechenden neuen Thema. Hätte JD das
Kennenlernen von Melusine (oh mein Gott!) und John auf zwanzig Seiten gepackt,
hätte es sehr stimmungsvoll werden können. Durch die absolut zweckfreie
Füllhandlung mit dem Bankräuber wird das Ganze allerdings zu einer
rechten Gähn-Nummer. Insbesondere die Szene, in der Melusine und Brian
Fuller alleine in Melusine Haus sind, ist sterbenslangweilig. Fuller, ganz
der Gangster, wie sie JD ausschließlich beschreibt, gibt
Äußerungen von sich, die wahnsinnig tough klingen sollen, in
Wirklichkeit allerdings nur dämlich sind. Und ihm gegenüber das
Mädchen mit dem bescheuerten Namen (ich entschuldige mich bei allen,
die wirklich so heißen!), die offensichtlich nicht nur blind, sondern
auch noch blöd ist, weil sie nicht merkt, was für einen Dreckskerl
sie im Haus hat. Ja, noch nicht einmal, als Fuller sie mit dem Messer bedroht,
ändert sie ihren Tonfall von einem
"Wir-sitzen-im-Teehaus-und-betreiben-hirnlosen-Small-Talk"-Ton in einen
"Hui-jetzt-hab-ich-aber-Angst"-Ton. Lieber Jason Dark: Die Charakterisierung
einer Person findet nicht nur durch ihr Aussehen statt, sondern auch dadurch,
dass man jede Person auf die ihr eigene Weise sprechen lässt. Schon
mal was von Idiolekt gehört??? Falls nicht, bitte unbedingt nachschlagen!
Könnte für die künftige Qualität der Hefte nützlich
sein. Aber ich will mal mit diesem Band nicht allzu hart umspringen. Denn
alleine das Thema, das hier (leider nur) angeschnitten wird, ist vielversprechend
und macht Hoffnung, dass der Rest dieser Trilogie nicht ganz so in die Hose
geht. Und wegen des doch vorhandenen "Wie-gehts-wohl-weiter"-Spannungsfaktors
ringe ich mir zwei Kreuze ab.
Besonderheiten:
Als Melusine (muahahaha!!!) Brian Fuller von ihren toten Eltern im Keller
erzählt, reagiert er darauf wie folgt: "Das ist der nackte Irrsinn!
Wie kann man nur zwei Tote im Keller halten? Das ist technisch nicht
möglich." Was will uns der Verfasser dieser Worte mitteilen? Was meint
er mit "halten"? Denkt er, Melusine geht jeden Abend in den Keller, um den
Leichen Nahrung und frisches Wasser zu bringen und ihnen vielleicht das eine
oder andere Kunststückchen beizubringen, wie man es mit Hunden macht,
die man hält??? Und außerdem - warum soll das technisch
unmöglich sein. Einfach die Toten in den Keller schaffen und schon ist
es vollbracht! Rein technisch gesehen zumindest. Rechtlich sieht es allerdings
wohl anders aus. Und noch etwas zu Brian Fullers genialem Gedächtnis:
Als Melusine, das arglose Wesen, dem Bösewicht erlaubt zu duschen und
andere Kleidung anzuziehen, denkt er sich: "Er war froh, daß sie nicht
seine Knastkleidung erkannt hatte." Hallo, Mister Fuller!!! Melusine hat
Ihnen zwei Seiten vorher erklärt, dass sie blind ist!!! Etwa schon wieder
vergessen, Sie Schussel? Wie hätte sie also die Knastkleidung erkennen
sollen?
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Tja, was wird dieses Bild bedeuten? Ist das etwa unser Melusinchen, das in
einem nach Höhle aussehenden Keller vor einem toten Elternteil steht
und sich vorher schnell nackig gemacht hat? Oder hat das Bild evtl. gar nix
mit dem Roman zu tun? Wie auch immer: Gefällt mir nicht besonders! Für
im Ansatz erkennbare Stimmung gibt es 1 Kreuz
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Titelbild des John Sinclair Romans war auch schon auf dem Cover des Romans
"DEN ONDA ANDEN" aus dem Jahr 1978 abgebildet. Hierbei handelte es sich um
die schwedische Ausgabe des Romans "The Djinn" von Graham Masterton:
Und auch auf dem spanischen Comic-Magazin "VAMPUS" Nr. 66 wurde dieses Motiv
schon verwendet:
Die Leiche vom Titelbild wurde auch schon auf dem Cover des Mark Hellmann
Romans Nr. 54 benutzt:
Auf dem spanischen Comic-Magazin "ESCORPION" war der Tote dann erneut zu
sehen:
Der riesenhafte Schatten des Vampirs vom Hintergrund des John Sinclair-Titelbilds
stammt ursprünglich von der CD "BAUHAUS - Bela Lugosis dead". Das Layout
des CD-Covers mit der schlechten Bildqualität und der Schreibschrift
sah übrigens wirklich so aus, wie hier dargestellt: