Falkengrund Nr. 12: Frisches Blut für X
Falkengrund Nr. 12: Frisches Blut für X


Er hatte erwartet, auf dem Altar der Kirche zu enden, unter dem Andreaskreuz, in einer hässlichen Lache aus Blut, die über den Altartisch schwappte und bis in die vorerste Sitzreihe lief, den Frommsten den Frommen vor die Füße. Aber die Prozession, der sich nun alle Bewohner zögernd anschlossen, wandte sich nicht in Richtung Kirche. Sie ließ die Häuser hinter sich und zog den Berg hinauf, in die Dunkelheit hinein. Hinter ihnen meckerten ein paar Ziegen. Sie klangen glücklich, aber natürlich bildete er sich das nur ein. Nach hundert Metern versickerte der steinige Weg in einer Wiese, und die Gruppe bewegte sich querfeldein über den Hang. Die Männer, die ihn hielten, räusperten sich unablässig und zuckten zusammen, wenn er nur seine Muskeln anspannte oder mit den Ketten klirrte. Sie gaben sich alle Mühe, gelassen zu wirken, doch ihre Nerven lagen blank. Es würde eine Opferung mitten in der Natur werden. Wildromantisch. Vielleicht gab es einen Opferstein, einen alten Felsen, der schon in vorgeschichtlicher Zeit aus dem Boden gewachsen war. Tradition war ein wichtiger Faktor bei allen Ritualen. Vielleicht musste er sich auch einfach demütig auf den Boden knien und würde seinen Tod empfangen wie den Segen in der Kirche.